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Ukraine: Wahl für ungültig erklärt

Das ukrainische Parlament hat sich am Samstag dafür ausgesprochen, die Präsidenten-Stichwahl vom Sonntag für ungültig zu erklären. Unter Hinweis auf zahlreiche Unregelmäßigkeiten hieß es, das Ergebnis widerspiegle nicht den Wählerwillen.

Der Druck zu einer Wiederholung der umstrittenen Präsidentschaftswahl in der Ukraine wächst. Am Samstag stellte sich auch das Parlament in Kiew indirekt hinter entsprechende Forderungen der Opposition und sprach sich dafür aus, die Ergebnisse der Stichwahl vom vergangenen Sonntag für ungültig zu erklären. Die Abgeordneten folgten mit ihrem rechtlich nicht bindenden Votum Parlamentspräsident Wolodimir Litwin, der zu einem solchen Schritt geraten hatte. Die Sondersitzung der Obersten Rada wurde erneut von Massenkundgebungen in Kiew und anderen Städten begleitet.

Zugleich entzog die Mehrheit der Abgeordneten der Zentralen Wahlkommission des Landes das Vertrauen. Die Kommission habe es versäumt, ihre Pflichten entsprechend der ukrainischen Verfassung und der Gesetze zu erfüllen, heißt es in einer Erklärung des Parlaments, die von einer großen Mehrheit der Abgeordneten unterstützt wurde. Die Wahlkommission hatte den Regierungskandidaten Viktor Janukowitsch trotz Hinweisen auf Betrug zum Wahlsieger erklärt.

Bei der Abstimmung im Parlament setzten sich die Anhänger Juschtschenkos gemeinsam mit Sozialisten und Kommunisten gegen die Regierungsfraktionen von Janukowitsch durch. Mit einer Mehrheit von 270 Stimmen verurteilte das Parlament das Verhalten der Zentralen Wahlkommission und schlug dem amtierenden Präsidenten Leonid Kutschma eine Auswechselung der Wahlleitung vor.

255 von nominell 450 Abgeordneten sprachen sich nach einer kontroversiellen Debatte dafür aus, das Ergebnis der Stichwahl wegen zahlreicher Rechtsverstöße zu annullieren. Die dafür notwendigen Gesetzesänderungen sollten bereits am Montag beraten werden. Dann sollte sich auch das Oberste Gericht mit einer möglichen Annullierung der Wahl befassen. Der Stab Juschtschenkos hatte Beschwerde wegen vermuteter Wahlfälschungen eingelegt.

Parlamentspräsident Litwin räumte vor der Abstimmung ein, dass das Parlament keine rechtliche Grundlage zur Annullierung der Wahl habe. Diese müsse erst noch geschaffen werden. Der Abstimmung kommt gleichwohl beträchtliche politische Symbolkraft zu. Litwin selbst sprach sich für die Annullierung der Wahl aus: „In Anbetracht der massiven Betrugsvorwürfe von beiden Seiten ist es die realistischste Lösung, die Wahl für ungültig zu erklären.“ Er halte es für „unmöglich“, das tatsächliche Ergebnis der Stichwahl zu ermitteln.

Nach dem Willen von Oppositionsführer Juschtschenko soll die umstrittene Präsidentenwahl am 12. Dezember unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wiederholt werden. Auch der EU-Ratspräsident und niederländische Außenminister Bernard Bot sprach sich für eine Wiederholung der Wahl aus. Dies sei nach Ansicht der EU der einzige gangbare Weg, um die akuten Probleme im Zusammenhang mit der jüngsten Präsidentschaftwahl zu lösen, meinte er in Den Haag.

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Parteien Europas (SPE), Poul Nyrup Rasmussen, erklärte am Samstag nach einem Treffen sozialdemokratischer Spitzenpolitiker in Madrid, dass man das Fehlen demokratischer Verhältnisse in der Ukraine zutiefst bedauere und sich für Neuwahlen ausspreche, sollte es zu keiner Einigung kommen.

Aus Russland kamen unterschiedliche Signale zu einer Wiederholung der Wahl. Der russische Parlamentschef Boris Gryslow warf Juschtschenko vor, mit seinem Beharren auf eine Wiederholung die Absprachen des „Runden Tisches“ verletzt zu haben. Gryslow hatte als Moskauer Vertreter an den Beratungen teilgenommen. Die ukrainische Nachrichtenagentur Unian zitierte hingegen den Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Jakowenko, mit der Aussage, dass Moskau einer möglichen Wahlwiederholung positiv gegenüberstehe.

In Kiew hielten Anhänger der Opposition weiterhin das Gebäude des Ministerrates abgeriegelt. In der ostukrainischen Stadt Donezk drohten Teilnehmer einer Großdemonstration für Janukowitsch mit einem Referendum über Autonomie, falls in Kiew die Opposition an die Macht kommen sollte.

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