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1914 - Das Attentat von Sarajevo: eine Chronologie

Das österreichische Thronfolgerpaar wenige Augenblicke vor dem tödlichen Attentat am 28.06.1914
Das österreichische Thronfolgerpaar wenige Augenblicke vor dem tödlichen Attentat am 28.06.1914 ©APA/ Archiv
Der 28. Juni 1914 war ein heißer Sommertag in Sarajevo. Kurz nach 10.00 Uhr traf der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand vom nahe gelegenen Kurort Ilidza kommend am Bahnhof Sarajevo ein. Eine Stunde später war er tot, nachdem er zuvor einen Anschlagsversuch überlebt hatte.

Eine Chronologie der Ereignisse:

Sarajevo. 9.00 Uhr: Das Thronfolgerpaar feiert im “Hotel Bosna” im Kurort Ilidza die Heilige Messe. Franz Ferdinand schickt ein kurzes Telegramm an seine Kinder: “Befinden von mir und Mami sehr gut. Wetter warm und schön. Wir hatten gestern großes Diner und heute Vormittag den großen Empfang in Sarajevo. Nachmittags wieder großes Diner und dann Abreise auf der Viribus Unitis. Umarme Euch innigst. Dienstag, Papi.”

9.42 Uhr: Das Paar tritt die Reise in das zehn Kilometer entfernte Sarajevo mit dem Hofsonderzug an.

10.07 Uhr: Ankunft am Bahnhof von Sarajevo und Besuch in der größten Kaserne der Stadt, dem “Philippovich-Lager”.

10.15 Uhr: Beginn der Fahrt im Autokonvoi durch das festlich geschmückte Sarajevo. Der Weg führt entlang des Flusses Miljacka zum Alten Rathaus in der Innenstadt. Sechs mit Bomben und Pistolen ausgestattete Attentäter haben sich an der Route postiert. An der Cumurija-Brücke passiert der Konvoi den Attentäter Muhamed Mehmedbasic, den aber eine Berührung von hinten davon abhält, die bereits gezückte Bombe zu werfen.

10.25 Uhr: Beim Gebäude der Lehrerinnenbildungsanstalt wirft der an der Flussseite des Kais postierte zweite Attentäter Nedeljko Cabrinovic seine Bombe. Der Fahrer tritt aufs Gaspedal, als er die Bombe heranfliegen sieht. Sie explodiert unter dem folgenden Fahrzeug. Mehrere Offiziere werden verletzt, am schwersten Oberst Erik Merizzi. Cabrinovic schluckt Zyanid und will in den Fluss springen, doch landet er am Ufer und wird schnell gefasst. Franz Ferdinand lässt sein Auto anhalten und erkundigt sich nach der Lage. Entgegen dem Rat des Polizeichefs und Gouverneurs entscheidet er sich zur Weiterfahrt zum Rathaus.

Auf der Fahrt zum Rathaus kommt der Konvoi an den restlichen Attentätern vorbei, doch keiner von ihnen handelt. Vaso Cubrilovic schreckt zurück, als er die Herzogin im Wagen erblickt. Cvijetko Popovic verliert beim Anblick des Thronfolgers den Mut. Trifko Grabez handelt nicht, weil er so dicht von Menschen umringt ist. Der spätere Mörder Gavrilo Princip postiert sich indes an der Franz-Joseph-Straße, entlang der geplanten Rückfahrtroute, nachdem er seinen ursprünglichen Posten infolge der ersten Explosion verlassen hatte.

ca. 10.30 Uhr: Vor dem Rathaus wird das Thronfolgerpaar vom Bürgermeister Fehim Effendi Curcic empfangen. “Herr Bürgermeister, da kommt man nach Sarajevo, um der Stadt einen Besuch zu machen, und man schleudert Bomben. Das ist empörend!”, verliert Franz Ferdinand erstmals die Beherrschung. Danach trägt der Bürgermeister seine vorbereitete Rede vor. Franz Ferdinand sagt in seiner Erwiderung, er freue sich über die “jubelnden Ovationen” der Bevölkerung, “um so mehr, als ich darin auch den Ausdruck der Freude über das Misslingen des Attentates erblicke”.

Franz Ferdinand besteht auf einem Besuch beim verletzten Oberst im Garnisonsspital. Sophie sagt, dass sie ihn “nicht allein fahren” lassen wolle.

ca. 10.40 Uhr: Die Kolonne setzt sich in Richtung Westen in Bewegung. Nach dem Basarviertel biegt das erste Fahrzeug nach rechts in die Franz-Joseph-Straße ein, und der Wagen mit dem Thronfolger folgt. Landeschef Potiorek ruft dem Fahrer zu: “Sie fahren ja falsch. Wir sollen über den Appelkai!”. Der Motor wird ausgekuppelt, das Fahrzeug rollt langsam zurück auf die Hauptverkehrsader entlang des Flusses.

10.45 Uhr: Gavrilo Princip schießt zwei Mal aus kurzer Entfernung auf das Auto, das wegen des Umkehrmanövers zum Stillstand gekommen war. Eine Kugel durchschlägt die Autotür und trifft die Herzogin im Unterleib, die zweite den Erzherzog im Hals. Das Fahrzeug rast daraufhin am Fluss entlang zum Palast Konak. Sophies Kopf kippt zwischen die Knie ihres Mannes. Franz Ferdinand sagt mit leiser Stimme: “Sopherl, Sopherl, sterbe nicht, bleibe am Leben für unsere Kinder.” Er selbst sagt auf die Frage des neben ihm sitzenden Graf Harrach, ob er Schmerzen habe, mehrmals: “Es ist nichts.”

10.48 Uhr: Nach zwei Minuten Fahrt trifft der Wagen beim Gouverneurspalast Konak ein, wo die beiden erstversorgt werden sollen. Das Paar wird aber bereits leblos über die Stiege in den Palast getragen.

11.00 Uhr: Offizieller Todeszeitpunkt des Thronfolgerpaars. In ganz Sarajevo beginnen die Kirchenglocken zu läuten.

11.15 Uhr: Beginn der “strafgerichtlichen Untersuchung” gegen den unmittelbar nach der Tat gefassten Mörder Gavrilo Princip. Es habe ihm Leid getan, die Herzogin zu töten, gibt er zu Protokoll.

Q U E L L E N: “Die neue Zeitung” vom 30. Juni 1914, Historiker Wladimir Aichelburg in “profil” vom 14. September 2013, Anita Hohenberg: Er war mein Urgroßvater, Graz 2013, Cristopher Clark: Die Schlafwandler, München 2013

(APA/red)

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