WANN & WO: Wann und warum warst du in Nordkorea?
Christoph Šelner: Wir waren vom 12. bis zum 26. August 2011 in Nordkorea auf Exkursion, organisiert durch einen Prof. der Universität Innsbruck. Eine tolle Gelegenheit, um einen der totalitärsten Staaten der Welt mit eigenen Augen zu sehen bzw. erleben zu können.
WANN & WO: Wie war dein Eindruck?
Christoph Šelner: Nordkorea ist ein sehr restriktives Land. Auch wenn man immer angehalten war, das Land mit einer „politischen Brille“ zu betrachten, versuchte ich dies zuerst nicht. Doch irgendwann kann man nicht mehr anders – leider. Die Dimensionen (sozial und politisch) sind einfach zu festgefahren zum Rest der Welt (speziell zu den westlichen Demokratien). Es handelt sich um ein extrem armes Land, das von der übrigen Welt abgeschottet ist.
WANN & WO: Wie steht es um die Medien?
Man erfährt nichts, was rund um einen passiert (keine liberalen Medien, nur vom Staat kontrolliert – keine Nachrichten aus dem Ausland). Außerdem wird der Personenkult, vor allem rund um Kim Sung-il (etwa die Bronzestatue oder sein Mausoleum), enorm betrieben, was sich in Propaganda bis hin zu einer Art göttlichen Persönlichkeit manifestiert.
WANN & WO: Wie hat die Bevölkerung auf euch reagiert?
Christoph Šelner: Man war immer freundlich zu uns, obwohl wir öfters angesehen wurden, als ob wir von einem anderen Planeten kommen. Nordkorea zählt etwa 6000 Touristen pro Jahr – also sehr wenig; im Vergleich hat Nepal bis zu 500.000 jährlich. Offiziell durften wir aufgrund „kultureller“ Unterschiede mit niemandem sprechen bzw. es spricht praktisch niemand englisch.
WANN & WO: Wie „frei“ durftet ihr euch bewegen?
Christoph Šelner: Frei bewegen durften wir uns nicht. Wir hatten immer eine Begleitung, sogenannte „Guides“, an unserer Seite, welche uns immer sagten, wie wir uns zu verhalten haben oder was wir fotografieren durften und was nicht (etwa das Militär oder die Bevölkerung). Auch wenn jemand krankheitsbedingt im Hotel bleiben musste, wartete schon ein Guide im Foyer.
WANN & WO: Wie beurteilst du die Interessen des „Schurkenstaates“?
Christoph Šelner: Es gibt immer wieder Grenzkämpfe zwischen Nord- und Südkorea. Diese führen zunehmend zu Verstimmungen. Kurz vor dem Tod von Kim Jong-il stand das Land vor einer friedlichen Lösung. Ich glaube, dass Nordkorea mit Hilfe des Atomprogramms auf sich aufmerksam machen möchte. Auch wenn die Führung immer wieder mit Militärschlägen droht, wird es in den Medien zu sehr aufgebauscht. Als ich im März in Seoul (Südkorea) war, wurde mir gesagt, dass dies nur „warme Luft“ sei und die SüdkoreanerInnen es stoisch hinnehmen würden. Ich glaube nicht, dass es jemals (solange die USA und Japan hinter Südkorea stehen) zu einer wirklichen Bedrohung kommen wird.
WANN & WO: Wie hast du den nordkoreanischen „Führerkult“ miterlebt?
Christoph Šelner: Der Kult rund um die zwei Persönlichkeiten ist gottesähnlich. Der Befreiungs-Kampf des „geliebten Führers“ (Anm. Kim Sung-il) ist mythisch aufgebaut wie auch die Geburt seines Sohnes und Nachfolgers – auch sein gesamtes Wirken in Nordkorea. Überall stehen Bilder, Statuen oder Schriften von Kim Sung-il und Kim Jong-il.
WANN & WO: Was ändert der Tod von Kim Jong-il?
Christoph Šelner: Ich glaube nicht, dass es zu einer Veränderung kommen wird. Der verstorbene Kim Jong-il meinte schon früher, dass er seinen dritten Sohn ausgewählt hatte, da er ihm selbst sehr ähnlich sei. Deshalb meine ich, dass er das Land genau gleich weiterführen wird. Zu einem Volksaufstand wird es sicher nicht kommen. Das einzige, was ich mir vorstellen könnte, wäre ein Putsch bzw. Streitigkeiten auf oberster Regierungsebene, falls sich der designierte Nachfolger, Kim Jong-un, nicht durchsetzen könnte.
Zur Person:
Name: Christoph Šelner
Alter: 25
Wohnort: Feldkirch/Innsbruck
Ausbildung, Beruf: Student der Politikwissenschaften und Soziologie
Tätigkeit in Nordkorea: Exkursion
(WANN & WO)
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