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300 Meter zwischen Tod und Leben

©VN/Bernd Hofmeister
Lech - erhard Walter erlebte das verheerende Lawinenunglück von Galtür hautnah mit.

Er würde lieber von etwas anderem reden. Zum Beispiel von den landschaftlichen Schönheiten, die der Arlberg bietet. Doch Gerhard Walter weiß, dass Jahrtage von Katastrophen auch immer Anlass zu medialem Gedenken geben. Am Montag jährt sich zum zehnten Mal das Lawinenunglück von Galtür. Walter hat es als Tourismusdirektor hautnah miterlebt. Nur 300 Meter lagen zwischen seinem Büro und jenem Platz, der für 31 Menschen zum kalten Grab wurde. Vergessen ist das Ereignis nicht. Aber der Wiederaufbau, den sich Gerhard Walter zur Aufgabe machte, erwies sich als nützliche Therapie.

Es konnte nicht sein

Seit 2004 ist der gebürtige Tiroler als Tourismusdirektor für die Region Lech-Zürs zuständig. Er nahm das Angebot an, weil „man ein solches nicht alle Tage bekommt”. Vom Schreibtisch aus blickt Gerhard Walter auf den Rüfikopf. Zahlreiche Lawinenrechen sichern den steilen Hang. Am 23. Februar 1999 um 16.12 Uhr gab es nichts, das die Wasserleiterlawine in Galtür aufhalten konnte. Mit unvorstellbarer Wucht donnerten die Schneemassen zu Tal. Direkt auf den Ort zu, in dem sich rund 4000 Gäste befanden. Walter hielt sich zu diesem Zeitpunkt im Büro auf. Es befindet sich neben der Kirche, die schon 600 Jahre dort steht. Die Gefühle, die sich in dem Moment breitmachten, lassen sich schwer beschreiben. „Ich wusste, es ist eine Lawine, aber ich konnte es nicht glauben. Es konnte nicht sein, denn es war hier noch nie so etwas passiert”, schildert Gerhard Walter die ersten Eindrücke. Dann machte er sich auf den Weg zum Dorfplatz, wo er auf Manfred Lorenzin von der Lawinenkommission traf. „Wir versuchten herauszufinden, was Sache ist”, erzählt Walter.

Schaufeln und hoffen

Nach ein paar Minuten hatten die Männer das Zentrum der Katastrophe ausgemacht. Sofort liefen Rettungsmaßnahmen an. „Wir sind nicht blind in das Unglück gelaufen”, betont Walter. Aufgrund der Schneefälle wurden bereits Tage vorher entsprechende Krisenpläne auf Schiene gebracht. Während der ersten Stunden gab es jedoch nur eines: schaufeln und sondieren und hoffen, Überlebende zu finden. Im Wettlauf gegen die Zeit blieb keine Zeit zum Nachdenken. Trotzdem gab es einen Punkt, der Gerhard Walter heute noch anrührt. Am Tag, als das letzte Todesopfer, ein Mädchen, geborgen wurde, überschwemmten Medienvertreter den bis dahin gespenstisch stillen Ort. „Es war ein traumhafter Wintertag”, erinnert sich Walter.

Dann das Hochwasser

Damals gab er auch das Versprechen, erst zu gehen, wenn der Tourismus in Galtür wieder aufgebaut ist. Drei Jahre brauchte es dazu. Dann kam das Angebot aus Lech und Gerhard Walter buchstäblich vom Regen in die Traufe. Denn nur ein Jahr später, am 23. August 2005, brach ein alles zerstörendes Hochwasser über den Nobelort herein. So makaber es klingen mag, aber jetzt profitierte er von den Erfahrungen aus Galtür, vor allem, was die Kommunikation in der Krise anlangte.

 

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