Die Hemmschwellen seien gefallen, meinte er: Heute liegt einer auf dem Boden und man steigt ihm auf den Kopf.
Viele dieser Gewalttätigkeiten geschehen nicht aus Dominanz, sondern aus Angstgründen, betonte Bayr. Wäre der Tatverdächtige, der erst seit rund einer Woche an der neuen Schule war, noch in seiner alten Peer Group gewesen, hätte er möglicherweise anders reagiert, erklärte er: Dort hätte er möglicherweise das Gespräch suchen können. Denkbar sei auch, dass er in seinem früheren Umfeld gelernt habe, wie schlimm es ist, in der Hackordnung ganz unten zu stehen, und deshalb versucht haben könnte, den Konflikt auf jeden Fall zu gewinnen.
Zudem gebe es einen Unterschied zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, sagte der Sozialarbeiter: Letztere hätten eine Art Beißhemmung, die sie bei Auseinandersetzungen daran hindert, bis zum Äußersten zu gehen: Dieses dünne Furnier der Zivilisation ist bei den Jugendlichen eventuell noch nicht so ausgeprägt.
Was den verdächtigen 15-Jährigen dazu gebracht haben könnte, auf seinen Klassenkollegen mit einem Messer loszugehen, müsse man genau analysieren, so Bayr. Er sprach von einem Einzelfall: Warum ein einzelner Jugendlicher wirklich zu einer Waffe greift, müsste man sich anschauen.
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