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"2018 könnten wir Nummer eins sein"

Siegi Stemer ist seit 15 Jahren Sportlandesrat.
Siegi Stemer ist seit 15 Jahren Sportlandesrat. ©VOL.at: Roland Paulitsch
Landesrat Mag. Siegi Stemer spricht im VN-Interview über ehrgeizige Ziele und Problemzonen im Vorarlberger Sport.

Wie zufrieden waren Sie mit dem Vorarlberger Sport 2011, was waren die Topleistungen?

Stemer: Da muss ich nicht lange nachdenken. Das waren jene Leistungen, die bei der Sportlerwahl die ersten Plätze besetzt haben. Wenn ein junger Vorarlberger wie Manuel Trappel Europameister im Golf wird, eine Tamira Paszek es schafft, in die Topplätze zurückzukehren, sind das Höhepunkte. Wie auch der lange herbeigesehnte WM-Titel vom Höchster Radballer. Damit ich niemand vergesse: herauszustreichen sind die großartigen Leistungen der Behindertensportler, stellvertretend dafür steht Philipp Bonadimann und der Special Olympics mit ihrer besonderen Art des Sport, der Bewegung und der Freude am Tun. Aber es wurde eine Vielzahl von Veranstaltungen organisiert. Wir haben es außerdem geschafft, die Zielvorgabe des Sportkonzeptes Vorarlberg 2009 bis 2015 in mehreren Maßnahmenpaketen ordentlich nach vorne zu bringen. Stellvertretend nenne ich Vorarlberg bewegt, die Förderkonzepte – in enger Zusammenarbeit mit den Sportfachverbänden – und die ganze Aus- und Weiterbildungsschiene.

 

Günter Kraft wurde als Leiter des Sportreferats bestätigt. Warum ist sein Vertrag mit drei Jahren befristet?

Stemer: Das ist so üblich bei Abteilungsleitern, die von der Landesregierung bestellt werden. Die Regierung hat auf Vorschlag der Personalabteilung in einem Hearing zuvor genau gecheckt, ohne jegliche Einflusseinnahme von mir.

 

Das ehrgeizige Ziel heißt, Sportland Nummer eins in Österreich zu werden. Welchen Teil auf dem Weg hat man schon zurückgelegt?

Stemer: Das ist unser sehr ambitioniertes Ziel. Es gilt, den Verbänden zu helfen, möglichst professionelle Struktur zu schaffen und die dafür notwendige Umstellungen der Förderrichtlinien, damit man diese Ziele verfolgen kann. Dazu gehört eine – von den Aktiven und von ihren Trainern immer wieder gelobte und anerkannte – Konzeption und Management durch das Sportservice, das auf den Nachwuchs, den Leistungs- und Spitzensport einen maßgeblichen Einfluss hat. Mit Trainingsplänen, Sportmedizin, Psychologie, Physiotherapie und anderem – das ist ein Stück weit schon gelungen. Die Basisstruktur in den Fachverbänden erfährt massive Unterstützung, und zwar auch für jene, die seltener im Rampenlicht stehen. Es geht darum möglichst eine Symbiose zwischen dem unbezahlbaren Ehrenengagement und der heutzutage notwendigen professionellen Struktur zu finden. Symbiose heißt, dass es möglichst fachlich gut läuft und auf finanziert werden kann. Dieses miteinander haben wir bisher gefunden. Seit ich jetzt Sportlandesrat bin, und das ist jetzt 15 Jahre, ist es immer gelungen, im Landtag dieses Thema wirklich einhellig bei allen vier Fraktionen durchzubringen. >Und darauf bin schon auch ein wenig Stolz.

 

Gibt es einen Zeithorizont für das Ziel?

Stemer: Es ist ein schönes Zeichen, dass wir bei den Olympischen Jugend-Winterspielen mit sechs Athleten vertreten sind. Für die Sommerspiele in London sind Caroline Weber und Barbara Gasser fix, einige klopfen noch an. Wenn nicht alle schief läuft wird Vorarlberg in Sotschi 2014 mit dem einen oder anderen Alpinen, Nordischen und den Snowboarder vertreten sein. Die Namen sind bekannt, das Potenzial da. Ebenso im Rodeln und im Bob. 2018, wenn unsere Strukturaufbauten so laufen, wie wir sie geplant haben, könnten wir wirklich – an mehreren Parametern gemessen – Sportland Nummer eins sein. Und vergessen wir den Breitensport nicht. Das ist meine Herzensschiene schlechthin: das ist Gesundheit und Bildung und Bewegung und Sport und Ernährung in der gleichrangigen Reihenfolge. Und das Ganze so früh wie nur möglich. Im Elternhaus, im Kleinkindalter, und dann stetig für ein gut vorarlbergerisch gesagt: „a gsunds Ufwachsa“. Bewegungskindergarten, bewegte Volkschule, Familien-Ski- und Radtage, Lauftreffs, das hat alles ein visionäres Ziel: Vorarlberg im Bewegungs- und Gesundheitsbereich nach vorne zu bringen. Vorbeugen in der gesamten Gesellschaft statt nachher mit Riesen-Mitteleinsatz reparieren zu müssen.

