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Hoffnung auf politische Lösung in Syrien nimmt wieder zu

Syrien will seine Chemiewaffen offenbar unter internationale Kontrolle stellen.
Syrien will seine Chemiewaffen offenbar unter internationale Kontrolle stellen. ©AP (Themenbild)
Lange deutete alles auf einen unmittelbar bevorstehenden Militärschlag gegen Syrien hin, nun ist die Hoffnung auf eine politische Lösung größer denn je zuvor. Die syrische Regierung hat offenbar dem russischen Vorschlag, sein Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen, zugestimmt.
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Auch China und der Iran sowie Frankreich, Großbritannien und Deutschland begrüßten den Vorstoß. US-Präsident Barack Obama blieb zurückhaltend, sagte jedoch in einem TV-Interview, die russische Initiative könnte den Durchbruch in der Krise bringen.

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Die syrische Regierung habe sich bereits am Montagabend zur Annahme des russischen Vorschlages entschlossen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax Aussagen des syrischen Außenministers Walid Mouallem gegenüber dem Präsidenten der russischen Duma: “Wir hatten gestern sehr fruchtbar Gespräche mit Außenminister Sergej Lawrow und er hat eine Chemiewaffen-Initiative vorgeschlagen. Und am Abend haben wir uns geeinigt, der russischen Initiative zuzustimmen.”

Russland hatte eine Äußerung von US-Außenminister John Kerry aufgegriffen, wonach Assad einen Militärschlag noch verhindern könne, wenn er “jede einzelne Chemiewaffe in der nächsten Woche” an die internationale Gemeinschaft übergebe. Am Dienstag fügte Lawrow hinzu, sein Land arbeite mit Syrien bereits an einem Plan, wie die Chemiewaffen unter internationale Kontrolle gebracht werden könnten. Der “wirkungsvolle, konkrete” Plan werde bald vorgestellt und mit den Vereinten Nationen konkretisiert werden.

Obama nimmt Finger vom Abzug

“Meine Präferenz war immer eine diplomatische Lösung für dieses Problem”, sagte Obama in einem Interview mit dem US-Sender NBC am Montagabend (Ortszeit). Kerry werde mit seinen internationalen Kollegen daran arbeiten, ob sich etwas Ernsthaftes und Durchsetzbares aus dem Vorschlag ergebe, fügte er gegenüber CNN hinzu. Der US-Präsident gab sich jedoch skeptisch: Es könne sich um eine Hinhaltetaktik Assads halten. Außerdem sei der Konflikt nicht gelöst, wenn die Chemiewaffen übergeben seien. US-Vertreter erklärten, Kerrys Vorschlag sei rein “rhetorisch” gewesen, auch der Außenminister sei zurückhaltend.

Unterstützung aus China

Das Außenministerium in Peking erklärte, China unterstütze den Vorschlag Russlands. Beide Veto-Mächte blockieren bisher im UNO-Sicherheitsrat eine Resolution, mit der eine völkerrechtliche Legitimation für eine Strafaktion wegen des Einsatzes von Chemiewaffen am 21. August gelegt würde. Zustimmende Signale kamen auch aus dem Iran. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, die russische Initiative bewege sich innerhalb der Bemühungen, den Militarismus in der Region zu stoppen. Iran ist der wichtigste Verbündete Assads.

Syrische Rebellen und Türkei skeptisch

Skeptisch äußerten sich hingegen syrische Rebellengruppen und die Türkei. “Wir glauben, dass das syrische Regime nur versucht, sich Zeit zu erkaufen”, sagte ein Sprecher der von Deserteuren gegründete Freien Syrischen Armee (FSA) am Montag. Ähnlich äußerte sich auch die Syrische Nationale Koalition. Ein weiteres Zuwarten in Syrien käme einem “grünen Licht für weitere Massaker” gleich, erklärte der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu.

Ban: Syrische Chemiewaffen “zerstören”

Experten nehmen an, dass Syrien über erhebliche Lagerbestände an Sarin, Senfgas und dem Nervengas VX verfügt. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon schlug vor, die Chemiewaffen in Syrien unter UNO-Aufsicht zu zerstören. “Ich erwäge, dem UNO-Sicherheitsrat vorzuschlagen zu verlangen, dass alle syrischen Chemiewaffen und ihre Ausgangsstoffe zu Orten in Syrien gebracht werden, wo sich sicher gelagert und zerstört werden können.”

Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bekräftigte vor diesem Hintergrund am Dienstag, sein Angebot österreichische ABC-Experten nach Syrien zu entsenden. Bedingung sei jedoch weiterhin ein entsprechendes UNO-Mandat, eine vorherige politische Lösung des Konfliktes sowie vorhandene Infrastruktur, um die Waffen zu “demontieren”. Ob man auch dann Österreicher entsende, wenn lediglich “sichere Zonen” eingerichtet würden, die Bürgerkriegshandlungen jedoch fortgesetzt würden, müsste man “streng prüfen”, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Auch Deutschland erwägt nach Angaben von Außenminister Guido Westerwelle, Chemiewaffenexperten nach Syrien zu schicken.

Frankreich will Resolutionsentwurf einbringen

Frankreich kündigte an, am Dienstag einen entsprechenden Resolutionsentwurf in das Gremium einbringen zu wollen. Dieser macht allerdings auch das syrische Regime für den Giftgasangriff am 21. August verantwortlich und sieht für den Fall der Nichtbeachtung Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen vor. Dies würde Militärschläge gegen das Assad-Regime einschließen. Deshalb ist die Zustimmung Chinas und Russlands fraglich. Wann der UNO-Sicherheitsrat über das Thema beraten soll, war vorerst unklar.

US-Senat verschiebt Probeabstimmung

Wegen des russischen Vorschlags verschob der US-Senat eine ursprünglich für Mittwoch geplante Probeabstimmung über die Angriffspläne Obamas. Allerdings sollen die Abgeordneten noch in der laufenden Woche entscheiden, ob sie für oder dagegen sind. Selbst Obama zweifelt, dass die Mehrheit der Abgeordneten einem begrenzten Militärschlag zustimmt. “Wissen Sie, ich würde nicht sagen, dass ich zuversichtlich bin”, sagte er zu NBC. Gegenüber PBS betonte er nochmals, dass man “unseren Kinder keine Welt hinterlassen darf, in der andere Kinder Opfer von Nervengas werden”. Einer Reuters/Ipos-Umfrage zufolge sind 63 Prozent der US-Bürger gegen einen Angriff und 16 Prozent dafür. Am Abend wollte Obama seine Politik in einer großen TV-Rede erklären.

Zum Thema: Die Chemiewaffenkonvention und ihre Wächter.

(APA/ red)

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