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"Man wird eher vom Küssen schwanger, als vom Zölibat pädophil"

Als "verblüffend gering" hat ein bekannter deutscher Psychiater die Missbrauchszahlen in der katholischen Kirche im Vergleich zu anderen Milieus genannt.
Die im Wochenmagazin “Spiegel” genannte Zahl von 94 Verdachtsfällen in den vergangenen 15 Jahren “hieße, dass das aktuelle Risiko des sexuellen Missbrauchs in Einrichtungen der katholischen Kirche noch viel geringer ist, als ich das zuerst vermutet hätte”, sagte der Missbrauchsexperte Hans-Ludwig Kröber gegenüber der deutschen Monatszeitung “Cicero” (Onlineausgabe).

Kröber zeigte sich verwundert über “die momentane Aufregung”, da es “immer schon klar” gewesen sei, dass es solche Fälle gibt – auch unter Priestern. Gleichzeitig lehnte der Experte, der sich selbst als “militanter Lutheraner, allerdings nicht gottgläubig” bezeichnet, die Theorie, dass der Zölibat etwas mit Kindesmissbrauch zu tun habe, entschieden ab: “Man wird, nebenbei bemerkt und rein statistisch gesehen, eher vom Küssen schwanger, als vom Zölibat pädophil.”

Der Experte empfahl Betroffenen, sich auf jeden Fall an die Kriminalpolizei zu wenden, da diese die meiste Erfahrung mit solchen Fällen habe. Diözesen sah er hingegen als “etwas überfordert” an, da es ihnen an Erfahrung mangle. “Deshalb sollten Betroffene zuallererst zur Kripo gehen. Auch, weil damit die Hemmschwelle für Leute steigt, die sich eigentlich nur wichtig machen wollen. Das kommt leider auch oft vor.”

Kröber, der die deutsche Bischofskonferenz 2003 bei der Erstellung neuer Richtlinien im Umgang mit Missbrauch beriet, lobte im Übrigen seine Erfahrungen mit katholischen Bischöfen: “Die Bischöfe im Vatikan, die sich mit diesem Thema beschäftigten, waren die klügste und aufmerksamste Gruppe, vor der ich zum Thema sexueller Missbrauch jemals gesprochen habe.”

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