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Wie der Peiniger Invalide wurde

(VN) Schwarzach - Fall Cain: Milosav M.s Muskelerkrankung war der wahre Grund für die Invaliditätspension.
Milosav in der JA
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Schwendinger im Interview
Bilder: Milosav M. in JA Feldkirch
Die ersten Bilder aus Feldkirch
Telefoninterview mit Cains Onkel
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Die Zuerkennung einer Invaliditätspension für den mutmaßlichen Kindsmörder Milosav M. hatte praktisch ausschließlich mit dessen Muskelerkrankung zu tun. Wie die VN aus verlässlichen Quellen erfuhr, entstand diese Krankheit beim 26-jährigen Beschuldigten nicht wegen dessen Drogenkonsum oder dem schweren Autounfall, den er in Serbien gehabt haben soll. Ein mit dem Fall vertrauter Experte: „Die Symptome reichten beim Untersuchten bis hin zu einer Störung der Atemmuskulatur. Traten diese Symptome auf, dann hatte er große Probleme. Er war deswegen auch nicht in der Lage, konstant durchzuarbeiten, weil diese Symptome jederzeit auftreten konnten.“ Patienten mit der Diagnose „Myasthenia gravis“ sind oft schwach, können sich kaum fortbewegen. Im schlimmsten Fall ersticken sie, weil die Atmungsfunktion total aussetzt. Mit Hilfe von Medikamenten kann man einen Patienten jedoch gut darauf einstellen, auch wenn die Krankheit grundsätzlich als unheilbar gilt. Laut dem Experten hätte das psychiatrische Gutachten allein niemals ausgereicht, Milosav M. die Invaliditätspension zu gewähren. Der mutmaßliche Mörder des kleinen Cain litt zwar an den Folgen diverser Erlebnisse. Deswegen wäre er aber nicht pensioniert worden. Harsche Kritik richten Insider an der Informationspolitik der Pensionsversicherungsanstalt. „Warum“, versteht ein PVA-Partner nicht, „warum hat die PVA nicht eine klare Informationspolitik geführt, auf den Tisch gelegt, warum der Beschuldigte vorübergehend pensioniert wurde. Das hätte Spekulationen und Gerüchte verhindert.“

„Nichts Unkorrektes“

Karl Haas, Obmann der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt, rechtfertigt die dem Serben gewährte Invaliditätspension auch im Nachhinein voll und ganz. „Da gab es nichts Unkorrektes. Das ganze Prozedere bis hin zur getroffenen Entscheidung erfolgte streng nach den gültigen Richtlinien. Und die sind meiner Meinung nach gut, garantieren eine hohe Treffsicherheit.“

Genaues Prozedere

Haas streicht heraus, dass „der Antragssteller zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht drogenabhängig war.“ Der Obmann der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt übt seinerseits heftige Kritik an den Vorarlberger Behörden. „Die dürften da wohl nicht richtig hingeschaut haben. Kindesmisshandlung hat es doch offensichtlich früher schon gegeben. Auch die Mutter wurde nicht belangt.“ Wie die Feststellung einer Invalidität erfolgt, erklärt die Pensionsversicherungsanstalt detailliert:

1. Erst muss ein Antrag auf Invalidität- bzw. Berufsunfähigkeit gestellt werden.

2. Der Antragsteller wird an der chefärztlichen Begutachtungsstelle der Pensionsversicherungsanstalt von einem Allgemeinmediziner untersucht. Dort wird dann festgelegt, ob weitere externe Experten zugezogen werden.

3. Anschließend kommt der Akt zu einer Oberbegutachtungsstelle, an der Chefärzte jeden einzelnen Fall abklären.

4. Schließlich gelangt der Akt in den Leistungsausschuss. Dort sind Vertreter von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Pensionsvertreter als Beiratsmitglieder. In diesem Gremium fällt entweder sofort eine Entscheidung oder es werden weitere Gutachten eingefordert. Fällt eine Entscheidung pro Invalidität, so wird auch die – zumeist befristete – Dauer eben jener festgelegt.

Invaliditätspension

371.957 ÖsterreicherInnen beziehen (Stand November 2010) eine Invaliditätspension von der Pensionsversicherungsanstalt ( 226.816 Männer und 138.833 Frauen).

  • 2500 dieser Invaliditätspensionsbezieher in Österreich sind unter 30 Jahre alt.
  • 15.727 Vorarlberger sind Bezieher einer Invaliditätspension.
  • 100 bis 120 dieser Vorarlberger Invaliditätspensionsbezieher sind unter 30 Jahre alt.
  • Bei den Angestellten sind psychische Erkrankungen mittlerweile der Hauptgrund für die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension.
  • Bei den Arbeitern sind psychische Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für Invaliditätspension. Der Hauptgrund sind Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates.
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