Der 30-jährige Snowden halte sich an einem sicheren Ort auf. “Er ist derzeit einer der meistgesuchten Menschen der Welt”, sagte der als Kreml-nah bekannte Kutscherena. Der US-Bürger Snowden war Ende Juni von Hongkong aus nach Moskau geflogen. Er enthüllte Spähprogramme der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste und wird deswegen von den Behörden seines Heimatlandes gesucht.
“Derzeit keine Reisepläne”
Der von den USA gejagte Geheimdienstexperte Edward Snowden will nach Verlassen des Moskauer Flughafens Scheremetjewo seinem Anwalt zufolge vorerst in Russland bleiben. “Er hat derzeit nicht die Absicht, nach Lateinamerika zu fliegen”, sagte Snowdens russischer Anwalt Anatoli Kutscherena am Donnerstag der Agentur ITAR-TASS zufolge. Dort hatten Venezuela, Ecuador und Bolivien dem US-Bürger Snowden Zuflucht angeboten. Der 30-Jährige habe ihm gegenüber angedeutet, dass irgendwann sein nächstes Reiseziel in Europa liegen könnte, sagte Kutscherena. “Die Entscheidung trifft allein er. Zunächst wird er sich auf russischem Gebiet aufhalten.”
Die prominente russische Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina begrüßte die Entscheidung der Führung in Moskau, Snowden vorläufiges Asyl zu genehmigen. “Ich bin sehr froh, dass er Zuflucht bekommt”, sagte Gannuschkina. Die russische Migrationsbehörde bestätigte, dass sie Snowden ein entsprechendes Dokument mit einjähriger Laufzeit ausgestellt habe.
Es handle sich um einen “völlig normalen Fall”, behauptete Sprecherin Salina Kornilowa. “Die Causa Snowden ist kein Einzelfall. Allein in diesem Jahr haben wir mehr als 1000 solcher Anträge schon bearbeitet”, sagte sie. Snowden hatte den Flughafen nach mehr als einem Monat unbemerkt von der Öffentlichkeit verlassen.
Dank an Russland für Asyl
Nach dem Verlassen des Moskauer Flughafens Scheremetjewo hat der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden Russland für die Gewährung von Asyl gedankt. In der Erklärung, die am Donnerstag auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurde, warf er der US-Regierung die Missachtung einheimischen und internationalen Rechts vor. Am Ende jedoch habe das Recht gesiegt, erklärte der 30-jährige Computerspezialist wenige Stunden nach Verlassen des Transitbereichs, wo er mehr als vier Wochen festgesessen hatte.
Snowden hatte Anfang Juni durch die Enthüllung geheimer Programme zur Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation weltweit für Aufsehen gesorgt. Am 23. Juni flog er dann von Hongkong nach Moskau, strandete aber auf dem Flughafen Scheremetjewo. Da die USA seine Reisedokumente für ungültig erklärten, konnte er nicht weiterreisen, aber auch nicht den Transitbereich verlassen. Er beantragte in Russland sowie in anderen Staaten Asyl. Erst nach langem Zögern gewährte ihm Russland am Donnerstag ein Jahr temporäres Asyl.
Snowdens Vater dankte den russischen Behörden. Im russischen Fernsehsender Rossija 24 deutete Lon Snowden an, dass die Rolle seines Sohns bei der Enthüllung der Aktivitäten des US-Geheimdiensts vorüber sei. Auf die Frage nach einem Wikipedia-Tweet, “Wir haben die Schlacht gewonnen – nun der Krieg”, sagte der Vater, für seinen Sohn sei er vorbei. “Es war eine einmalige selbstlose Tat, die Wahrheit zu teilen”, sagte Lon Snowden. Russland hatte als Bedingung für die Gewährung genannt, dass er nicht weiter den USA mit Enthüllungen schade.
Beziehungen zwischen Russland und den USA auf harte Probe gestellt
Der Fall hat die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und den USA belastet. US-Justizminister Eric Holder hatte in der vergangenen Woche erklärt, Snowden drohten in seiner Heimat weder Todesstrafe noch Folter. Damit hatte der 30-Jährige in seinem Asylantrag argumentiert. Präsident Wladimir Putin hat mehrfach eine Auslieferung Snowdens ausgeschlossen. Er erklärte aber auch, das Verhältnis zu den USA wegen der Spionageaffäre nicht gefährden zu wollen. Deshalb könne Snowden nur dann Asyl in Russland erhalten, wenn er seinem Heimatland nicht mehr schade.
Ein hoher Mitarbeiter Putins sagte, die Beziehungen zu den USA würden unter diesem “relativ unbedeutenden” Fall Snowden nicht leiden. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass US-Präsident Obama seinen Besuch anlässlich des G-20-Gipfels in St. Petersburg Anfang September absagen werde.
Die US-kritischen Staaten Venezuela, Bolivien und Nicaragua haben dem Computerexperten im Juli Asyl angeboten. Allerdings gibt es zwischen Moskau und diesen Ländern keine Direktflüge. Snowden war außerdem besorgt, dass die US-Behörden seine Maschine abfangen könnten.
USA warnte andere Staaten
Die USA haben andere Staaten gewarnt, dass die diplomatischen Beziehungen belastet würden, wenn sie dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter Unterschlupf oder freies Geleit gewähren würden. Die Regierung kritisierte etwa die Hongkonger Behörden, weil sie die Ausreise Snowdens nicht verhinderten.
Der Fall führte auch zwischen anderen Staaten zu Spannungen. So musste die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales in der Nacht von 2. auf 3. Juli in Wien zwischenlanden, weil ihm mehrere EU-Staaten eine Überfluggenehmigung verweigerten. Als Grund dafür wurden Gerüchte vermutet, dass sich Snowden an Bord befinden könnte. Die betroffenen Staaten, darunter Spanien, baten später für den Zwischenfall um Entschuldigung.
Snowdens Vater hatte seinem Sohn am Mittwoch empfohlen, in Russland zu bleiben. “Ich denke, dass Russland fest entschlossen und in der Lage ist, meinen Sohn zu beschützen”, sagte Lon Snowden dem Fernsehsender Rossia 24. “Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich in Russland bleiben.”
(APA)
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