 

Hat der Sport in der Schule einen Nachholbedarf?

Stemer: Grundsätzlich sollen Bewegung Sport, Gesundheitsbewusstsein im Kindergarten und in der Schule noch stärker verfolgt werden wie bisher. Das ist eine Lebensphilosophie. Bei den Sportmittelschulen gibt es lokal einen unterschiedlichen Bedarf, eine Lücke besteht in der Region Dornbirn. Grundsätzlich gibt es aber ein geballtes Angebot. Das Sportgymnasium muss sich gemeinsam mit uns in diese neue Wege hineinbewegen, da gibt es Optimierungsbedarf, die wiederum in der schulischen Ausbildung, aber auch in der Fachverbandsstruktur liegt. Wir haben jetzt 13 Fachverbände, die ihre Sportler in das Gymnasium hineinnominieren.

 

2007, bei der Präsentation einer Machbarkeitsstudie für ein Fußball-Landesstadion, sagten Sie: die Zeit ist noch nicht reif. Ist fünf Jahre danach die Zeit nun reif?

Stemer: Nicht reifer. Nennen Sie mir jemand, der a.) eine fundierte, breite Ahnung von dem Thema hat, der b.) einem Landesstadion ernstlich und ehrlich das Wort redet und c.) bereit ist, die notwendigen Konsequenzen, die damit verbunden sind, und zwar nicht nur mit der Errichtung und Installierung sondern auch mit dem Betrieb, der Befüllung und der Deckung der anfallenden Kosten ernsthaft zu übernehmen. Dieses Konzept bleibt in der Schublade bis die Zeit reif ist. Ich fühle mich auch nicht verpflichtet, dieses Thema unbedingt, massiv, und aktiv anzunehmen. Da sind mir andere Dinge im Sport in aller Breite in Vorarlberg wichtiger. Damit will ich nicht das Thema Landesstadion schlecht reden, im Gegenteil. Vielleicht kommt die Zeit, wo es ganz eindeutig und klar ist, wo diese Dinge zugeordnet werden können. Vorarlberg ist als Land relativ klein, wir können uns so was nur leisten, wenn die Dinge wirklich klipp und klar in eine Richtung organisiert werden können. Es muss feststehen: das ist jetzt die Mannschaft in der höchsten Spielklasse, und da ist man auch bereit, über den Tellerrand hinauszublicken und eine langfristig überlebbare Struktur aufzubauen. Das Stadion muss am richtigen Platz stehen, es muss klar sein, wer dort spielt – ein zweites Reichshofstadion sollte man nicht mehr erleben müssen. Und dann braucht man für eine Spitzentruppe immer noch rund sechs, sieben Millionen Euro Jahresbudget, um halbwegs reüssieren zu können.

 

Haben sich die Kriterien für die Vergabe von VKW-Sponsorgelder nach dem Aufbegehren einiger Verbände und Klubs geändert?

Stemer: Nein, es hat lediglich marginale Änderungen gegeben. Weil die von Dr. Ludwig Summer und seinen Verantwortlichen aufgestellten Kriterien allen Prüfungen standgehalten haben. Der VKW-VEW-Vorstand hat auch vom Aufsichtsrat für dieses von ihm verantwortete Vorgangsweise die Bestätigung bekommen. Das war danach im Landtag auch kein Thema mehr.

 

Zu reden gaben die Prüfungen des Landesrechnungshofes, die Sportprojekte betrafen. Unter anderem wurde ein Businessplan für das Landessportzentrum eingefordert.

Stemer: Die Mehrheit der Punkte wurden erledigt. Der Businessplan ist in enger Abstimmung mit dem Landesrechnungshof fast fertiggestellt, die Bestellung des Leiters im Sportreferat ist erfolgt. Die Empfehlung war auch eine Prüfung des Standorts Sulzberg als Alternative für eine Biathlon-Anlage, das wird nach seriöser Prüfung Mitte Jahr so weit sein. Die Empfehlung, eine Kleinschanzenanlage im Bregenzerwald zu errichten wird der SC Bregenzerwald unter Josef Erath verfolgt. Ich habe mich mittlerweile – ohne Widerspruch des Landesrechnungshofes und nach Rücksprache mit Fachleuten – sowohl im Kontrollausschuss als auch im Landtag dafür eingesetzt, dem Wunsch des Bregenzerwaldes zu entsprechen und drei Kleinschanzen zu errichten. Das macht im Gesamtkonzept Sinn. Weil dann die Büable aus dem Bregenzerwald, die vielleicht nicht ihre vier Jahre in der Ski-Mittelschule verbringen und zum Landeskader gehören, nicht wieder nach Oberstdorf oder Einsiedeln ausweichen müssen.

