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Vorarlbergs Berge in privater Hand

(VN) Bregenz -  Über 4400 Eigentümer teilen sich die 269 höchsten Flecken des Landes.
Kauf zweier Alpen scheiterte am Grundverkehrsgesetz
Osttiroler Berggipfel sollen nicht verkauft werden

Würden Sie einen Berg kaufen wollen? Als Werbeträger ihres Unternehmens vielleicht? Oder um ihn für ein Eventcenter auszuhöhlen, wie das die Schoppernauer Touristiker ja mit dem Diedamskopf vorhatten? So abwegig ist das nicht. Wenngleich Ernst Eichinger, Sprecher der Bundesimmobiliengesellschaft, den heiß diskutierten Verkauf zweier Tiroler Bergspitzen schon durchaus bereut. „Freunde sagten mir, dass inzwischen mein Konterfei an den Tiroler Landesgrenzen von Hand zu Hand geht“, feixt er. Allein der Gedanke, dass der „Große Kinigat“ und der „Roßkopf“ für zusammen 121.000 Euro an ein Oldenburger Computerunternehmen gehen sollten und künftig nach Käuferwille „Ashampoo I und II“ heißen würden, versetzte die Tiroler Volksseele beträchtlich in Wallung.

Kein Besitz in Vorarlberg

„In Vorarlberg haben wir nix“, beeilt sich deshalb Eichinger festzustellen. In Vorarlberg ragen – das hat das Landesvermessungsamt auf Bitten der VN errechnet – 269 Bergspitzen in den Himmel. Vier davon sind höher als 3000 Meter, 134 überschreiten noch immer die stolze 2000er-Marke. Und wem gehört die Bergwelt von Angerer bis Zitterklapfen nun?

Über 4100 private Besitzer

Die Felsspitzen sind fast zur Gänze in privaterHand. Das Landesvermessungsamt hat um jeden der 269 Berggipfel einen Kreis mit zehn Meter Radius gelegt. Schon dieses Ergebnis hat Mag. Marion Heinzle verblüfft: „Die 269 Bergspitzen unseres Datensatzes liegen auf 539 Grundstücken.“ Diese 539 Grundstücke aber haben insgesamt 4455 Eigentümer. Darunter finden sich rund 200 Agrargemeinschaften und alle Städte und Gemeinden. Der Rest von über 4100 Grundbesitzern sind Private. Diese totale Zersplitterung lässt einen drohenden Ausverkauf der heimischen Bergwelt eher abwegig erscheinen. Und Landesrat Erich Schwärzler würfe sich da auch wie der Gottseibeiuns davor: „Bergspitzen dürfen nicht verkauft werden“, sagt er. „Sie sind ein besonderes Symbol vieler Regionen. Sie dienen als Wander- und Erholungsgebiet. Wenn man die privatisiert, darf man sich nicht wundern, wenn sie hinterher vermarktet werden.“ Schwärzler malt den Teufel in Gestalt „irgendeines Großindustriellen“ an die Wand, der „eine Bergspitze kauft, um mittelfristig ein Geschäft daraus zu machen.“ Vielleicht als Teil eines Jagdgebiets? Ja, nickt der Landesrat und weiß um den Reiz der sogenannten „Eigenjagd“.

In Vorarlberg stehen 174 weniger lukrative Genossenschaftsjagden 317 Eigenjagden gegenüber, von denen jede über 115 Hektar Grund misst. Die Genossenschaftsjagd hat einen entscheidenden Nachteil: Sie wirft geringere Pachterträge ab. Neben dem Geschäft fürchtet Schwärzler Nutzungsverbote: Zwar sorgt der Paragraph 33 des Forstgesetzes dafür, dass die freie Natur frei bleibt: „Jedermann darf (. . .) Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.“ Aber Berggipfel sind meist kahl. Über der Waldgrenze argwöhnt Landesrat Schwärzler rechtsfreien Raum. Wohin all das führen kann, demonstrieren die Chinesen. Der „Muztagata“ ist mit einer Höhe von 7509 m der dritthöchste Gipfel des Pamir-Gebirges in der Volksrepublik China. Er zählt zu den beliebtesten Expeditionsbergen der Welt, auch Vorarlberger wie Wolfgang Bartl aus Nüziders waren schon oben. Das hohe Interesse hat die Chinesen bewogen, den Berg einfach zu verpachten. Seither verdient ein Monopolist an den Bergsteigern aus aller Welt. „Solche Exklusivnutzungen sind nicht akzeptabel“, betont der Vorstand des Alpenvereins in Vorarlberg, Dr. Andreas Schmidt. Dem Alpenverein selber gehört ein Teil vom „Hohen Fraßen“. „Wann immer die Begehbarkeit der Natur eingeschränkt wird, wehren wir uns.“ Fazit: Das freie Betretungsrecht geht den 20.000 Vorarlberger Alpenvereinsmitgliedern über alles. Selbst dort, wo es nur vermeintlich um Vorarlberger Boden geht.

Ein eingekaufter Tiroler

Am Piz Buin etwa. Vorarlbergs höchster Berg ragt 3312 m in die Höhe. Stolz und erhaben. Und er gehört den Tiroler Nachbarn. „1900 hat Galtür von der Schweizer Gemeinde Ardez 5000 Hektar Grund gekauft“, sagt Bürgermeister Anton Mattle. 60.000 Schweizer Franken betrug der Preis. Da war auch der Piz Buin dabei. „Die letzte Rate haben wir am 22. November 1910 beglichen.“

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