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"007" sagt im Patria-Prozess aus

Ein Patria-Radpanzer. Um dieses Fahrzeug dreht sich der Patria-Prozess.
Ein Patria-Radpanzer. Um dieses Fahrzeug dreht sich der Patria-Prozess. ©APA
Der Wiener Patria-Prozess geht weiter. Am heutigen Mittwoch ging es um Industriespionage gegen den Rüstungskonzern Steyr. Hauptangeklagter Hans-Wolfgang Riedl räumte dabei ein, dass er sich gegenüber der finnischen Rüstungsschmiede mit Insiderinfos von seinem früheren Arbeitgeber Steyr Spezialfahrzeuge (SSF) gebrüstet hatte.
Prozess gestartet
Fünf Angeklagte
Geld nach Slowenien gebracht

Es sei dabei darum gegangen, Kompetenz für einen Rüstungsdeal mit der slowenischen Armee zu zeigen. Bei dem Geschäft setzte sich Patria gegen die Sistemska tehnika, slowenische Tochter der Steyr Daimler Puch Spezialfahrzeuge (SSF), durch.

Kreativer Agenten-Code im Patria-Prozess

Der frühere SSF-Vorstand gab an, dass er seine Steyr-Infos unter Chiffre “007” an den Patria-Projektleiter Reijo Niitynen weitergeleitet habe. Diese Bezeichnung sei Teil der Handynummer des mitangeklagten Ex-SSF-Mitarbeiters Wolfgang A. gewesen, erläuterte Riedl. “Ich habe ihn ein paar Mal spaßhaft so genannt.” Bei Richterin Marion Zöllner weckte “007” dagegen andere Assoziationen. “Wir wissen, was der James Bond macht”, sagte sie launig.

Unter “007” habe er Informationen von sechs bis sieben SSF-Mitarbeitern zusammengefasst, die er “laufend getroffen” habe, sagte Riedl. Es seien aber nur “allgemeine Dinge” besprochen worden, “die jedem zugänglich waren”. Da er selbst bis 2008 Geschäftsbeziehungen mit SSF hatte, konnte er die zuständigen Mitarbeiter “völlig legal” ansprechen. Mit Blick auf die wegen Weitergabe interner Unterlagen mitangeklagten Ex-SSF-Mitarbeiter A. und Wilfried K. meinte Riedl, er habe es nicht nötig gehabt, sie anzuzapfen. “Ich habe so viel Detailkenntnis über die Kalkulation der SSF, die Strukturen, Nachlässe, Kostenarten, dass es für mich absolut unnötig war, irgendjemanden dazu zu bewegen, mir etwas zuzuspielen oder mitzuteilen, der im Innenverhältnis der SSF mein Untergebener war, weil ich selbst viel nähere Kenntnisse über diese Zusammenhänge hatte.”

Riedl soll Mitarbeiter geködert haben

Nach dem Dafürhalten der Staatsanwaltschaft soll Riedl die beiden SSF-Mitarbeiter mit der Aussicht auf die Gründung einer gemeinsamen Logistik- und Wartungsfirma für Panzer geködert haben. Riedl sagte dazu, dass die SSF-Mitarbeiter selbst mit dieser Idee an ihn herangetreten seien. Er habe ihnen helfen wollen, weil sie nach der Übernahme der Firma durch den US-Konzern General Dynamics um ihre Jobs gebangt hätten.

Die beiden SSF-Mitarbeiter fanden nichts dabei, mit dem für die Konkurrenz arbeitenden Riedl zu kooperieren und dabei sogar Patria-Mitarbeitern vorgestellt zu werden. Es sei um Projekte gegangen, für die sich der neue Firmeneigentümer General Dynamics nicht interessiert hätte, sagte A. in der Hauptverhandlung. “Da bin ich davon ausgegangen, dass das niemanden stört.” K. machte es nicht einmal stutzig, als Riedl ihn in einem E-Mail warnte, er werde “beobachtet” und man doch lieber über Wertkartentelefone und SMS kommunizieren solle. “Wir hatten keine Tätigkeiten, wo ich irgendein schlechtes Gewissen hätte haben müssen”, betonte K. auf mehrmalige Nachfrage der Richterin. Letztlich ging die Rechnung der beiden nicht auf: Wegen der Patria-Affäre verloren beide ihre Jobs, während aus der gemeinsamen Firma mit Riedl ebenfalls nichts wurde – weil dieser sein Interesse verloren habe, wie K. sagte.

Die Beteiligten widersprechen

Den Vorwurf der Industriespionage stellten beide Ex-SSF-Mitarbeiter vehement in Abrede. So will keiner der beiden Riedl interne SSF-Dokumente zugespielt haben, die in Kuverts beim Eingangstor seines Hauses deponiert waren. Diese Infos seien “völlig wertlos” gewesen, weil er mit dem darin behandelten Kuwait-Projekt nichts zu tun gehabt habe, betonte der Hauptangeklagte. Dennoch habe er die Informationen an Patria übermittelt, “um zu zeigen, dass ich informiert bin”. Richterin Zöllner reagierte ungläubig: “Warum gibt man etwas Wertloses weiter? Das beweist keine Kompetenz.” “Es schadet aber auch nicht”, sprang daraufhin Riedls Anwalt Rüdiger Schender seinem Mandanten bei.

Energisch widersprach Riedl dem Vorwurf, er sei an das endgültige Steyr-Angebot in der slowenischen Ausschreibung gelangt. “Hätte ich es gehabt, wäre Patria nicht um 23 Millionen Euro unter dem Preis von SSF gewesen, sondern um eine Million oder paar hunderttausend.” Patria hätte sicher nicht “so viel Geld liegen gelassen”, betonte Riedl.

Der Patria-Prozess geht kommenden Dienstag mit der Einvernahme von finnischen und slowenischen Ermittlern weiter.

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