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Syrien-Krieg: Befürworter und Gegner einer militärischen Intervention

Intervention in Syrien: "Koalition der Willigen" steht Russland, China und dem Iran gegenüber
Intervention in Syrien: "Koalition der Willigen" steht Russland, China und dem Iran gegenüber ©AP
Die Anzeichen, dass ein Militärschlag westlicher Staaten gegen die syrische Armee unmittelbar bevorstehen könnte, häufen sich. Eine "Koalition der Willigen" rund um die USA, Großbritannien und Frankreich könnte auch ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrates einschreiten.

Klar Position gegen eine militärische Intervention beziehen die Vetomächte Russland und China sowie der Iran und Polen. Auch Österreich stellte sich gegen ein militärisches Eingreifen, besonders wenn dieses ohne UNO-Mandat erfolgen sollte. Anbei die Positionen der einzelnen Staaten im Detail:

Dafür:

USA: Präsident Barack Obama hat den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien als “rote Linie” definiert, nun hält die Regierung in Washington ein Eingreifen offenbar für erforderlich. Die USA ziehen laut Zeitungsberichten einen zeitlich und räumlich eng begrenzten Einsatz ihrer Armee in Betracht. Über gezielte Luftangriffe kann Obama ohne Zustimmung des US-Kongresses entscheiden.

Großbritannien: Die britische Regierung steht fest an der Seite der USA. Premierminister David Cameron lässt das britische Militär einen Einsatz vorbereiten, zudem holt er das Parlament aus der Sommerpause, um am Donnerstag über das weitere Vorgehen abstimmen zu lassen. Noch am Mittwoch will London dem UNO-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorlegen, der “notwendige Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten” vorsieht.

Frankreich: Präsident Francois Hollande hat mit Nachdruck eine “gemeinsame Antwort” des Westens auf den Chemiewaffeneinsatz gefordert. Frankreich hat schon in Libyen und Mali gezeigt, dass es nicht vor riskanten Militäreinsätzen zurückschreckt. Einem begrenzten Einsatz muss das französische Parlament nicht zustimmen.

Deutschland: Militärischen Einsätzen steht Deutschland stets zurückhaltend gegenüber, zuletzt waren jedoch schärfere Töne zu hören. Entwicklungsminister Dirk Niebel kündigte politische Unterstützung für einen Militäreinsatz an, stellte aber klar: “Ich gehe fest davon aus, dass es keine deutschen Kampftruppen in Syrien geben wird.”

Dänemark: Auch Dänemark überlegt, sich an “einer Koalition der Willigen” zu beteiligen. Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt, sagte am Dienstag, Dänemark “erwäge Alternativen”, falls sich der UNO-Sicherheitsrat nicht zu gemeinsamen Sanktionen entschließt.

Australien: Australien will einen Militärschlag gegen Syrien auch ohne UNO-Mandat unterstützen. Sollte bewiesen werden, dass die syrische Regierung Giftgas eingesetzt hat, müsse reagiert werden, sagte Außenminister Bob Carr am Mittwoch. Australien übernimmt am Sonntag den Vorsitz des UNO-Sicherheitsrats. “Wie alle anderen auch bevorzugen wir eine Reaktion mit UNO-Mandat. Sollte das aber nicht möglich sein, verlangt der blanke Horror, dass eine Regierung Chemiewaffen gegen ihr eigenes Volk einsetzt, eine Antwort”, so Carr.

Türkei: Die Türkei sieht sich durch den Bürgerkrieg in Syrien bedroht und ist dazu bereit, sich einer internationalen Koalition anzuschließen. Das Parlament hat bereits Anfang Oktober 2012 ein einjähriges Mandat für einen Militäreinsatz auf syrischem Boden erteilt. In der Türkei ist aber eine Debatte darüber entbrannt, ob für die Beteiligung an einem Militärschlag eine erneute Zustimmung des Parlaments nötig ist.

Arabische Staaten: Die Arabische Liga macht die syrische Führung für den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz verantwortlich. Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen die syrischen Rebellen und könnten sich auch einem Militäreinsatz anschließen.

Dafür mit Vorbehalten:

Italien: Die Regierung in Rom will sich an militärischen Handlungen ohne ein entsprechendes Mandat des UNO-Sicherheitsrats nicht beteiligen. Das Land hat allerdings nicht ausgeschlossen, wie schon beim NATO-Einsatz in Libyen, den Partnern seine Luftwaffenstützpunkte zur Verfügung zu stellen.

Schweden: Kritisch an einem Militäreinsatz ohne UNO-Deckung zeigte sich auch Schwedens Außenminister Carl Bildt. Ein “deutliches Agieren” sei zwar notwendig, so der schwedische Außenminister in einem Blogeintrag, “aber ein solches sollte auf solider völkerrechtlicher Basis stehen, angemessen sein, breite Unterstützung genießen und vernünftige Aussichten haben, auch die politischen Ziele, die damit verfolgt werden, zu erreichen.

