AA

28. – 31. Juli: Von Geheimtipps und rutschigen Wegen

Bereits seit 44 Tagen ist Pilger Peter Mayr auf dem Weg nach Rom. In der schönen Toskana genießt er einige Geheimtipps und muss sich mit den Folgen des nassen Wetters arrangieren.

28. Juli 2014 TAG 41

 Strecke: San Miniato Alto – Coiano – Gambassi Terme

 Streckenlänge: 26,5 Kilometer                        Gehzeit: 5h57min

Aufstieg: 640 m                        Abstieg: 461 m

Gestern Abend konnten wir einen herrlichen Sonnenuntergang in der Toskana erleben. Da San Miniato auf einem Hügel liegt, sieht man die untergehende Sonne relativ lange. Sie färbte die Landschaft in einen wunderbaren Rotton.
Heute Morgen marschierte ich leider wieder alleine los. Antonia musste passen. Es macht für sie zur Zeit keinen Sinn zu gehen. Ich denke in zwei, spätestens drei Tagen ist sie wieder dabei. Irgendwie muss ich heute in der Früh noch geschlafen haben. Ich fand nicht den richtigen Weg hinaus aus diesem riesigen Dorf. Es dauerte eine halbe Stunde, bis ich endlich auf dem richtigen Weg war. Der heutige Morgen war wunderschön. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit war in den Tälern der Nebel. In der Höhe war aber blauer Himmel. Kurze Zeit später konnte ich einen schönen Sonnenaufgang erleben. Die Via Francigena ging die ersten Kilometer auf einer Straße dahin, die zum Glück nur wenig befahren war. Dann zweigte mein Weg ab, und es ging durch die wunderschöne toskanische Landschaft dahin. Mein Untergrund war entweder ein Schotterweg oder ein Wald- und Wiesenpfad. Auch heute hatte ich immer wieder freie Sicht auf die wunderschöne Landschaft. Es ging durch kleine Wälder, entlang von Feldern und Weinbergen und zumeist auf einem kleinen Höhenweg dahin. Nach zwölf Kilometern erreichte ich meinen ersten Etappenort Coiana. Leider gab es hier gar nichts. So setzte ich mich in der Nähe der Kirche gemütlich hin und machte eine halbe Stunde Pause. Danach ging es weiter in Richtung Gambassi Terme. Nicht auf Asphalt, sondern weiterhin auf wunderschönen Wegen. Das einzige das mir zusetzte war die zunehmende Hitze. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mittlerweile doch ein bisschen den langen Weg in den Beinen spüre. Aber, wenn alles gut geht komme, ich heute in 14 Tagen in Rom an. Das ist eigentlich gar nicht mehr lang, das motiviert mich!
3,5 Kilometer vor Gambassi Terme kam die erste Bar. Natürlich machte ich hier nochmals eine Pause. Ein kaltes Mineralwasser gibt doch Kraft für die letzten Kilometer. Gegen 12:30 Uhr erreichte ich mein heutiges Etappenziel, wo Antonia bereits auf mich wartete. Morgen habe ich eine Kurzetappe vor mir. Es geht 15 Kilometer nach San Gimignano. Ich freue mich auf diese Stadt.

amWeg
amWeg

Am Weg.

richtigaufgestellt
richtigaufgestellt

Richtig aufgestellt.

derBlickzurueck
derBlickzurueck

Der Blick zurück.

 

