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2023 ein Jahr der Stagnation? Experte hat düstere Prognose

Düstere Aussichten für Österreich
Düstere Aussichten für Österreich ©APA/Canva
Österreichs Wirtschaft wird seit Jahresmitte durch die stark gestiegenen Energiepreise gebremst, die Wirtschaftsleistung dürfte in diesem Winter sinken.

Für das Gesamtjahr 2022 rechnen die heimischen Wirtschaftsforscher noch mit einem kräftigen BIP-Wachstum von 4,7 Prozent (Wifo) bzw. 4,8 Prozent (IHS), 2023 dürfte aber ein Jahr der Stagnation werden. Ab 2024 erwarten Wifo und IHS aber wieder ein Anziehen der Konjunktur und Nachlassen des Preisdrucks.

"Wer hätte das gedacht vor einem Dreivierteljahr, als wir alle diese Schocks gesehen haben und den beginnenden Krieg, dass wir jetzt eigentlich relativ gut dastehen", sagte IHS-Chef Klaus Neusser am Donnerstag bei der Präsentation der Winterprognose von Wifo und IHS. "Die Inflation ist zwar exorbitant hoch, aber die anderen Indikatoren für 2022 sind eigentlich recht positiv."

Glück und bessere Wirtschaftspolitik

Dass die Wirtschaftslage trotz Corona-Pandemie und des Krieges in Europa heute deutlich besser ist als nach der Finanzkrise ab dem Jahr 2008, führt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr "wie so häufig auf eine Mischung aus Glück einerseits und tatsächlich eine bessere Wirtschaftspolitik" zurück. Man habe auf die Finanzkrise 2008 relativ langsam mit konjunktur-stabilisierenden Maßnahmen reagiert, was diesmal anders gewesen sei. Darüber hinaus stehe das Bankensystem heute wesentlich stabiler da und viele Unternehmen hätten höhere Eigenkapitalquoten als 2008. Vor allem dürfe man aber nicht vergessen, dass das Bild auf dem Arbeitsmarkt heute ein ganz anderes sei. "Es herrscht nicht mehr die Angst vor Massenarbeitslosigkeit, sondern es ist eher umgekehrt, die Frage ist: Wie kann man Arbeitsplätze füllen?"

Keine Kündigungswellen

Es gebe deshalb keine großen Kündigungswellen. "Und das macht einen Riesenunterschied, das hat psychologisch große Effekte, das stabilisiert die Einkommen und das ist wahrscheinlich einer der zentralen Unterschiede zu vorhergegangenen Krisen, auch zu der letzten großen Energiepreiskrise in den 70er Jahren, wo viele wussten, dass das am Arbeitsmarkt massive Auswirkungen haben wird." Heute sehe es auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der demographischen Entwicklung deutlich besser aus.

Im kommenden Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung in Österreich nach Einschätzung des Wifo nur um 0,3 Prozent zunehmen, das IHS rechnet mit einem BIP-Zuwachs um 0,4 Prozent.

Mit Entspannung gerechnet

Auch wenn die Ökonomen keine Anzeichen für ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges sehen, der die europäischen Volkswirtschaften belastet, rechnen sie mit einer allmählichen Entspannung auf den Energiemärkten, die die Inflation dämpfen und dazu beitragen dürfte, dass sich die Stimmung nach und nach verbessert und die Konjunktur wieder anzieht. 2024 sollte sich demnach das Wachstum auf 1,8 Prozent (Wifo) bzw. 1,2 Prozent (IHS) beschleunigen. "Die österreichische Volkswirtschaft kommt also mit einem blauen Auge durch die Energiepreiskrise", sagte Felbermayr.

Inflation: Höhepunkt überschritten?

Sowohl Wifo als auch IHS gehen davon aus, dass die Inflation ihren Höhepunkt überschritten hat. Für das Gesamtjahr 2022 wird die Teuerung mit 8,5 Prozent beziffert. Sie verlangsamt sich 2023 auf 6,5 Prozent (Wifo) bzw. 6,7 Prozent (IHS) und 2024 auf 3,2 bzw. 3,5 Prozent. Damit sei die Teuerung aber immer noch deutlich stärker als die Zielmarke, die sich die europäische Geldpolitik gesetzt habe, so der Wifo-Chef. Was sich nun ändere, sei die Struktur der Inflation. "Der direkte Effekt der Energiepreise nimmt ab, beim Treibstoff entstehen im nächsten Jahr sogar negative Inflationsbeiträge, auch von den Rohstoffpreisen kommen keine Impulse mehr. Aber die Überwälzung der hohen Kosten auf die Verbraucherpreise dauert noch an, daher bleibt der Preisdruck in vielen Produktgruppen hoch und ebbt nur langsam ab."

Lage auf dem Arbeitsmarkt

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird recht stabil gesehen. Heuer sinkt die Arbeitslosenquote auf 6,3 Prozent, steigt 2023 auf 6,5 (IHS: 6,6) Prozent und kommt 2024 auf 6,2 (IHS: 6,5) Prozent zurück. Das seien nicht nur deutlich bessere Werte als vor Corona, "wir haben die besten Werte seit der Finanzkrise, also seit über zehn Jahren", sagte IHS-Prognoseleiter Helmut Hofer. "Und wir gehen auch davon aus, dass der Arbeitsmarkt von der Konjunkturdelle relativ wenig betroffen wird."

"Der private Konsum bleibt eine starke Stütze der Konjunktur", sagte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zu den Prognosen von Wifo und IHS. "Das ist auch auf die umfangreichen Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen." Zudem unterstütze der Energiekostenzuschuss 1 Unternehmen bei der Abfederung des Energiekostenanstiegs für den Zeitraum Februar bis September 2022.

Energieschutzschirm

Derzeit gebe es intensive Gespräche in der Bundesregierung über eine Verlängerung und Ausweitung des Energieschutzschirmes. "Dabei kommt eine Umsetzung entlang des deutschen Modells oder eine Verlängerung und Ausweitung des Energiekostenzuschusses in Betracht", so Kocher. Bis Weihnachten sollen die Eckpunkte vorliegen.

Trotz der Corona-Pandemie und des Krieges in Europa und der damit verbundenen Unterstützungsausgaben hält sich das Defizit der öffentlichen Haushalte in Grenzen und beträgt heuer 3,3 Prozent des BIP. In den nächsten Jahren soll es nach den Berechnungen der Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS deutlich unter die Maastricht-Grenze von 3 Prozent sinken, nämlich 2023 auf 2 Prozent (IHS: 2,7 Prozent) und 2024 auf 1,6 (IHS: 2,1) Prozent.

Anders als die Wirtschaftsforscher selbst interpretiert FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer die Prognosen von IHS und Wifo: Die Regierung betreibe nur ein Chaos-Krisenmanagement, "das späte Handeln von ÖVP und Grünen bringt 2023 düstere Aussichten für Österreich", so Angerer in einer Aussendung.

(APA)

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