Ein paar Monate lang waren der Schulabbrecher und das Mädchen mit chinesischen Wurzeln ein Paar. Während sie, die ohne ihre Eltern in Wien aufgewachsen war, eine Lehre zur Damenschneiderin absolvierte, ließ er sich durch einen unstrukturierten Alltag treiben, der von Alkohol und Drogen geprägt war. Eigenen Angaben zufolge begann der Bursch mit zwölf täglich literweise zu trinken, um seine familiär tristen Verhältnisse zu ertränken. Er schaffte es, während eines gesamten Schuljahrs ganze drei Wochen in der Klasse zu sitzen, und er nächtigte regelmäßig in Parks oder auf der Straße, ohne dass seine Mutter oder sein Stiefvater eingeschritten wären.
Aufgrund seines Lebenswandels machte ihm Betty X. immer wieder Vorhalte, ehe die Beziehung für beendet erklärt wurde. “Wir haben uns einfach nicht mehr geliebt. Wir haben nur mehr gestritten”, meinte der 17-Jährige zu den Geschworenen. Betty X. fand einen neuen Freund, was ihn nicht besonders getroffen habe, wie der Angeklagte versicherte: “Ich hatte keine großen Eifersuchtsgefühle. Gestört hat’s mich schon ein bisschen. Aber es war nicht so schlimm.”
In ihm sei schließlich der Entschluss gereift, Selbstmord zu begehen. Er habe sich die Pulsadern aufschneiden oder aus dem Fenster stürzen wollen, erzählte der 17-Jährige: “Zuvor wollt’ ich noch einen schönen Tag verbringen.”
Daher holte er Betty X. am 21. März von ihrer Arbeit ab, begleitete sie in ihre kleine Wohnung in Wien-Meidling, wo er sie dann eineinhalb Tage festhielt, indem er die Tür absperrte und sie zeitweise fesselte. Zweimal verließen die beiden das Haus, um einkaufen zu gehen, wobei nicht feststeht, ob das Mädchen bedroht wurde.
Klar ist, dass es in der Wohnung am 22. März um 21.20 Uhr zu einem “Gewaltexzess” kam: Mit vier verschiedenen Messern stach der 17-Jährige auf das Mädchen ein: 32 Stiche gingen in den Bauch, vier in den Oberkörper, elf in den Rücken. Danach deckte der Bursch die Leiche ab, setzte sich in ein Taxi und ließ sich ins Neurologische Krankenhaus am Rosenhügel chauffieren, wo er den Ärzten erklärte, er müsse “für lange Zeit weggesperrt” werden, weil er “etwas Furchtbares” getan habe.
“Warum ist das passiert?”, wollte Richter Norbert Gerstberger wissen. “Ich weiß es wirklich nicht. Ich hab’s immer wieder durchgespielt. Ich komme zu keinen Ergebnis”, erwiderte der Angeklagte. In seinem Kopf habe sich “ein Schalter umgedreht. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was damals war”. Genaue Erinnerungen an die Tat habe er keine: “Ich steh’ da, alles ist voller Blut”.
Wut und Hass auf die eigene Mutter könnten hinter der Bluttat stehen. Das erklärte die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötterin in ihrem Gutachten. In der Familie des Burschen sei “Einiges fehlgeschlagen”. Der Bub sei praktisch ohne Bezugspersonen aufgewachsen, weise “enorme Sozialisationsdefizite” auf und fühle sich von der Mutter völlig im Stich gelassen. Sein leiblicher Vater sei nach der Scheidung “verschwunden”.
Sie riet dringend dazu, den 17-Jährigen im Fall einer Verurteilung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wo er nach Verbüßung seiner Strafe weiter angehalten werden könnte, sollten Ärzte das für nötig halten. Derzeit gehe von dem Burschen eine derartige Gefahr aus, dass Wörgötter neuerliche Straftaten mit schweren Folgen befürchtete, sollte ihm keine umfassende Therapie zuteilwerden.
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