29. Juli 2014                        TAG 41

 Strecke: Gambassi Terme – Pancole – San Gimignano

 Streckenlänge: 15,1 Kilometer                       Gehzeit: 3h24min

Aufstieg: 359 m                        Abstieg: 425 m

Als ich heute in der Früh um 05:00 Uhr meinen Rucksack packte, hörte ich ein für mich nicht ganz schönes Geräusch. Es begann zu regnen. So ein Mist, dachte ich mir. Geduldig packte ich meinen Rucksack fertig, und begab mich in den unteren Stock zum Frühstück. Als ich um 05:45 Uhr die Herberge verließ, waren die Straßen nass, aber immerhin regnete es nicht mehr. Der Weg war auch heute wieder wunderschön. Es ging wiederum durch wunderbare Wein- und Olivenkulturen. An einem Bauernhof waren an der Wand einige Wegweiser angebracht: Bremen – Jerusalem – Santiago de Compostela – Rom! Nur noch 279 Kilometer. Es ist nicht mehr weit. In Pancole besichtigte ich die Wallfahrtskirche Santuario Madre della divina Providenza. Sie wurde im Jahre 1670 erbaut. Ich kam mit dem dortigen Pfarrer ins Gespräch. Er sprach perfekt deutsch, da sein Großvater aus Kärnten kam. Er fragte mich, ob es mir gut gehe oder ob ich etwas benötige, und bevor ich wieder los marschierte, gab er mir noch den Pilgersegen. Draußen vor der Kirche traf ich noch zufällig ein paar Landsleute aus Oberösterreich, die ihren Sommerurlaub hier verbringen. Sie erkundigten sich sehr ausführlich über den Weg hierher.
Danach ging es weiter in Richtung San Gimignano, wo ich bereits um 09:00 Uhr eintraf. Gegen 10:00 Uhr kam auch Antonia. Anschließend gingen wir rein in die Altstadt. San Gimignano ist wirklich wunderschön. Der Ort geht zurück auf eine kleine etruskische Ansiedelung aus dem 3. – 2. Jahrhundert vor Christus. Während dem Mittelalter erlebte der Ort eine große Entwicklung im Bereich der Kunst und die Werke schmückten die Kirchen und Paläste. Mitverantwortlich für diese Entwicklung war auch die Via Francigena, die immer schon durch diesen Ort führte. Reiche Händler siedelten sich hier an. Da der Ort aber flächenmäßig begrenzt war, gab es Auflagen in der Länge und in der Breite. So baute man einfach in die Höhe. Es entstand ein regelrechter Wettbewerb. Wer den höchsten Turm besaß, galt als der Reichste der Stadt. Im Mittelalter gab es 72 Türme, heute sind noch 14 übrig. Natürlich schaute ich mir den Ort auch von oben an. Ich bestieg den 54 Meter hohen Turm Torre Grossa, auf 218 Stufen ging es nach oben. Von oben hatte ich einen wunderbaren Ausblick. Schade, dass heute das Wetter nicht ganz mitspielte.
Später schlenderten Antonia und ich in Richtung einer Pizzeria. Ganz unvermutet stießen wir auf Kim, jener Pilger, den wir zuletzt in Bard trafen. Die Wiedersehensfreude war groß. Morgen wird Antonia wieder versuchen mit mir mitzugehen. Hoffentlich spielt ihr Fuß mit.

3Tuerme
3Tuerme

3 Türme.

einWinzling
einWinzling

Ein Winzling.

genaueAngaben
genaueAngaben

Genaue Angaben.

 

30. Juli 2014                                                 TAG 43

 Strecke: San Gimignano – Quartaia – Strove – Badia Isola – Monteriggioni

 Streckenlänge: 31,9 Kilometer                        Gehzeit: 8h40min

Aufstieg: 668 m                        Abstieg: 679 m

In der Nacht auf Mittwoch hatte es heftig geregnet. So starteten Antonia und ich heute um 05:40 Uhr in unserer Regenausrüstung die Etappe. Zuerst ging es nochmals rein in den historischen Kern von San Gimignano. Der Ort war um diese Zeit natürlich menschenleer, so machte ich noch ein paar nette Aufnahmen. Der Weg führte uns auf einer Asphaltstraße hinaus zu einem Campingplatz. Wir hatten nochmals einen wunderschönen Blick auf die Stadt. Danach bog unser Weg ab von der Straße und es ging auf einem Schotterweg weiter. Die Wolkendecke brach immer mehr auf, zum Teil war der blaue Himmel sichtbar. Der Weg führte uns an einem Weinberg vorbei und durch den heftigen Regen bestand große Rutschgefahr. Es bildeten sich große Dreckklumpen an unseren Schuhen. Trotz allem war der Weg wunderschön. Leider fing es kurz darauf an heftig zu regnen. Das machte den Weg nicht einfacher. Unsere Stimmung war aber trotzdem super. Das lag sicher auch an Antonia, die große Freude daran hatte, heute wieder mal gehen zu können. In Quartaia machten wir unsere erste längere Pause. Wir wärmten uns mit einer Tasse Kaffee und einer Tasse Tee. Danach zogen wir wieder weiter. Wir gingen anfangs ein bisschen schneller, da unsere Körper doch ein bisschen ausgekühlt waren. Wieder mussten wir einen Weinberg passieren. Und wieder standen wir im Dreck. Leider hatte ich dieses Mal nicht das Glück auf meiner Seite. Einmal kurz nicht aufgepasst, und schon saß ich auf meinem Allerwertesten. Antonia half mir auf, natürlich konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen. Sie merkte ja, dass mir nichts passiert war. Mein Trinkwasser musste ich für eine grobe Reinigung meiner Schuhe verwenden. In Strove angekommen, machten wir unsere zweite Pause. Da es mittlerweile aufgehört hatte zu regnen, konnten wir auch im Freien sitzen. Wir kauften uns ein wenig Brot, Salami, Käse und Oliven, und fertig war die perfekte Jause. Danach ging es für uns weiter nach Badia Isola, wo wir uns in der Herberge unseren Pilgerstempel holten. Die letzten 4 Kilometer waren noch wunderschön. Auf dem Hügel konnten wir schon unser Etappenziel Monteriggioni sehen. Monteriggioni verfügt noch über eine intakte Stadtmauer und von den ursprünglich 14 Wehrtürmen stehen noch 11 Türme. Der Ort wurde 1213 als Wehranlage für Siena errichtet. Gegen 15:00 Uhr passierten wir das Stadttor. Wir bezogen unser Quartier in der örtlichen Herberge, danach stärkten wir uns in einem der netten Restaurants im Ort. Morgen haben wir wieder eine Kurzetappe vor uns. Der Weg führt uns über 20 Kilometer nach Siena.