Keine eindeutige Position:

Israel: Die israelische Regierung hat wiederholt betont, sie werde sich in den syrischen Bürgerkrieg nicht einmischen. Sie beschuldigte die Regierung in Damaskus jedoch der Giftgasangriffe und bezeichnete diese als “Verbrechen”. Justizministerin Tzipi Livni sagte in der Debatte um einen möglichen Militärschlag, US-Präsident Barack Obama müsse “sehr dramatische Entscheidungen treffen”. Da Israel die syrischen Golanhöhen besetzt hält und daher von den meisten Syrern als Feind betrachtet wird, ist der jüdische Staat das einzige Nachbarland ohne syrische Flüchtlinge. In den vergangenen Monaten hatte Israel mehrfach Ziele in Syrien angegriffen. Dabei soll es um die Zerstörung von Waffen gegangen sein, die angeblich an die libanesische Hisbollah-Miliz weitergereicht werden sollten.

Jordanien: Der jordanische König ist ein treuer Verbündeter Washingtons und unterstützt schon deshalb den Militäreinsatz gegen Syrien. Das Königreich sehnt zudem ein Ende des Flüchtlingsstroms herbei, der für das rohstoffarme Land zu einer Belastung geworden ist. Gleichzeitig bemühen sich Abdullah II. und die Regierung aber, außerhalb der Schusslinie zu bleiben. Obwohl diese Woche in Amman ein wichtiges Treffen westlicher und arabischer Militärs stattfand, bei dem Angriffsszenarien besprochen wurden, und die USA Kampfflugzeuge nach Jordanien verlegt haben, betont die Führung, die Militäreinsätze würden nicht von Jordanien aus geführt. Das Königreich befürchtet Vergeltungsschläge der Syrer, möglicherweise mit Unterstützung des Iran.

Libanon: Die Libanesen sind in der Frage eines Angriffs und auch über den Syrienkrieg allgemein gespalten. Die schiitische Hisbollah kämpft auf der Seite des Regimes. Einige Sunniten unterstützen die Rebellen, vorwiegend mit Geld und indem sie ihnen Unterschlupf gewähren. Der Libanon hat die Grenze nach Syrien nie geschlossen. Flüchtlinge erhalten jedoch kaum Hilfe. Sowohl die Rebellen als auch das syrische Regime haben mutmaßliche Gegner auf libanesischem Staatsgebiet nahe der Grenze angegriffen.

Dagegen:

Russland: Russland warnte vehement vor einem Angriff auf militärische Einrichtungen in Syrien als Reaktion auf den vermuteten Einsatz von Chemiewaffen. Dies werde nicht nur Syrien, sondern die ganze Region destabilisieren, erklärte Außenminister Sergej Lawrow bereits mehrmals. Russland hält es zudem für möglich, dass die syrische Opposition hinter dem Giftgasangriff im Umland von Damaskus steht und damit “provozieren” wollte.

China: China warnte ebenfalls vor einem Militäreinsatz in Syrien. Ein solcher Angriff wäre gefährlich und unverantwortlich, hieß es in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag. Die Welt sollte sich zudem daran erinnern, dass der Krieg im Irak von den USA damit begründet worden sei, dass es Massenvernichtungswaffen in dem Land gebe. Das habe sich später bekanntermaßen als falsch herausgestellt. Xinhua gilt als inoffizielles Organ der chinesischen Regierung.

Iran: Der Iran hat ebenfalls bereits mehrmals vor einem westlichen Angriff auf das syrische Regime gewarnt und argumentiert, dass ein Angriff ohne UNO-Mandat gegen das Völkerrecht verstoßen würde. Am Mittwoch drohte Parlamentspräsident Ali Larijani zudem mit möglichen Konsequenzen für Israel: “Wir warnen den Westen. Im Falle eines Krieges sollten sie sich auch um ihr illegitimes Kind (Israel, Anm.) in der Region große Sorgen machen.”

Polen: Der polnische Regierungschef Donald Tusk schließt eine Beteiligung seines Landes an einer Militärintervention in Syrien aus. “Ich teile nicht den Glauben und Enthusiasmus derjenigen, die meinen, eine solche Intervention würde zu Ergebnissen führen”, sagte der liberal-konservative Politiker am Mittwoch in Warschau.

Österreich: Sowohl die Regierungs- als auch die Oppositionsparteien in Österreich treten gegen ein militärisches Einschreiten in Syrien ein, besonders wenn dieses ohne UNO-Mandat erfolgen sollte. Eine APA-Nachfrage bei allen Parteien ergab, dass man einen einseitigen Militärschlag nicht gut heißen könne. Die unabhängige Untersuchung der UNO-Inspektoren müsse abgewartet werden, bevor andere Schritte ergriffen werden können. Je nach Ergebnis der Untersuchung der Vereinten Nationen müssen die Verantwortlichen vor einen internationalen Gerichtshof gestellt werden, waren sich sowohl ÖVP als auch SPÖ einig.

(APA)

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