Der 46-jährige Volksschullehrer, Schauspieler und Stepptänzer hatte im Jahr 2002 drei Stellenangebote in drei verschiedenenen Ländern in der Tasche: Vorarlberg, London und Phoenix. Stefan Linder entschied sich für die weite Ferne und kam im August 2002 in der Wüstenstadt Phoenix mit zwei Koffer an.
Hat ihr Aufbruch mit der Mythologie des Phönix zu tun, der neu neugeboren aus der Asche steigt? Der Vogel ist ja auch Namensgeber der Stadt
Der Name hat symbolisch mit meinem Leben zu tun. Es zog mich immer in die Ferne. Ich wollte aufbrechen, die Sicherheit im Ländle aufgeben, die Welt erleben. Es war nicht immer nur einfach. Bevor ich mich für Phoenix entschied, lebte ich in New York und ein Jahr in London. Ob ich in Phoenix für längere Zeit bleiben werde, bin ich mir nicht ganz sicher.
Phoenix ist auf dem Boden der alten Pueblo Indianer-Kultur entstanden; merkt man davon noch etwas? Welche Erinnerungen blieben Ihnen von den ersten Monaten Ihrer Ankunft zurück?
Zum Teil zeigt sich die Kultur der Pueblo Indianer in der Architektur. Es gibt hier einige Reservate. Sie haben das Privileg, Casinos zu betreiben. Der Gewinn geht ins Reservat. An was ich mich in der ersten Zeit erinnere? Es war unglaublich heiß, 40 Grad jeden Tag bis Ende September, daran musste ich mich zuerst gewöhnen. Da ich niemanden kannte, lernte ich viel durch Beobachten von Leuten und Situationen. Ich verbrachte viel Zeit in Kaffeehäusern und in der Bibliothek.
Worin liegt Ihrer Meinung nach der größteKultur- oder Mentalitätsunterschied zu uns Vorarlberger(innen)?
Die Menschen hier sind ziemlich oberflächlich. Oft treffe ich Leute, die sich sofort als Freund bezeichnen. Nach einem guten Gespräch tauscht man die Telefonnummer aus und die Vorfreude auf ein Wiedersehens. Ich rufe nach einer gewissen Zeit an und werde nicht einmal zurück gerufen. Wochen später treffen wir uns zufällig und ich werde als Freund vorgestellt.
Wie kommen Sie mit derSommerhitze von 40 Grad zurecht?
Ich mag das Klima. Wir haben 355 Tage Sonnenschein im Jahr. Das tut dem Gemüt gut. Die Jahreszeiten sind wunderbar. Ich habe hier alles, was ich brauche, Berge, Seen, atemberaubende Naturschönheit, einfach alles. Flagstaff ist nur zwei Stunden entfernt, da kann man im Winter Schi fahren. In drei Stunden bin ich am Grand Canyon und in etwas mehr als einer Stunde in Sedona mit den roten Felsen, ein sehr spiritueller Ort. San Diego oder Los Angeles am Pazifik sind fünf Stunden entfernt.
Sie waren einer der ersten Montessori Lehrer in Vorarlberg und mit Leib und Seele Lehrer. Sind Sie es noch?
Ja, die Arbeit mit Kindern macht mir nach wie vor sehr viel Freude. Dies ist mein 25. Jahr als Lehrer und bereits knapp das achte Jahran der Keystone Montessori School. Das Schulsystem hier ist anders. Die Kinder haben von 8.30 bis 15 Uhr Unterricht. Wir essen mittags gemeinsam in der Klasse. Lehrer sind verpflichtet, mindestens 40 Stunden in der Woche an der Schule zu sein.
Gibt es eigentlich Unterschiede zu Vorarlberg?
Wenn es um die Arbeit mit den Kindern geht, dann ist es nicht viel anders als in Vorarlberg. Kinder sind Kinder – ganz egal, wo sie aufwachsen. Die Entwicklung und Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben sind gleich. In dem Stadtteil, in dem ich unterrichte, kommen die meisten Kinder aus der Mittelschicht. Das merkt man in der Art und Weise wie sie alles Materielle als selbstverständlich annehmen.
Sie stammen aus einer musischen Familie. Ihre Eltern waren Gründer der Wühlmäuse. In Ihrer Freizeit stehen Sie als Sänger, Schauspieler und Stepptänzer auf der Bühne. Was fasziniert Sie am Theater?
Es ist ein wunderbarer Ausgleich. Das Theater war der Hauptgrund, weshalb ich in die USA gezogen bin. Hier kann man voll berufstätig sein und trotzdem in größeren Produktionen mitarbeiten, weil viele Theatergruppen ihre Probezeiten auf Beruftätige abstimmen. Meine Leidenschaft sind Musicals, die hier sehr beliebt sind. Ich habe gerade den Captain Van Trapp in The Sound of Music gespielt.
Wo sehen Sie sich in 20 Jahren?
Dann möchte ichals Lehrer für Schauspiel und Stepptanz tätig und nebenbei an einem Theater beschäftigt sein. Wo? Das steht in den Sternen. Vielleicht in Europa, vielleicht hier in den Staaten. – EVELYN BRANDT
Stefan Linder
Geboren: 1963
Aufgewachsen in: Rankweil
Ausbildung: Montessori Lehrer
Familie: Partnerschaft
Hobbys: Theater, Stepptanz, wandern, lesen, reisen
Lebensmotto: Der Weg ist das Ziel. Ich möchte den Weg in Fülle erleben.
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Heimat Feldkirch, Feldkircher im Ausland
Churer Straße 15
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E-Mail: heimat.feldkirch@vn.vol.at
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