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Ton zwischen Italien und Österreich wird schärfer

Aussenminster Sebastian Kurz (R) und der italienische Außenminister Angelino Alfano am Donnerstag, 20. Juli 2017, anl. eines Treffens in Wien.
Aussenminster Sebastian Kurz (R) und der italienische Außenminister Angelino Alfano am Donnerstag, 20. Juli 2017, anl. eines Treffens in Wien. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Im Streit um die Flüchtlingspolitik wird der Ton zwischen Italien und Österreich schärfer. Der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Gianni Pittella, hatte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag vorgeworfen, er wolle "Lampedusa in ein Konzentrationslager für Migranten umwandeln." Der ÖVP-Delegationschef Othmar Karas nannte dies umgehend eine "unfassbare Entgleisung".
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“Kurz die Errichtung eines KZs vorzuwerfen, ist historisch bedingt völlig jenseitig und vollkommen fehl am Platz”, erklärte Karas. “Pittella muss sich umgehend entschuldigen. Denn selbst wenn man unterschiedlicher Meinung ist, muss ein Restanstand gewahrt bleiben.” Der italienische Sozialdemokrat hatte unter anderem getwittert: “Das ist nicht das Europa, für das wir uns einsetzen.”

“Ideen für den österreichischen Wahlkampf”

Am Donnerstag hatte Kurz bei seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano darauf gepocht, illegal in Italien via Mittelmeer eingetroffene Migranten nicht mehr von Inseln auf das Festland zu lassen. Er habe Alfano gesagt, dass “wir uns erwarten, dass der Fährenverkehr für illegale Migranten zwischen den italienischen Inseln wie Lampedusa und dem italienischen Festland eingestellt wird”, sagte Kurz nach dem Gespräch.

Alfano bezeichnete diese Forderung laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA als “Ideen für den österreichischen Wahlkampf”. “Das habe ich Kurz auch klar gesagt”, so Alfano.

Viel Kritik für Kurz

Die Aussagen des österreichischen Außenministers stoßen in Italien generell auf viel Kritik. “Von benachbarten und befreundeten Ländern erwarten wir uns Solidarität und Hilfe, nicht Drohungen. Lampedusa ist italienisches Gebiet, Österreich darf sich nicht in das einmischen, was wir bei uns zu Hause tun”, kommentierte die Präsidentin von Kärntens Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien, Debora Serracchiani.

“Italien ist allein mit den Migrationsströmen aus Nordafrika konfrontiert. Von Kurz fordern wir zumindest Respekt für unsere Bemühungen. Wir arbeiten schließlich auch im Interesse seines Landes”, so Serracchiani.

“Eine derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi erwartet”

Der Bürgermeister der italienischen Insel Lampedusa, Salvatore Martello, kommentierte die Kurz-Botschaft auch äußerst deftig: “Eine derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi, nicht von einem Vertreter eines EU-Landes erwartet. Offenkundig weiß Kurz nicht, wie groß Lampedusa ist. Er vergisst, dass hier 6.000 Einwohner leben, die sich als Europäer fühlen”, so Martello laut ANSA.

“Aus Kurz ‘ Worten entnehme ich, dass er nicht weiß, wie Landungen von Flüchtlingsschiffen erfolgen und wie Migranten behandelt werden, die auf Lampedusa eintreffen. Er weiß nicht, welchen Einsatz diese Insel und ihre Einwohner für die Versorgung der Migranten leisten”, so Martello.

Der am 11. Juni gewählte Martello hatte die Kommunalwahl gegen die Bürgermeisterin der süditalienischen Insel, Giuseppina Nicolini, gewonnen, die wegen ihres Einsatzes für Flüchtlinge im April mit dem UNESCO-Friedenspreis ausgezeichnet worden war. Nicolini verfehlte überraschend die Wiederwahl.

(APA/Red.)

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