AA

12. Grand Prix Eurovison de la Chanson: Über den ESC 1967 in Wien

1967 holte für Großbritannien Sandie Shaw den Sieg.
1967 holte für Großbritannien Sandie Shaw den Sieg. ©dpa
2015 findet der Eurovision Song Contest (ESC) in Wien statt. Bereits 1967 gastierte die Veranstaltung in der österreichischen Bundeshauptstadt, damals noch unter dem Namen Grand Prix Eurovision de la Chanson. In diesem Jahr gab es Verwirrung bei der Punktevergabe, aber eine pompöse Location.
So teuer wird der Song Contest
"Ein bisschen angeben müssen wir"
2015 in der Wiener Stadthalle
Interview mit Udo Jürgens

Damals beeindruckte man das europäische Publikum mit einem gefinkelten Bühnenbild aus rotierenden Spiegeln. Weniger glücklich: Moderatorin Erica Vaal, die bei der Punktevergabe für Verwirrung sorgte.

Moderatorin fiel 1967 negativ auf

Dabei wollte man es ganz besonders gut machen: “Meine Damen und Herren, liebe Zuschauer vor den Fernsehschirmen in Europa, ich begrüße Sie im Namen des Österreichischen Rundfunks beim Song Contest um den Grand Prix d’Eurovision in Wien im Festsaal der Wiener Hofburg”, begann Vaal den Abend mit einer episch anmutenden Begrüßung. Da sie möglichst allen teilnehmenden Ländern gerecht werden wollte, wiederholte die Schauspielerin ihre einleitenden Worte nicht nur auf Französisch und Englisch, sondern auch auf Italienisch, Spanisch und Serbokroatisch.

Um fehlerfrei durch diesen minutenlangen Kraftakt zu kommen, klammerte sie sich an ihre Vorlagenmappe, womit die Begrüßung mehr einer Vorlesung glich. Doch damit nicht genug: Vaal entschuldigte sich auch bei den anderen Teilnehmern – darunter etwa Schweden, Portugal oder die Niederlande -, sie nicht ebenfalls in der Landessprache willkommen heißen zu können. Die Zeit habe einfach nicht gereicht, alle Sprachen zu lernen. Auch bei den weiteren Moderationen blieb das Sprachenbüchlein Vaals treuer Begleiter.

Udo Jürgens auf der Song Contest-Bühne

Einfacher hatte es da Vorjahressieger Udo Jürgens, den man zur Begrüßung ebenfalls auf die Bühne holte: Er musste nicht reden, sondern durfte das Orchester zu einer Drei-Viertel-Takt-Version seines Siegerhits “Merci Cherie” dirigieren. Das entlockte ORF-Urgestein Emil Kollpacher, der den ESC von 1957 bis 1969 kommentierte, die lakonische Bemerkung: “Merci Udo, für die Arbeit, die du uns verschafft hast.” Erst im zweiten Teil des Satzes fiel dem Chefsprecher auch noch die Ehre ein, die die Austragung des Grand Prix für das Land natürlich bedeute.

17 Länder beim 12. Grand Prix

Teilnehmer aus 17 Nationen hatten es am 8. April 1967 nach Wien geschafft. Eigentlich hatte man mit 18 gerechnet, doch Dänemark verzichtete auf ein Antreten. Das Lied der dänischen Teilnehmerin Ulla Pia 1966, die “Stop – mens legen er go’ – Hör auf, wenn’s am schönsten ist” schmetterte, erwies sich als prophetisch: Die selbstverordnete Song-Contest-Pause sollte noch bis 1977 dauern.

