80 Jahre Pressefreiheit keine Selbstverständlichkeit

"Zeitungen und Zeitschriften unterliegen nicht der Zensur", hielt der Alliierten Rat in der Proklamation fest. Jedoch wurden lizenzierte Blätter in der Folge für fast ein Jahrzehnt einer Nachzensur unterworfen. Der Alliierte Rat seinen Entschluss, "der demokratischen Presse hiermit die größtmögliche Freiheit" zu geben, nämlich an gewisse Bedingungen geknüpft. Hauptforderung an die Presse: "Sie soll demokratische Grundsätze aufrechterhalten sowie den entschlossenen Kampf gegen die nationalsozialistischen, großdeutschen und militärischen Ideologien und Lehren in allen ihren Formen und Gesichtspunkten im politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Leben führen."
Verwarnungen und Erscheinungsverbote
Revisionistische Aussagen im Sinne des "Dritten Reiches", Antisemitismus und Deutschtümelei veranlassten den Alliierten Rat zwischen 1946 und 1953 zu 16 Verwarnungen gegen Zeitungen und Zeitschriften. 14-mal wurden Blätter mit ein- bis dreimonatigem Erscheinungsverbot belegt, drei Publikationen wurden auf Dauer verboten. Auch sollten Medien kein "böswilliges Material" veröffentlichen, das gegen die Besatzungsmächte gerichtet war oder den Zweck verfolgte, den Zwiespalt zwischen den Alliierten zu säen oder Misstrauen und Feindschaft der österreichischen Bevölkerung gegen die Besatzungsmächte zu erzeugen. Die österreichischen Journalisten wehrten sich bald gegen diese Bedingungen. So lange der Kalte Krieg noch nicht ausgebrochen war, gab es für einzelne Blätter wegen besatzungskritischer Schreibweise Verwarnungen.
Die Nachzensurmaßnahmen der Alliierten in dieser Zeit sind vor dem geistigen Hintergrund des weitverbreiteten nationalsozialistischen Gedankenguts zu sehen. Dazu kam, dass der Großteil der damaligen Journalisten schon unter den Nationalsozialisten schreiberisch tätig war. Heimgekehrte Emigranten stellten in den Redaktionen der Tagespresse eine Minderheit im Umfang von bloß 5,5 Prozent dar. Das NS-Regime dezimierte das demokratische Potenzial im Journalistenberuf nachhaltig durch Vertreibung ins Exil oder durch Ermordung in Gestapo-Haft und Konzentrationslagern.
Pressefreiheit nicht selbstverständlich
Gerade die jüngere Vergangenheit habe deutlich gemacht, dass Pressefreiheit nicht selbstverständlich sei, so RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell. Österreich arbeitete sich im Pressefreiheitsranking zwar zuletzt vom historisch schlechtesten Platz 32 auf 22 vor, doch der fortschreitende Abbau journalistischer Stellen erfüllt die NGO erneut mit Sorge. Viele Medienhäuser sehen sich mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert, was u.a. auf zu internationalen Digitalgiganten abwandernde Werbeerlöse, sinkende Printerlöse und eine sich nur zaghaft entwickelnde Zahlungsbereitschaft für Online-Journalismus zurückzuführen ist.
Der 1. Oktober ist für RSF daher "Verpflichtung und Mahnung zugleich". Mit einer Kampagne, im Zuge derer auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein Videostatement abgab - wolle man die Bedeutung der Pressefreiheit aufzeigen - nicht zuletzt auch in Anbetracht ihrer Gefährdung in Nachbarländern wie der Slowakei und Ungarn oder auch in den USA unter Präsident Donald Trump. Überhaupt blicke man mit Sorge nach Übersee, waren doch die USA "wesentlich für die Entwicklung des freien, mutigen, selbstbestimmten österreichischen Journalismus seit 1945", hielt Hausjell fest. Ab Ende der 40er-Jahre holten die USA junge Journalisten ins Land, um ihnen selbstbewussten Journalismus zu lehren. Der 2021 verstorbene österreichische Vorzeige-Journalist Hugo Portisch war einer davon.
(S E R V I C E - Videostatement von Van der Bellen unter abrufbar)
(APA)
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