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Anklage gegen Polizisten löste sich in Luft auf

Verkehrspolizist wurde vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Sogar der Staatsanwalt hält den Angeklagten für unschuldig.

Staatsanwalt Daniel Simma hatte sich die Sache wohl etwas anders vorgestellt, oder zumindest seine Kollegen von der Wiener Korruptionsbehörde, von denen er den Fall übernommen hatte. Vor dem Landesgericht Feldkirch vertrat Simma gestern die Anklagegegen einen Beamten der Landesverkehrsabteilung und musste zusehen, wie die massiven Vorwürfe gegen den Polizisten nach und nach im Nichts verpufften. Der 44-jährige Chefinspektor wurde beschuldigt, im vergangenen Jahr bei Abstandskontrollen auf der Autobahn wissentlich falsche Berechnungen angestellt zu haben – zum Nachteil der angezeigten Drängler. Zudem soll er es absichtlich unterlassen haben, einen ehemaligen Mitarbeiter von der drohenden Verjährung einer Strafanzeige zu informieren. Das Verfahren endete mit einem glasklaren Freispruch. Die Wiener Korruptionsbekämpfer, die nach einer polizeiinternen Anzeige in dem Fall tätig wurden, scheinen sich sehr bemüht zu haben, auf Biegen und Brechen einen Amtsmissbrauch zusammenzuzimmern. So sieht es zumindest sinngemäß Verteidiger Martin Mennel. In seinem Schlussvortrag übte er scharfe Kritik am Vorgehen der Ermittlungsbehörden und der Polizei. „Gegen meinen Mandanten ist einseitig ermittelt worden. Man hat versucht, ihn als Schurken und Verbrecher hinzustellen“, so der Anwalt. Der Angeklagte habe sich Feinde gemacht, weil er erwartet habe, dass seine Kollegen für 2500 Euro im Monat auch eine gewisse Leistung erbringen. Er, Mennel, habe den Eindruck, dass es „persönliche Gründe“ für die Anzeige gab.

Fünf Zeugen

Wie aus den teils widersprüchlichen Zeugenaussagen hervorgeht, dürfte es in der Abteilung tatsächlich viele Unstimmigkeiten gegeben haben. Zwei Arbeitskollegen beschrieben den früheren Fachbereichsleiter als „sehr gewissenhaft“ und „arbeitsam“, das Arbeitsklima sei hingegen schlecht gewesen. Schwer belastet wurde der Angeklagte naturgemäß von jenem Mitarbeiter, dessen nicht enderledigte Verwaltungsanzeige nach einem Wechsel in eine andere Abteilung verjährte. Er wiederholte seinen Verdacht, dass sein Vorgesetzter den Strafakt absichtlich verjähren lassen haben könnte. Zudem gab er an, dass der Angeklagte bei Abstandskontrollen immer wieder manipuliert und Drängler teilweise zu Unrecht angezeigt habe.

Ein weiterer Abteilungskollege, der die inkriminierten Abstandmessungen im Auftrag des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) kontrollierte, gab an, dass er die Auswertungen dem Entwickler des Messgeräts vorgelegt habe. Dieser habe gesagt, dass der Angeklagte das System bis „zum Kotzen“ ausgereizt habe. Sehr viel erwarteten sich Insider des Falls von der Zeugenaussage des früheren Verkehrspolizei-Chefs, Brigadier Gerhard Ellensohn. Doch auch nach seiner Einvernahme blieben viele Fragezeichen – vor allem was die verjährte Strafanzeige betrifft.

Mangelnde Kommunikation

So blieb bis zuletzt offen, wer nun in der Abteilung für nicht erledigte Akten zuständig ist. „Normalerweise redet man miteinander. Das war hier offensichtlich nicht der Fall. Mangelnde Kommunikation kann dem Angeklagten aber nicht als Amtsmissbrauch angelastet werden“, forderte sogar der Staatsanwalt einen Freispruch. Zu den Abstandskontrollen meinte Simma, dass diese wohl meist eher „Schätzungen als Messungen“ seien. Das sah auch der Schöffensenat so und sprach den Polizisten frei. „Es liegt kein wissentlicher Befugnismissbrauch vor“, so Richterin Claudia Egger. Das polizeiinterne Disziplinarverfahren bleibt dem Chefinspektor deswegen aber nicht erspart. Ob der mittlerweile zur Autobahnpolizei Dornbirn versetzte Beamte wieder in seinen alten Job zurückkehren kann bzw. will, ist fraglich.

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