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Größte Protestdemonstration in Griechenland seit Beginn der Krise

An den Flughäfen herrscht Stillstand
An den Flughäfen herrscht Stillstand ©AP
In Griechenland haben die Gewerkschaften am Mittwoch die bisher größten Protestdemonstrationen seit Beginn der Finanzkrise organisiert. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich über 125.000 Menschen an den großen Kundgebungen in Athen, Thessaloniki, Patras und Heraklion. Das öffentliche Leben wurde am Vormittag weitgehend lahmgelegt. Zu den Streikenden zählten Fluglotsen, Busfahrer, Taxifahrer, Beamte, Ärzte, Lehrer, Tankstellenpächter, Seeleute und Bäcker.
Generalstreik legt Griechenland lahm

Die größten Demonstrationen gab es in der Hauptstadt Athen, wo die Demonstranten in vier Kolonnen zum Parlament am Syntagma-Platz zogen. Für Athen sprach die Polizei am Mittag von 70.000 Demonstranten. Mindestens 3.000 Polizisten waren mobilisiert, um Zwischenfälle zu vermeiden und Regierungsgebäude und Botschaften zu schützen. Zu Mittag kam es dennoch zu ersten Zusammenstößen. Rund 200 jugendliche Demonstranten lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei, einige warfen Brandsätze und Steine. Die Polizei setzte Tränengas ein. Schulen, Behörden, Ministerien und Geschäfte blieben geschlossen.

Zu dem zweitägigen Streik riefen die beiden größten griechischen Gewerkschaftsverbände des privaten und öffentlichen Sektors auf. Der Protest richtet sich gegen die für Donnerstag im Parlament geplante Verabschiedung eines neuen Sparpakets, das unter anderem die schrittweise Entlassung von 30.000 Staatsbediensteten vorsieht. Zugleich sollen die Gehälter und Löhne von Beamten und Beschäftigten des öffentlichen Diensts um weitere 20 Prozent gekürzt sowie neue Steuern erhoben werden.

Als erste starteten die Fluglotsen die Streikwelle. Die Fluglotsen legten am Mittwoch für zwölf Stunden die Arbeit nieder und verhinderten so Starts und Landungen von Flugzeugen. Der griechische Luftraum blieb seit Mittwoch Mitternacht für alle kommerzielle Flüge von und nach Griechenland geschlossen. Viele Flüge wurden verschoben oder fielen aus. Der Flugbetrieb sollte ab 11.00 Uhr (MESZ) wieder aufgenommen werden.

Auch die Seeleute setzten ihren seit Tagen andauernden Ausstand fort. Am Morgen versammelten sich rund 400 Hafenmitarbeiter vor den Toren von Piräus, dem größten Hafen des Landes. Vor dem Justizministerium trafen sich etwa 1.000 Strafvollzugsbeamte.

Im hoch verschuldeten Griechenland finden seit Wochen immer wieder Streiks aus Protest gegen den Sparkurs der Regierung statt. Alle Appelle von Ministerpräsident Giorgos Papandreou an sein Volk sind bisher verpufft. Er wandte sich zuletzt eindringlich am Dienstagabend an die Griechen und verglich die Situation des Landes mit einer Art Kriegszustand. “Wir müssen durchhalten in diesem Krieg als Volk, als Regierung, als parlamentarische Gruppe, für das Land, um ihn zu gewinnen”, sagte der Regierungschef. “Wir werden für das Land siegen, wir werden durchhalten.”

Es wird erwartet, dass Papandreou zwar nur eine dünne Mehrheit von vier Sitzen reicht, um das neue Gesetz auf den Weg zu bringen. Allerdings hatte erst am Montag ein Abgeordneter der regierenden Pasok-Partei sein Mandat zurückgegeben, weil er gegen die Pläne ist.

Die Gewerkschaften laufen bereits seit zwei Jahren Sturm gegen den Sparkurs. “Wir werden eine laute Botschaft an die Regierung und das politische System senden”, sagte der Chef der Gewerkschaft Adedy, Costas Tsikrikas. Auf den Bannern der Demonstranten waren Slogans wie “Die Macht dem Volk” oder “Die Regierung muss stürzen” zu lesen. Abseits der Proteste blieb es ruhig in den Straßen Athens. Dort waren die Schaufenster geschlossener Geschäfte mit Postern beklebt, auf denen stand: “Wir schließen für heute, so dass wir nicht für immer schließen müssen.”

Griechenland muss harte Spar- und Reformauflagen erfüllen, im Gegenzug für Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). Ohne fremde Hilfe kann das Land seine Schulden nicht mehr bedienen. Ein Zahlungsausfall aber könnte die gesamte Euro-Zone in eine tiefe Krise stürzen. Das Land steckt das dritte Jahr in Folge in der Rezession. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf 162 Prozent der Wirtschaftsleistung. Beim EU-Gipfel am Sonntag in Brüssel soll eine Strategie für das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise vorgestellt werden.

APA

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