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Gefiederte Wintergäste

Bregenz -  Der Bodensee bietet mit Algen und Muscheln für Wasservögel einen reich gedeckten Tisch.

Nach der letzten Zählung der Mitarbeiter der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee halten sich gegenwärtig 205.000 Wasservögel am Bodensee auf. Den größten Anteil stellen Entenarten, die im November augenfällige Massierungen bilden, die auch die Spaziergänger im Rheindelta staunen lassen. Die Flachwasserzonen, besonders in der Fußacher Bucht und am Rheinspitz, bieten in der kalten Jahreszeit Futter in rauen Mengen, sowohl für die tauchfähigen Vegetarier als auch die Enten, die sich auf Muscheln spezialisiert haben. Der Anflug der Wintergäste aus Nord- und Osteuropa begann bereits Anfang Oktober. Wenn dort die Temperaturen sinken, ist dies für die Vögel das Zeichen für den Abflug Richtung Süden, wo Futtervorräte das Überleben im Winter ermöglichen. Der Bodensee wird besonders frequentiert. Noch kann das Gesamtergebnis nicht vorliegen, aber im Winter 2009/10 wurden am ganzen See 2,1 Millionen Wasservögel gezählt.

Invasion der Kolbenenten

Auffällig stark ist heuer die Invasion der Kolbenenten. Während diese Art vor 40 Jahren noch zu den seltenen Wintergästen zählte, kommen sie nun zu Zehntausenden. Offensichtlich verschob der Klimawandel die Winterquartiere. „Die starke Zunahme dieser Art hängt damit zusammen, dass flache Seen im westlichen Mittelmeergebiet, die ursprünglichen Winterquartiere der Kolbenenten, durch mehrere Jahre dauernde Dürreperioden ausgetrocknet waren und milde Winter in unseren Breiten das Überwintern erleichtert haben“, erklärt Harald Jacoby von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee (OAB). Den Eindruck, dass es sich angesichts der gebietsweise beobachteten Massierung von Enten heuer um einen Rekordzuzug handle, korrigiert Jacoby. „In den besten Jahren waren im November schon 25 Prozent mehr Wintergäste am Bodensee.“ Eher ungewöhnlich ist aber gegenwärtig die Verteilung der Entenschwärme. Die größten Ansammlungen werden im Rheindelta und am Untersee registriert. Am Vorarlberger Seeufer halten sich gegenwärtig rund 60.000 Wasservögel auf, das sind etwa 30 Prozent der Wintergäste. Die Fußacher Bucht wurde gegen Ende November zum riesigen Ententeich, in dem sich große Bestände von Reiher-, Tafel- und Kolbenenten tummeln, dazu kommen Tausende Bläßhühner. Noch mehr Vögel halten sich am westlichen See auf, etwa 45 Prozent konzentrieren sich am Untersee. Schlechter „gebucht“ ist das Schweizer Ufer. Dort fehlen größere Flachwassergebiete, womit das Nahrungsangebot dürftiger ausfällt.

Muscheln und Algen

Der See ernährt sowohl Vegetarier als auch Muschelfleischliebhaber mit großen Vorräten. Die Hauptnahrung etwa der Reiherenten oder der Tafelenten bilden die Dreikantmuscheln, die sich seit Mitte der 60er Jahre im See zu Millionen vermehrte. Die Enten tauchen bis über 10 Meter tief auf den Grund, um die Muscheln abzulösen. Verschluckt werden die kleinen Muscheln samt der harten Schale, der Magen kann die Gehäuse auflösen und das Fleisch verdauen. Die Wintergäste verhindern eine weitere Explosion der Bestände der Dreikantmuscheln, in Flachwasserzonen werden die Muschelbänke bis zu 95 Prozent abgeweidet. Die Kolbenenten, deren Erpel fallen durch ihre leuchtend organgefarbenen Köpfe und feuerroten Schnäbel auf, halten sich dagegen streng an vegetarische Kost. Sie ernähren sich vor allem von Armleuchteralgen. Diese Pflanzen, die mit der Überdüngung des Sees fast verschwunden waren, breiten sich schon fast zur Plage aus, seit das Wasser wieder sauber ist. Mit dem Wuchern der „Algenrasen“ stieg auch die Zahl der pflanzenfressenden Wintergäste sprunghaft an. Gegenüber den Entenartigen bilden die von den Fischern ungeliebten Kormorane gegenwärtig nur eine Randerscheinung. Immerhin ergab die letzte Zählung im November, dass sich am ganzen See 680 der „Schwarzfischer“ aufhalten. (VN/G. Grabher)

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