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„So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!“

Hubert Dragaschnig liest aus dem Buch von Christoph Schlingensief
Hubert Dragaschnig liest aus dem Buch von Christoph Schlingensief ©REW
Gsundheit in Gaißau - 29. Februar

Gaißau. Eine Gänsehaut bekamen am vergangenen Mittwoch, 29. Februar, die Besucher der Krebsvortragreihe in Gaißau. Mit schier unglaublichem Gefühl las dort Hubert Dragaschnig, der künstlerische Leiter des Theater Kosmos, aus dem Buch von Christoph Schlingensief, der mit nur 47 Jahren an Lungenkrebs erkrankte.
Die Bühne der Rheinblickhalle war in rotes Licht getaucht, auf der Leinwand liefen Fotos von Christoph Schlingensief, als Hubert Dragaschnig anfing, vorzulesen: Mal laut, mal leise, mal wütend und trotzig, mal gelassen und gefasst, fast schon schien es so, als hätte er den Autor persönlich gekannt. Zwischendurch spielte Robert Bernhard passende Musik auf seinem Saxofon.
Als der erste Verdacht aufkam, Schlingensief könnte an Krebs erkrankt sein, begann er, Gespräche zu führen – mit sich, seinen Freunden, Gott. Immer mit lief dabei das Diktiergerät, aus dessen Tondateien sein Buch mit dem Titel „So schön wie im Himmel kanns hier gar nicht sein!“ entstand. Seine Krankheit traf ihn völlig unerwartet. Er liebte das Leben, war ein Lebemann gewesen, ein Künstler. Er war gereist, hatte eine Menge Freunde und die Frau fürs Leben. In seinem Buch schilderte Christoph Schlingensief das Jahr 2008 – das der Diagnose. Hubert Dragaschnig nahm das Gaißauer Publikum mit auf eine Reise durch die Gefühlswelt des Lungenkrebs-Patienten: Zu Beginn stand bei Schlingensief die Hoffnung. In dieser Phase fand der katholische Deutsche zu Gott, las die Bibel, glaubte sich erleuchtet. Als klar wurde, dass es sich bei den entdeckten Tumoren um Krebs handelte, beschimpfte er Gott, seine Freunde, sich selbst. Wütend auf alles und jeden wollte er nicht akzeptieren, dass sein schönes Leben nun bald vorbei sein könnte. „Ich finde, er hat da schon viel von einem typischen Vorarlberger. Katholisch, aber eigentlich keine Ahnung von der Religion. In schweren Zeiten aber vertraut er auf Gott, abgewechselt mit diesem: ‚Ach, hau doch ab, lasst mich doch in Ruhe’“, erklärt Hubert Dragaschnig seine Auswahl an Textpassagen
Bis zum Ende des Buches allerdings lernte Christoph Schlingensief, sich an den kleineren Dingen des Lebens zu erfreuen. Er wurde ruhiger und gelassener. Am Schluss stand wieder die Hoffnung, bei der anstehenden Untersuchung gute Neuigkeiten zu bekommen. Spätestens, als Hubert Dragaschnig das Buch an dieser Stelle zuklappte und das Saxofon wieder begann, zu spielen, kämpften die Besucher mit den Tränen. Denn was sie wussten: Schlingensiefs Hoffnung war umsonst gewesen. Eineinhalb Jahre nachdem der letzte Satz des Buches gesagt wurde, verstarb er an seiner Krankheit.
Am Schluss wünschte die Organisatorin der „Gsundheit in Gaißau“-Reihe, Judith Lutz, den Besuchern ganz im Sinne von Christoph Schlingensiefs „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“: „Eine gute Heimreise und vor allem Freude am Leben!“

Die nächsten Veranstaltungen, jeweils um 19.30 Uhr in der Rheinblickhalle Gaißau:
Brustkrebs – Therapie: Mittwoch, 14. März 2012
Partnerschaft, Zusammenleben, Sexualität: Mittwoch, 28. März 2012
Darmkrebs – Therapie: Mittwoch, 11. April 2012
„Warum lässt Gott das zu?“: Mittwoch, 25. April 2012
Aktion Verein „Geben für Leben“, Möglichkeit zur Bluttypisierung: Mittwoch, 23. Mai 2012 ab 19.00 Uhr
Blutkrebserkrankungen: Mittwoch, 23. Mai 2012

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