aufderStadtmauer
aufderStadtmauer

Auf der Stadtmauer.

derRegenhinterlaesstSpuren
derRegenhinterlaesstSpuren

Der Regen hinterlässt Spuren.

esgruentsogruen
esgruentsogruen

Es grünt so grün.

 

31. Juli 2014                                                 TAG 44

 Strecke: Monteriggioni – Siena

 Streckenlänge: 21 Kilometer                        Gehzeit: 5h00min

Aufstieg: 444 m                        Abstieg: 389 m

Der Ort Monteriggioni war richtig nett. Ich genoss gestern Abend in einer der zahlreichen kleinen Bars noch ein Gläschen Chianti. In diesem Ort fühlt man sich zeitlich wie zurückversetzt. Monteriggioni ist laut Aussage des Tourismusbüros noch so etwas wie ein kleiner Geheimtipp. Nur wenige Touristen finden hierher.
Heute starteten Antonia und ich um 05:38 Uhr bei stärkerer Bewölkung unsere Etappe. Es herrschte durch die 2 aufeinanderfolgenden Tage schlechtes Wetter eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit. Wir kamen sofort fest ins Schwitzen. Der Weg war auch heute wieder wunderschön, obwohl wir wieder an Feldern entlang marschieren mussten, was abermals viel Dreck an den Fußsohlen bedeutete. Wir marschierten durch Eichenwälder, entlang von Sonnenblumenfelder. Heute bekamen wir etliche Rehe zu Gesicht. Wir kamen an zwei wunderschönen Burgen vorbei. Das Castelllo di Villa lag wunderschön in einer Nebelschwade. Trotzdem merkte man uns glaube ich an, dass unser Ziel heute Siena hieß. Die Stadt zog uns richtig an. Trotz allem machten wir eine halbe Stunde vor unserem Ziel noch eine kurze Rast. Danach marschierten wir in das historische Zentrum von Siena. Unser erstes Ziel war der Dom. Als Pilger hat man den großen Vorteil, dass man an der Touristenschlange vorbeilaufen kann. Natürlich hört man auch deutsche Sätze wie: „Hinten anstellen!“ Aber Antonia und ich kannten unser Pilgerprivileg. So marschierten wir an der Warteschlange vorbei, direkt vor das Ticketbüro. Wir wurden freundlich begrüßt, unser Pilgerpass wurde abgestempelt, und man gewährte uns freien Eintritt. Der gotische Dom ist ein echtes Highlight unter den Bauwerken der Stadt. Seine Fassade besteht aus weißem und schwarzem Marmor. Erbaut wurde der Dom im 13. und 14. Jahrhundert. Danach ging es für uns weiter zur Piazza il Campo, auf dem jedes Jahr im August die berühmten Pferderennen stattfinden. Die Geschichte von Siena geht bis zu den Etruskern zurück. Auch im Dom sieht man am Fußboden ein Relief, das die Bedeutung von Siena zeigt. Siena war früher der Mittelpunkt Italiens, selbst Florenz und Rom spielen auf diesem Relief nur eine Nebenrolle.
Nach diesem ersten Eindruck bezogen Antonia und ich unsere Herberge. Heute am Nachmittag steht eine weitere Stadtbesichtigung und Relaxen am Programm. Morgen soll das Wetter wieder fabelhaft sein und dann möchte ich mich um weitere 25 Kilometer meinem Ziel Rom nähern.

dergotischeDom
dergotischeDom

Der gotische Dom.

einalterObelisk
einalterObelisk

Ein alter Obelisk.

happyhierzusein
happyhierzusein

Happy, hier zu sein!

immerinRichtungSiena
immerinRichtungSiena

Immer in Richtung Siena.

PiazzailCampo
PiazzailCampo

Piazza il Campo.

 

 

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Pilgerreise
  • 28. – 31. Juli: Von Geheimtipps und rutschigen Wegen