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Telekom-Prozess schleppt sich Richtung Urteil

Am Wiener Landesgericht wurde am Freitag, 13. September 2013, der Telekom-Prozess um mutmaßliche Parteispenden an das BZÖ fortgesetzt. Im Bild: Richter Tolstiuk
Am Wiener Landesgericht wurde am Freitag, 13. September 2013, der Telekom-Prozess um mutmaßliche Parteispenden an das BZÖ fortgesetzt. Im Bild: Richter Tolstiuk ©APA
Wien - Im Prozess um verdeckte Parteispenden der Telekom Austria an das BZÖ im Wahlkampf 2006 dürfte es am Freitag die Urteile geben.
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Die Zeugenbefragungen wurden ebenso abgeschlossen wie die Besprechung der Sachverständigen-Gutachten.

Antrag auf Vertagung abgelehnt

Der Beginn der Schlussplädoyers von Anklage und Verteidigung wird für den späten Nachmittag erwartet. Ein Antrag des BZÖ-Anwalts auf Vertagung des Prozesses wurde von Richter Michael Tolstiuk und den beiden Schöffen abgelehnt.

Gastinger sagt aus

Zum Auftakt des mittlerweile 12. Prozesstages hatte die frühere Justizministerin Karin Gastinger ausgesagt. Sie will von der Finanzierung ihrer im Wahlkampf 2006 geplanten Vorzugsstimmenkampagne durch die Telekom Austria nichts mitbekommen haben. “Ich habe gedacht, das hat das BZÖ gezahlt”, sagte Gastinger, die nach einer Fußverletzung auf Krücken in den Großen Schwurgerichtssaal kam.

Die Kampagne wurde im letzten Moment wieder abgeblasen, weil Gastinger wegen des rechtspopulistischen Kurses von Spitzenkandidat Peter Westenthaler kurz vor der Wahl aus dem BZÖ austrat. Der medial kolportierte Wechsel zur ÖVP war aus ihrer Sicht aber kein Thema: “Ich kann mir nicht das orange Kappel aufsetzen, dann gehe ich raus und setze mir das andere auf”, betonte die Ex-Ministerin. Dass die ÖVP zwei Inseraten-Rechnungen für ihr Personenkomitee bezahlte, habe sie erst sechs Jahre später im Korruptions-Untersuchungsausschuss erfahren, so die Ex-Politikerin.

Anklagebank: Von Hochegger bis Kurt S.

Die mit Gastingers Vorzugsstimmenkampagne betraute Werbeunternehmerin Tina H. wurde bereits im August zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Sechs weitere Personen müssen in der Causa noch die Anklagebank drücken: Der frühere Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, der Lobbyist Peter Hochegger, Ex-Abgeordneter Klaus Wittauer und Gastingers früherer Sprecher Christoph Pöchinger wegen Untreue und falscher Zeugenaussage im U-Ausschuss; der Werbeunternehmer Kurt S. wegen Untreue.

Verfahren gegen Eccher wird ausgeschieden

Das Verfahren gegen Ex-BZÖ-Geschäftsführer Arno Eccher im Telekom-Prozess ist am späten Freitagnachmittag ausgeschieden und auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Ecchers Rechtsanwalt Martin Dohnal hatte einen Antrag auf Ausscheidung des Verfahrens gegen seinen Mandanten gestellt, weil sich der Zeuge Kurt Lukasek nach wie vor im Ausland befindet. Eccher wird durch Lukasek belastet. Dem Vorarlberger wird Geldwäscherei und falsche Zeugenaussage im U-Ausschuss vorgeworfen.

Gutachter legen Expertise vor

Nach Abschluss der Zeugenbefragungen haben auch die beiden am Prozess beteiligten Gutachter ihre Expertise vorgelegt. Der Buchsachverständige Matthias Kopetzky rechnete dabei vor, dass aus seiner Sicht zumindest 920.000 Euro von der Telekom Austria in Richtung BZÖ flossen – genauer: an die von der Partei mit dem Wahlkampf betraute Agentur von Kurt S. Dieser erhielt 720.000 Euro über teilweise falsch datierte Rechnungen und Belege direkt von der Telekom, weitere 200.000 Euro flossen als Restmittel aus der abgesagten Gastinger-Kampagne an die Parteiagentur.

Hochegger bestreitet jede Verantwortung

Vermittelt wurden die verdeckten Parteispenden laut Anklage von Hochegger und Wittauer. Letzterer hat sich bereits zu Prozessbeginn schuldig bekannt und 20.000 Euro plus Zinsen zurückgezahlt. Am Freitag akzeptierte Wittauer zusätzlich eine Schadenersatzzahlung von 100.000 Euro. Hochegger bestreitet jede Verantwortung in der Causa. Er argumentiert, angesichts der Freundschaft zwischen Wittauer und dem für die Zahlungen zuständigen damaligen Telekom-Manager und nunmehrigen Kronzeugen Gernot Schieszler wäre seine Vermittlungstätigkeit sogar hinderlich gewesen. Zumal sein Verhältnis zu blau-orange “extrem gestört” gewesen sei.

Eccher weist Geldwäsche-Vorwurf zurück

Auch Fischer bekennt sich nicht schuldig. Er bestätigt zwar, die Aufträge an die Werbeagenturen unterschrieben zu haben, will sie aber für normale Marketingaufträge der Telekom gehalten und von der Verbindung zum BZÖ nichts mitbekommen haben. Nicht schuldig bekennt sich auch der damalige BZÖ-Werber Kurt S. Er bestätigte zwar die Finanzierung über die Telekom, will aber davon ausgegangen sein, “dass das in Ordnung ist”. Ähnlich Pöchinger, der – wie er sagte – von einer Parteispende der Telekom ausging. Eccher weist den Geldwäsche-Vorwurf von sich und betont, von “Telekom-Schmiergeldern” nichts gewusst zu haben.

Schlussplädoyers am späten Nachmittag

Zu beurteilen hat diese Fragen letztlich das Gericht, das am Nachmittag allerdings noch mit der Verlesung von Aktenbestandteilen beschäftigt war. Im Anschluss – voraussichtlich am späten Nachmittag – sollten die Schlussplädoyers von Anklage und Verteidigung beginnen, bevor sich das Gericht zur Urteilsberatung zurückzieht. Einen Antrag des BZÖ-Anwalts Alexander Scheer auf Vertagung des Prozesses hat das Gericht zwischenzeitlich abgelehnt. Der Partei droht im Prozess eine Strafzahlung von rund 940.000 Euro. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

(APA/ red)

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