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„Lebe das Leben, das du dir ­ zutiefst wünschst"

Höchst - Er war querschnittsgelähmt. Doch heute kann er wieder laufen. Clemens Kuby berichtet heute in Höchst von seiner Heilung, von seinen Reisen zu Schamanen und was er dabei entdeckte. Man ist neugierig auf ihn. Schon wegen seiner Biographie. Clemens Kuby (60) wuchs in Oberbayern auf, nach dem Studium ließ er sich zum Filmregisseur ausbilden. Mit Dokumentarfilmen machte er sich in der Branche einen Namen.

Doch dann zog der Filmregisseur aufs Land, bewirtschaftete einen Hof und betrieb mit seiner Frau eine Kneipe. 1981 passierte etwas, was sein ganzes Leben auf den Kopf stellte: Kuby fiel von seinem Dach 15 Meter in die Tiefe. Die Folgen: eine Querschnittslähmung. Damit nicht genug: Auf dem Weg in eine Spezialklinik geriet der Schwerverletzte in Todesgefahr. „Der Hubschrauber flog durch ein Gewitter. Wir sackten mehrmals ab. Es war ein richtiges Inferno“, so Kuby zum „Sonntag“. Der querschnittsgelähmte Mann rechnete damit, „dass ich jetzt auch noch sterbe.“ In dieser Situation wurde ihm jäh bewusst, dass er das Leben, das er in den vergangenen sieben Jahren geführt hatte, aufgeben muss – weil es ihn nicht wirklich erfüllte. Rückblickend ist sich Kuby sicher: „Der Unfall passierte nicht zufällig. Nichts passiert zufällig. Es musste sein. Denn sonst wäre ich für eine Lebensveränderung nicht bereit gewesen.“ Der 60-Jährige weiter: „Ich bin vom Dach gefallen, weil ich nicht das gelebt habe, was meine Seele wollte.“ Laut Kuby wird man krank, wenn man nicht das Leben lebt, das man sich innerlich zutiefst wünscht. „Man wird krank, wenn man nicht seine Lebensaufgabe lebt. Und damit man merkt, dass etwas im Leben nicht mehr stimmt.“

Nach dem Unfall war Kuby bereit für eine radikale Lebensänderung. „Ich hatte zwar noch keine Perspektive. Aber ich wusste, dass ich nicht mehr zurück aufs Land wollte, zu meiner Frau und zur Kneipe.“ Als Konsequenz erteilte er allen ein Besuchsverbot – weil er Abstand gewinnen wollte. Im Krankenbett dachte er stundenlang über seine Zukunft nach: „Was mache ich jetzt?“ Schließlich kam er zu der Erkenntnis, dass er Menschen kennenlernen wollte, die fernab der Zivilisation lebten, Menschen mit einem anderen Bewusstsein. Ein Freund, der sich trotz Besuchsverbotes zu ihm durchkämpfte, erzählte ihm von solchen Menschen.

Er hatte sie im Himalaya in über 4000 Meter Höhe kennengelernt. Jetzt wusste Kuby, wofür er gesund werden wollte: Er wollte solche Menschen unbedingt kennenlernen. Doch ihm war klar, dass er das als Rollstuhlfahrer nie zuwege bringen würde. Also musste er aus dem Rollstuhl rauskommen. Mehrere Stunden nach dem Gepräch mit dem Freund, am nächsten Morgen, spürte Kuby eine Reaktion im Bein. „Ich konnte den großen Zeh bewegen.“ Das spornte ihn enorm an. „Ich hab‘ wie ein Wilder geschuftet mit den Krankengymnastinnen.“ So sehr, dass er nach jedem Training drei Stunden schlief. Aber es zahlte sich aus. Nach einem Jahr Klinik-Aufenthalt konnte er tatsächlich wieder laufen, zunächst mit Krücken und Gehhilfen, später ohne allem.

Um sich den Aufenthalt im Himalaya zu finanzieren, begann der leidgeprüfte Mann wieder fürs Fernsehen Filmbeiträge zu machen. Als er das Geld beisammen hatte, reiste er zu den „unzivilisierten“ Menschen. Es wurde für ihn eine unvergessliche Reise. Auch weil er auf ihr Antworten auf seine existenziellen Fragen fand. Noch bevor er in Ladakh, seinem Reiseziel ankam, führte ihn das Schicksal mit keinem Geringeren als dem Dalai Lama zusammen, dem Oberhaupt der Tibeter. Kuby zum „Sonntag“: „Ich habe zehn Tage mit ihm gelebt. Er erzählte mir etwas völlig Neues über das Leben, sprach mit mir über Karma und über die Kontinuität des Geistes.“

Seine Heilung sieht der deutsche Filmemacher im direkten Zusammenhang mit seiner Reise in den Himalaya. „Die Heilung konnte geschehen durch die neuen Perspektiven, die mich erfüllten. Und weil ich die Chance hatte, ein neues Bewusstsein kennenzulernen. „Wenn ich hier geblieben wäre, wäre ich krank geblieben.“ Nach seiner Begegnung mit dem Dalai Lama drehte er einen Film über das alte Ladakh. Mit ihm gewann er 1986 den Deutschen Filmpreis. Es folgten weitere Dokumentarfilme über Tibet und den Buddhismus. Kuby dazu: „Ich lebte jetzt das Leben, zu dem meine Seele ja sagte.“ Angeregt durch seine eigene Heilung, wollte er wissen, wie Heilung funktioniert. Er bereiste verschiedene Länder, sah Schamanen und Medizinmännern bei der Arbeit zu. Und entdeckte, „dass Heilung ein geistiger Prozess ist, ein Bewusstseinsprozess, der für jeden möglich ist“. Heilung geschehe, „wenn der Geist der Chef ist und nicht der Körper.“ Laut Kuby ist der Körper davon abhängig, was man denkt. „Die Bilder im Kopf bestimmen, wie der Körper sich fühlt.“ Das Bewusstsein sei ausschlaggebend: „Was ich nicht für wahr halte, kann auch nicht wahr werden.“ Daher gelte es, durch Imagination und die Entwicklung echter Gefühle eine neue Wirklichkeit herzustellen, „eine, die stärker ist als die alte“. Wenn das gelänge, geschehe Heilung.

Quelle: Neue am Sonntag

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