Wallner ist das Gegenteil eines Quereinsteigers. Sein politischer Aufstieg zum Regierungschef war jahrelang geplant und vorbereitet. Als ehemaliger ÖH-Vorsitzender der Uni Innsbruck (1987-1989) und mit abgeschlossenem Politikwissenschafts- und Geschichtsstudium in der Tasche heuerte er rasch bei der ÖVP-Landesorganisation an.
Dort lernte er an politischem Handwerk, was es zu lernen gab: etwa als Büroleiter seines Vorgängers Herbert Sausgruber (1997-1999), als ÖVP-Landesgeschäftsführer und Chefstratege im Landtagswahlkampf 2004, als Klubobmann oder als Landesrat. Als Sausgruber Ende des Jahres 2011 früher als allgemein erwartet Platz für seinen bevorzugten Nachfolger machte, war Wallner bereit.
Erste Regierungspartnerschaft mit den Grünen
Mit dem Ziel, Vorarlberg als wirtschaftlich starke Region mit menschlichem Antlitz zu gestalten, setzte der neue Landeshauptmann das wohl einprägsamste Mantra von Sausgruber – “Keine neuen Schulden” – unbeirrt fort. Wallner beschritt aber auch neue Wege.
Nach der Landtagswahl 2014 und verlorener absoluter Mehrheit wählte er gegen Widerstände in der Wirtschaft erstmals in der Geschichte des Landes die Grünen als Regierungspartner. Unter Sausgruber, dem sozialdemokratische und grüne Politik zuwider war, wäre das undenkbar gewesen.
“Vorarlberg first”
Wallner verfolgt eine Politik des “Vorarlberg first”, ist aber nicht ideologisch verbohrt. Im Zweifel haben der Wunsch des Bürgers und eine vernünftige Lösung mehr Gewicht als das klassische Werteschema der Volkspartei. Mit großer Pragmatik werden hinter verschlossenen Türen Vereinbarungen ausgehandelt, mit denen Wallner oftmals erreicht, was er erreichen will.
Sein politisches Spektrum, das von (ziemlich) weit links bis (ziemlich) weit rechts reicht, wird dabei eher nicht zum Stolperstein. Wallners Kritiker freilich nennen das Beliebigkeit und erkennen in seinem Ringen um Kompromisse Mutlosigkeit.
Freundlich zu Bund und Gemeinden
Freundlich-kritisch ist Wallners Verhältnis zum Bund. Gegen finanzielle Eingriffe von außen setzt sich der begeisterte Alpinist vehement zur Wehr, verweist auf den geltenden Finanzausgleich und die Regel “Wer anschafft, zahlt”. In diesem Sinne will er auch die Vorsitzzeit Vorarlbergs in der Landeshauptleutekonferenz (bis Jahresende) gestalten.
Freundlich-aufmerksam geht Wallner mit den Vorarlberger Gemeinden um. Stets geht es darum, Vorhaben durchzubringen, ohne die (ÖVP-)Bürgermeister zu verärgern. Ausschließlich freundlich begegnet Wallner dem neuen ÖVP-Parteiobmann Sebastian Kurz. Er unterstützt ihn und seinen Kurs ohne Vorbehalte.
Bregenz statt Wien
Auch in den nächsten Jahren wird sich Wallner mit großer Wahrscheinlichkeit um das Wohl Vorarlbergs bemühen, ein Wechsel nach Wien nach der Nationalratswahl im Herbst scheint ausgeschlossen. Er schätzt den Gestaltungsspielraum, den er als Landeshauptmann besitzt. Erleidet “seine” Landes-ÖVP – keine gänzlich verstockte Alt-Partei, aber auch keine Bewegung – bei der nächsten Landtagswahl 2019 keinen desaströsen Schiffbruch, wird Wallner aller Voraussicht nach Regierungschef in Vorarlberg bleiben.
Im Zentrum werden dann die Bewältigung der Flüchtlingsbewegung ebenso stehen wie eine Neuregelung des Umgangs mit Grund und Boden (gegen den Widerstand der Gemeinden) oder die Schaffung leistbaren Wohnraums im sehr teuren österreichischen Westen. Auch die Umsetzung des Gesamtschulprojekts, die Umstrukturierung der Spitalslandschaft sowie mindestens zwei sehr umstrittene Verkehrsprojekte stehen an.
(APA)
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