 

Schon lange diskutiert wird über eine Wälderhalle.

Stemer: Das ist mittlerweile ein Multifunktionsprojekt. Da gilt es zuerst die Standort- und Widmungsfrage zu klären.

 

Kann es in Vorarlberg ein Comeback des Ski-Weltcups geben? Bad Kleinkirchheim sucht einen Partner für einen jährlichen Wechsel.

Stemer: Sagen Sie mir wo. Solange sich nicht klipp und klar herausstellt, dass es eine Region oder einen Skiklub gibt, die wirklich und tatsächlich sagen, wir wollen das, weil es in unsere Marketingstrategie hineinpasst. Das ist kein ausschließliches Landesthema. Wo es Perspektiven gibt ist in Lech und auch im Montafon, dort könnte dauerhaft ein Snowbaord-Weltcup stattfinden.

 

Kommen wir zu Dingen, die es nicht mehr gibt oder nicht geben wird: zum einen den Eislaufplatz in Bregenz, zum anderen die Rodelbahn in Hinterplärsch.

Stemer: Zum Thema Eislaufplatz in Bregenz sage ich schlicht und einfach nichts, weil ich nicht zu allen 96 Kommunen mein Senf dazu geben kann. Das ist für mich kein Sport- sondern ein lokales Thema, da mische ich mich nicht ein. Für die Rodelbahn in Bludenz sieht es schlecht aus. Sportminister Norbert Darabos sieht sich nicht in der Lage, die ursprünglich angestrebte Drittellösung einzuhalten. Ich habe zu Darabos gesagt: Ich bin nicht der Überbringer der bösen Botschaft. Mein Drittel steht, wenn die anderen Gremien sich in der Lage sehen, es auch aufzubringen.

 

Großzügiger ist man bei anderen Projekten. Da gab es den Vorwurf, einen Ponyhof mit Sportgeld zu fördern, der bisher keine reitsportlichen Aktivitäten aufzuweisen hat.

Stemer: Diese Diskussion ist zu oberflächlich. Da geht es um eine Förderung der Reithalle in Ebnit, um eine schlichte und einfache, richtliniengemäße, einmalige Sportförderung für die Errichtung. Meine Abteilung hat die geprüft und sie wurde gewährt, wie jedem anderen Antragsteller in diesem Lande auch.

 

Und dann gibt es Verbände, die sind offenbar am Anschlag. Der Vorarlberger Eishockeyverband konnte die Teilnahme am ARGE-Alp-Turnier in Südtirol nicht finanzieren. Ein Einzelfall oder gibt es mehr Verbände die darnieder liegen?

Stemer: Das kann ich so nicht beurteilen. Ich kann garantieren: jeder Sportverband kann sich mit uns an einen Tisch sitzen. Wir haben ein Drei-Säulen-Modell und gehen das Punkt für Punkt durch. Wenn es einen Verband gibt, der zu kämpfen hat, dann muss das mit uns thematisiert werden. Dafür stehen mit Simon Nußbaumer und der Alexander Mohr zwei Strukturmanager zur Verfügung.

 

Die sechs Pilotverbände (Ski, Leichtathletik, Turnen, Tennis, Badminton, Judo) könnten sich um einen reduzieren – der Leichtathletikverband soll vor dem Rauswurf stehen.

Stemer: Wer sagt das? Das stimmt nicht. Wir sind in einem Prozess und wollen, dass sich der Leichtathletikverband wie alle anderen auch mit uns diesem Prozess unterzieht. Das heißt: wir werden gemeinsam schauen, wie die Dinge verbessert werden können. Aber von Rauswurf ist keine Rede.

 

Was kann man von den Olympischen Jugend-Winterspielen in Innsbruck für die Europäischen Jugendspiele, die Vorarlberger gemeinsam mit Liechtenstein 2015 ausrichtet, lernen?

Stemer: Ich hoffe viel. Wir haben unsere Beobachter, die in das Herz der Organisation hineinschauen, sind intensiv in diesem Prozess dabei. Unmittelbar nach Innsbruck, wenn die Dinge noch ganz frisch sind, werden wir uns zusammensetzen.

 

Ihre To-do-Liste für 2012?

Stemer: Das ist eine ganze Palette. Die wichtigsten: Weiterentwicklung des Sportkonzepts, das Nordic Konzept und die Vorbereitung auf die EYOF-Spiele 2015.

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