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"Talentierte dürfen ein Jahr früher maturieren"

SPÖ-Bildungssprecher Elmar Mayer über die geplante Oberstufenreform. Die Reform beschränke sich nicht auf „Aufsteigen mit drei Nichtgenügend“, betont Mayer.
"Coaching anstelle von Aufschiebung in Oberstufen"
Herr Mayer, als SPÖ-Bildungssprecher sind Sie – neben Unterrichtsministerin Schmied und ÖVP-Vertreter Amon – an der Oberstufenreform beteiligt. Die Aufregung darüber ist groß, schließlich soll es an allgemein- und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen möglich werden, mit drei Nichtgenügend aufzusteigen. Was ist Ihnen da eingefallen?

Elmar Mayer: Drei Nichtgenügend sind der absolute Ausnahmefall, davon sind nicht massenhaft viele Schüler betroffen. Wie wir darauf gekommen sind? Bei den bisherigen Schulversuchen hat man die Erfahrung gemacht, dass es durch das neue Fördersystem möglich ist, bis zu drei Nichtgenügend auszumerzen. Wobei man nicht vergessen darf, dass Fünfer nicht immer etwas mit einer generellen Leistungsschwäche zu tun haben müssen. Sie können auch darauf zurückzuführen sein, dass Kinder unter Scheidungen und Beziehungsproblemen leiden. Das muss man abfangen.

Muss man nicht neue Probleme befürchten, wenn man trotz negativer Beurteilung aufsteigen darf? Obwohl der alte Stoff noch nicht erledigt ist, kommt schließlich neuer dazu.

Mayer: Vorgesehen ist, dass man nur das, was man negativ abgeschlossen hat, wiederholen muss. Wobei es eine individuelle Betreuung geben wird. Damit fällt im Übrigen auch die teure Nachhilfe weg. Das ist ein wichtiger Punkt: Wenn sich Eltern die Nachhilfe nicht leisten können, ist der Schüler bisher auf der Strecke geblieben. Aber natürlich soll es auch in Zukunft möglich sein, ein Wiederholungsjahr zu machen – dann zum Beispiel, wenn man das Gefühl hat, nicht mehr mitzukommen. In diesem Wiederholungsjahr soll man sich dann nur auf das konzentrieren können, wo es Schwächen gibt. Also: Man muss das Gesamtpaket sehen. Das Schlagwort „Aufsteigen mit drei Nichtgenügend“ allein wäre furchtbar und auch pädagogisch absoluter Nonsens.

Welche Erfahrungen hat man bei den bisherigen Schulversuchen mit der „neuen Oberstufe“ gemacht?

Mayer: 60 Prozent der Klassenwiederholungen sind weggefallen.

Sie sprechen von Betreuung und Individualisierung. Was kann man sich darunter vorstellen?

Mayer: Die Schulen erhalten die Möglichkeit, das nach ganz klaren Vorgaben selber zu organisieren. Angedacht ist die individuelle Förderung des Schülers, wie man sie von der Nachhilfe kennt; der Schüler erhält von einem anderen Lehrer den Stoff, den er nicht bewältigt hat, außerhalb des gewöhnlichen Unterrichts noch einmal nähergebracht. Gibt es an einer Schule mehrere Schüler mit denselben Problemen, kann das auch in Kursen zusammengefasst werden.

Damit bekommen die Lehrer mehr zu tun.

Mayer: Die Mehrdienstleistungen werden bezahlt.

Was haben gute Schüler von der Individualisierung?

Mayer: Auch das wird der Gesetzesentwurf ausdrücklich vorsehen: Schüler können ein Fach, in dem sie gut drauf sind, früher abschließen. Sie können auch sagen: Okay, ich bin in allen Fächern gut drauf und schaue, dass ich ein Jahr früher bei der Matura dabei bin. Zwar ist es auch jetzt schon möglich, eine Klasse zu überspringen; aber das ist relativ schwierig. Außerdem kennen wir das hauptsächlich von den Volksschulen, an der Oberstufe ist das selten der Fall.

Im Klartext: Talentierte Schüler dürfen ein Jahr früher maturieren?

Mayer: Wer die Maturaberechtigung erreicht hat, kann bis zu einem Jahr früher maturieren. Das ist ein wichtiger Schritt zur Begabtenförderung.

Wann steht die Reform?

Mayer: Vorerst kommen weitere Schulversuche – u. a. an den BG Lauterach und Bregenz-Blumenstraße. 2016 sollte die neue Oberstufe flächendeckend umgesetzt sein.

VN

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