Zentraler Kritikpunkt ist die Unvereinbarkeit mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Sie legt fest, dass jede Einschränkung der Ausübung eines Grundrechts gesetzlich vorgesehen sein muss.
Die Vorratsdatenspeicherung stellt laut dem Schlussantrag des Generalanwaltes “einen qualifizierten Eingriff in das Privatleben” der EU-Bürger dar. Die Auswertung der personenbezogenen Daten ermögliche, “eine ebenso zuverlässige wie erschöpfende Kartografie eines erheblichen Teils der Verhaltensweisen einer Person, die allein ihr Privatleben betreffen, oder gar ein komplettes und genaues Abbild der privaten Identität dieser Person zu erstellen”.
Es bestehe die Gefahr, dass die Daten “zu rechtswidrigen, potenziell die Privatsphäre verletzenden oder – allgemeiner – betrügerischen oder gar heimtückischen Zwecken verwendet werden”. Die Daten würden nicht von den Behörden unter ihrer Kontrolle, sondern von den Providern gespeichert. So sehe die EU-Richtlinie auch nicht vor, dass die Daten in einem EU-Staat gespeichert werden müssten. Sie könnten auch “an unbestimmten Orten im virtuellen Raum akkumuliert werden”. Daher hätte die EU zunächst “die Grundprinzipien zu definieren, die für die Festlegung der Mindestgarantien zur Beschränkung des Zugangs zu den erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten und ihrer Auswertung gelten sollten”.
Eine grundsätzlichen Einwand formulierte der EuGH-Generalanwalt zu den Speicherfristen. Die in der EU-Richtlinie festgelegte maximale Speicherdauer von zwei Jahren – die Untergrenze beträgt sechs Monate – sei ohne außergewöhnliche Umstände “nicht erforderlich”” und mit den Anforderungen der Grundrechtecharta unvereinbar. Es genüge auch nicht, die Verantwortung auf die EU-Staaten abzuwälzen, die für die Umsetzung der Richtlinie und die Festsetzung der Speicherdauer zuständig sind. Der Generalanwalt betont, er habe “keine hinreichende Rechtfertigung dafür gefunden, dass die von den Mitgliedstaaten festzulegende Frist für die Vorratsdatenspeicherung nicht innerhalb eines Rahmens von weniger als einem Jahr bleiben sollte”.
Angesichts des angestrebten Ziel der Verfolgung schwerer Verbrechen schlägt der EuGH-Anwalt aber nicht vor, die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umgehend für ungültig zu erklären. Um kein Vakuum zu schaffen, sollte sie aufrecht bleiben, bis die EU innerhalb einer angemessenen Frist die spezifischen Mängel repariert. (APA)
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