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50 Jahre "Wunder von Bern“

"Aus! Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister.“ Die Stimme von Radioreporter Herbert Zimmermann überschlug sich, als am 4. Juli 1954 das Fußball-WM-Finale endete.

Die deutsche Nationalmannschaft hatte mit 3:2 gegen die als unschlagbar geltenden Ungarn gewonnen, ein Mythos war geboren.

Kein anderer sportlicher Erfolg in der 55-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hatte größere gesellschaftspolitische und psychologische Wirkung als der zum „Wunder von Bern“ verklärte Sieg des Teams von Bundestrainer Sepp Herberger. Die Mannschaft um Kapitän Fritz Walter hatte den Deutschen ein Stück Selbstwertgefühl und nationale Identität gegeben. Man war wieder wer. Die Deutschen waren vereint in ihrer Freude, und jeder von ihnen war ein Weltmeister.

Neun Jahre waren seit dem Kriegsende vergangen, das viele Deutsche noch immer als Niederlage und nicht als Befreiung verstanden. Deutschland war durch die in seinem Namen begangenen Verbrechen moralisch diskreditiert.

Am 4. Juli 1954 war der Fußball längst zur nationalen Sache geworden, auch wenn die Deutschen im Finale klarer Außenseiter waren. Fast vier Jahre lang waren die Ungarn von Erfolg zu Erfolg geeilt, während gegen die Deutschen lange Zeit niemand spielen wollte. Erst 1950 gab es das erste Länderspiel nach dem Krieg gegen die Schweiz.

Dem ungarischen Jahrhundert-Team um Puskas, Bozsik, Kocsis und Hidegkuti war es am 25. November 1953 sogar gelungen, als erste Mannschaft vom Kontinent die Engländer im Wembley mit 6:3 zu schlagen. Zwischen 1951 und 1955 gewannen die Magyaren 40 ihrer 47 Länderspiele und erreichten sechs Unentschieden. Doch das wichtigste aller Spiele verloren sie.

Dabei erwischte der haushohe Favorit einen Auftakt nach Maß. Schon nach acht Minuten lagen die Deutschen durch Treffer von Puskas und Czibor 0:2 in Rückstand. Doch angefeuert von ihren 30.000 Anhängern unter den insgesamt 65.000 Zuschauern raffte sich der Underdog auf, Morlock (10.) und Rahn (18.) glichen schon bald aus. Danach berannten die Ungarn das Tor der Deutschen, scheiterten aber immer wieder an Goalie Turek. In der 84. Minute schließlich gelang Helmut Rahn der Siegestreffer, die Sensation war perfekt.

Deutschland hatte wieder Helden. Und ihnen durfte ohne moralische Bedenken zugejubelt werden. Denn die Heroen waren unverdächtig, kein Schatten aus der zwölfjährigen Nazi-Vergangenheit fiel auf sie.

Nur wenige Spieler aus dem Siegerteam schlugen Kapital aus ihrem Ruhm wie zum Beispiel Fritz Walter. Eckel wurde Lehrer, Posipal und Schäfer erfolgreiche Geschäftsleute. Einige erlebten auch die Schattenseiten: Rahn verlor durch falsche Freunde viel Geld, Kohlmeyer, verarmt und alkoholkrank, arbeitete vor seinem Tod als Portier. Bis auf drei sind alle Helden gestorben. Der Mythos hat sie überlebt.

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