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Sobotka nennt Kanzler Kern einen "Versager"

Kern fordert "Vernunft" vom Koalitionspartner.
Kern fordert "Vernunft" vom Koalitionspartner. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Der Ton in der Bundesregierung wird wieder rauer. Der Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wirft Regierungschef Christian Kern (SPÖ) ein "Versagen als Kanzler" vor. "Für Kern ist der Zug abgefahren", sagte Sobotka der Tageszeitung "Kurier" (Montag).

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) stichelt wieder einmal gegen Kanzler Christian Kern (SPÖ) und wirft ihm “Versagen” vor. Als neue Hürde in der Regierungsarbeit stellte Sobotka im “Kurier” (Montag-Ausgabe) außerdem die Forderung auf, die Abschaffung der Kalten Progression mit einer Sozialsystem-Reform zu junktimieren. Zudem droht Sobotka mit einem Veto bei der Bildungsreform.

“Zu spät für Umkehr”

Einmal mehr machte Sobotka den “Dauerwahlkampf” des Kanzlers für den schlechten Zustand der Koalition verantwortlich. Infolge von Kerns “Versagen als Kanzler” habe jeder Minister für seinen Bereich eine eigene Politik entwickelt. “Für eine Umkehr ist es zu spät, denn damit würden sich alle anderen in der Regierung unglaubwürdig machen. Für Kern ist der Zug abgefahren”, meinte Sobotka.

Für das Dauerstreitthema Kalte Progression schüttelt Sobotka nun außerdem eine neue Hürde aus dem Ärmel: Er will nämlich eine Verknüpfung mit der von ihm als NÖAAB-Obmann kürzlich vorgeschlagenen Reform des Sozialsystems. “Ohne Reform von Arbeitslosenbezug, Mindestsicherung und Notstandshilfe macht die Abschaffung der kalten Progression keinen Sinn. Ich bin für ein Junktim.”

Veto angedroht

“Genau anschauen” will sich Sobotka zudem die geplante Bildungsreform. “Es ist durchaus möglich, dass ich gegen die Bildungsreform stimme, wenn bestimmte Bedingungen für die schulische Arbeit nicht erfüllt sind.” Als ein mögliches Beispiel für sein Veto im Ministerrat nennt Sobotka den “Nicht-Erhalt der Sonderschule”.

Nicht wirklich freuen dürfte sich der Koalitionspartner auch darüber, dass Sobotka nun einen Gesetzesentwurf für mehr Videoüberwachung in Begutachtung schicken will – laut “Kurier” nämlich ohne Sanktus der SPÖ. Die Eckpfeiler stehen im aktuellen Regierungsprogramm: Es geht etwa um die automatische Kennzeichenerfassung, akustische Überwachung im Auto und eine Ausweispflicht beim Erwerb einer SIM-Wertkarte. Sobotka will zudem eine Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und die gesammelten Daten länger speichern dürfen.

SPÖ: “Fast täglich grüßt das Murmeltier”

“Fast täglich grüßt das Murmeltier”, kommentierte dies SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda in einem Tweet die Äußerungen Sobotkas. Bundeskanzler Kern forderte am Montag am Rande eine Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkriegs “Vernunft” vom Koalitionspartner ein. “Wenn diese Regierungszusammenarbeit von einzelnen aufgrund persönlicher, egoistischer Eigeninteressen, mutwillig zerstört wird, dann muss allen bewusst sein, dass man hier der freiheitlichen Partei den roten Teppich in die nächste Regierung ausrollt. Das muss jeder für sich verantworten, ob er das für richtig hält oder nicht”, sagte Kern im Ö1-“Mittagsjournal” in Richtung ÖVP.

Sobotka hatte schon beim Regierungs-Update Ende Jänner für Irritationen gesorgt. Damals drohte der Minister, seine Unterschrift nicht unter das Verhandlungswerk setzen zu wollen. Kanzler Kern und Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner stellten für diesen Fall den Rauswurf aus der Regierung in Aussicht, Sobotka unterschrieb.

SP-Schieder: “Auf gutem Weg”

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht die Regierung ein Jahr nach ihrem Neustart unter Bundeskanzler Kern trotz der aktuellen Misstöne auf gutem Weg. “Die politischen Ergebnisse der letzten Monate sind absolut herzeigbar”, erklärte Schieder. “Auch wenn manche in der Koalition lieber bremsen und blockieren als gemeinsam Sacharbeit zu machen, ist es gelungen, in wesentlichen Bereichen etwas weiterzubringen”, so der SP-Klubchef. Über politische Fortschritte und Verbesserungen für die Mittelschicht will die SPÖ-Parlamentsfraktion nun in einer kleinen Inseratenkampagne informieren. Und Schieder will bis zum Ende der Legislaturperiode weiterarbeiten, wie der SPÖ-Politiker einmal mehr betonte.

Punkto Abfederung der kalten Progression wird in der Koalition unterdessen auch für die dieswöchige Ministerratssitzung nicht mit einer Einigung gerechnet. Ein ursprünglich für Montag anberaumtes Verhandlungsgespräch musste aus terminlichen Gründen abgesagt werden. Eine Einigung in der Koordinierungssitzung für den Ministerrat schien eher unwahrscheinlich, hieß es aus Regierungskreisen.

(APA)

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