Hofburg war beeindruckende Location

Auf Hochglanz poliert war aber nicht nur das Vokabular der Moderatorin, sondern auch die Location selbst: Sonst eher in schnöden Fernsehstudios untergebracht, konnte der ESC diesmal mit dem vergleichsweise pompösen Festsaal der Wiener Hofburg glänzen. Die Bühne hatte man mit rotierenden Spiegeln ausgestattet, die selbst im Schwarz-Weiß-Bild einiges hermachten. Erstmals gab es mit einer Kamera im Aufenthaltsraum auch Blicke hinter die glanzvolle Kulisse. Für die Pausenunterhaltung hatte man die Wiener Sängerknaben verpflichtet, die streng nach Klischee “An der schönen blauen Donau” zum Besten gaben.

Irritation bei der Punktevergabe

Nachdem es in den vergangenen Jahren für den Geschmack der Europäischen Rundfunkunion zu viele Null-Punkte-Wertungen gegeben hatte, besann man sich auf ein älteres Jurysystem. Jedes Land stellte zehn Jurymitglieder, die jeweils einen Punkt an ihren Lieblingssong vergaben – was im Verlauf des Abends noch für jede Menge Irritationen sorgen sollte. Modern wollte man außerdem sein: Also verordnete die Union, dass die Hälfte der Jurybesetzung unter 30 Jahre alt sein musste.

Gesungen wurde in Landessprachen

Mit den Niederlanden und “Ringe-dinge-ding” von Therese Steinmetz – ORF-Kommentar: “kastanienbraun an Aug’ und Haar” – startete der Grand Prix. Da in den Landessprachen gesungen werden musste, fasste Kollpacher für die österreichischen Zuseher vor jedem Beitrag den Liedinhalt knapp zusammen: Bei “Ringe-dinge-ding” handle es sich um das “Lied eines übermütigen jungen Mädchens, das gerne einen Minister anrufen würde, um ihm den Witz des Tages zu erzählen”. Der Witz kam jedoch nicht an: Steinmetz wurde bloß 14.

Damals brachte zudem jeder Kandidat noch seinen eigenen Dirigenten mit auf die Bühne – etwa die siebzehnjährige Vicky Leandros, die damals als Vicky mit “L’amour est bleu” für Luxemburg startete. Österreich ging als dritte Nation mit Peter Horten und “Warum es 100.000 Sterne gibt” ins Rennen. Doch obwohl der ORF den geschmackvollen Komponisten lobte und konstatierte: “Wir bekennen uns einfach zur Melodie als unsere ureigenste Domäne. Das sollte ein Anlass zur Zustimmung sein”, landete Horten abgeschlagen punktegleich mit Norwegen und den Niederlanden nur auf Platz 14.

Barfuß wurde damals der Sieg errungen

Dafür sorgte Startnummer elf für Furore: Sandie Shaw präsentierte ihren modernen Hit “Puppet on a String” barfuß und begeisterte damit die Juroren für Großbritannien. Bei der einige Male von Verständnisschwierigkeiten und massiven technischen Problemen mit dem Ergebnisbord erschwerten Punktevergabe über Telefon zeichnete sich rasch ein Trend ab. Zu schnell für Vaal: Bevor Irland seine Stimmen abgeben konnte, versuchte die Schauspielerin unter Protesten des Saalpublikums Großbritannien zum Sieger zu erklären.

Unterschied hätte es jedoch keinen gemacht: Das Vereinigte Königreich führte zu diesem Zeitpunkt bereits uneinholbar. Sandie Shaw konnte sich daher auch trotz der vielen Unterbrechungen des offiziellen Punktestandhüters “May I interrupt again?” freuen: Sie gewann mit mehr als doppelt so vielen Stimmen wie das zweitplatzierte Irland und damit mit einem der größten Vorsprünge der Song Contest-Geschichte. “Puppet on a String” wurde ein Verkaufserfolg, hielt sich drei Wochen auf Platz 1 in Großbritannien und ist auch in den deutschen und österreichischen Single-Charts bis heute einer der erfolgreichsten ESC-Titel. (APA)

Hier finden Sie alle Infos rund um den ESC 2015 in Wien.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Musik
  • 12. Grand Prix Eurovison de la Chanson: Über den ESC 1967 in Wien