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Werner Faymann - Weiter Kanzler

Trotz historischen Wahldebakels bleibt Faymann Regierungschef.
Trotz historischen Wahldebakels bleibt Faymann Regierungschef. ©APA
Werner Faymann hat es wieder geschafft. Zum zweiten Mal führte er die SPÖ zum historisch schlechtesten Wahlergebnis und wurde doch wieder Kanzler. Neben strategischem Geschick kam dem SPÖ-Chef diesmal wohl die Alternativenlosigkeit für die ÖVP zupass. Will Faymann auch noch eine dritte Amtsperiode antreten, wird der Kanzler entgegen seiner bisherigen Gewohnheit den Reformmotor anwerfen müssen.

Denn der SPÖ-Vorsitzende gilt als Pragmatiker, der das Machbare dem Visionären vorzieht. Entsprechend war auch die Bilanz der bisherigen Faymannschen Kanzlerschaft – in der Umsetzung gar nicht so schlecht, von den Medien und selbst ernannten Intellektuellen aber trotzdem verrissen, da letztlich wenig wirklich Neues in die Wege geleitet wurde.

Ostermayer als Graue Eminenz

Tatsächlich sind die Zeiten, in denen Faymann als Funktionär der Sozialistischen Jugend fast schon rebellisch sieben Thesen zur Jugendpolitik an die Tür des Rathauses nagelte und eine Party gegen den Papst-Besuch mitorganisierte, längst vorbei. Heute sonnt sich Faymann gerne an der Seite der deutschen Kanzlerin Angela Merkel oder führt mit leuchtenden Augen Arnold Schwarzenegger durchs Kanzleramt.

Freundlich ist Faymann freilich nicht nur, wenn ihn Prominenz umgibt. Auch bei der Begegnung mit dem Volk oder im Umgang mit dem politischen Gegner setzt der zweifache Vater und Ehemann der Wiener Gemeinderätin Martina Ludwig-Faymann gerne auf sanfte Töne. Intern soll die Arbeit an seiner Seite dagegen kein Zuckerschlecken sein. Faymann, der selbst gar nicht so sehr als Arbeitstier gilt, verlangt von seinem Personal vollen Einsatz.

Den bringen viele, aber vor allem einer. Josef Ostermayer (SPÖ) ist Faymanns längster und wichtigster Weggefährte und organisiert, was der Kanzler wünscht. Kenner meinen, ohne Ostermayer gäbe es auch keinen Kanzler Faymann.

Führte SPÖ ins Tief

Der war in den ersten fünf Jahren im Amt mehr Moderator als Gestalter. Geschmeidig durchtauchte Faymann die Finanzkrise, wandelte sich – so schnell konnte man gar nicht schauen – vom EU-kritischen Leserbriefschreiber zum glühenden Europäer und entdeckte auf parteiinternen Druck die Vermögenssteuern für sich, die er bei den Koalitionsverhandlungen pragmatisch gleich wieder (zumindest vorerst) fallen ließ.

Der Faymannsche Stil ist zwar erfolgreich, was den Machterhalt angeht, geliebt wird er deswegen aber nicht, eher geduldet und das gilt für die eigene Partei ebenso wie für das Volk. So zeichnet Faymann nicht nur für das schlechteste Nationalratswahlergebnis der SPÖ mitverantwortlich, seit dem Vorjahr ist er auch jener SPÖ-Vorsitzende, der ohne Gegenkandidat das schwächste Resultat von einem Parteitag erhielt, nämlich magere 83,4 Prozent.

Ausgezeichneter Taktierer

Dass es Berufspolitiker Faymann, von dem beruflich sonst nur eine Episode als Taxifahrer überliefert ist, überhaupt so weit geschafft hat, ist auch einem zielstrebigen Aufstieg des begeisterten Tourengehers und Bergwanderers durch die Wiener SPÖ geschuldet. Das Taktieren hat der Kanzler von der Pike auf gelernt. Geübt wurde als Schulsprecher, schon mit 21 erklomm er die Spitze der Wiener Sozialistischen Jugend, mit gerade einmal 28 war er Geschäftsführer der Wiener Mietervereinigung, einer Machtbastion in der Bundeshauptstadt. Über ein Gemeinderatsmandat schaffte er es in die Stadtregierung, wo er von 1994 an über ein Jahrzehnt den Wohnbau verantwortete, ein Ressort mit bekannt großem Inseraten-Budget. In dieser Zeit entwickelte sich auch Faymanns enges Verhältnis zum Boulevard, das bis heute besteht.

Kanzler zu werden hatte Faymann eigentlich nie vor. Wiener Bürgermeister wäre er dagegen gerne geworden, doch bewies Michael Häupl (SPÖ) im Rathaus ordentliches Sitzfleisch. Faymann nahm also das Angebot seines langjährigen Weggefährten Alfred Gusenbauer (SPÖ) an, 2006 als Infrastrukturminister und Regierungskoordinator in die Bundesregierung zu wechseln.

Der Rest ist jüngere Zeitgeschichte. Gusenbauer demontierte sich selbst, Faymann half ein wenig mit, hatte die wenigsten Feinde und auch nicht allzu viel falsch gemacht, was ihn als Nachfolger qualifizierte. Bei der Wahl 2008 ging es zwar bergab, jedoch nicht so weit nach unten wie bei der ÖVP, womit sich Faymanns erste Kanzlerschaft ausging. Auch seine zweite wird er an der Seite der Volkspartei verbringen und das mit – auch das typisch für Faymann – praktisch unverändertem Team. Ein bisschen mehr als einen neuen Stil wird sich der Kanzler nun einfallen lassen müssen, aber Faymann ist lernfähig. Ihn zu früh abzuschreiben, könnte sich als Fehler erweisen.

Zur Person:

Werner Faymann, geboren am 4.5. 1960, verheiratet mit Martina Ludwig-Faymann (Wiener Gemeinderätin/SPÖ), zwei Töchter, Martina aus einer früheren Verbindung und Flora. Politischer Werdegang: 1981 Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Wien, ab 1988 Geschäftsführer der Wiener Mietervereinigung, ab 1994 Wiener Wohnbaustadtrat, ab 2006 Infrastrukturminister, ab 2008 SPÖ-Chef und Kanzler.

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