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Sind tausende geförderte Solaranlagen in Vorarlberg mangelhaft?

Viele der thermischen Solaranlagen (Beispiel im Bildvordergrund) in Vorarlberg sollen gar nicht förderungswürdig ausgeführt sein.
Viele der thermischen Solaranlagen (Beispiel im Bildvordergrund) in Vorarlberg sollen gar nicht förderungswürdig ausgeführt sein. ©VOL.AT (Themenbild)
Stichproben des Energieinstituts zeigen seit mehr als zehn Jahren, dass die Mehrheit der überprüften, geförderten Solaranlagen maßgebliche Mängel aufweist.  Beim Land sollen die hohen Mängelquoten bekannt sein, reagiert wird trotz millionenschwerer Förderungen kaum.

Mit schweren Vorwürfen lässt die Wirtschaftspresseagentur (wpa) aufhorchen, was die Kontrolle von thermischen Solaranlagen angeht, für die vom Land Förderungen bezogen wurden. Nicht nur, dass ein großer Teil mangelhaft sein soll, und zwar so sehr dass die Förderungswürdigkeit nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus soll man beim Land Bescheid wissen – aber nicht reagieren.

Förderungen ohne Kontrolle

Das milliardenschwere Förderwesen in Österreich und auch in Vorarlberg steht seit Jahren in der Kritik. Immer wieder heißt es, dass Förderungen zu wenig auf ihre Sinnhaftigkeit, die Einhaltung der Kriterien und ihre Folgewirkungen hin untersucht werden.

Kurzum: Die Politik vergibt gerne Förderungen, aber eine ernsthafte, mit Konsequenzen verbundene Kontrolle beim Förderungsnehmer bleibt in den meisten Fällen aus. Bislang fehlen allerdings fast immer konkrete Zahlen, die solche Vorwürfe untermauern können.

Stichproben zeichnen düsteres Bild

Jetzt allerdings soll der Wirtschaftspresseagentur eine Reihe von nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Prüfberichten des Energieinstituts Vorarlberg aus den Jahren 2001 bis (mit Unterbrechungen) 2014 zugespielt worden sein, die das Energieinstitut im Auftrag des Landes Vorarlberg durchführte. Darin geht es unter anderem um die Qualität von öffentlich geförderten thermischen Solaranlagen und diversen Heizungsanlagen in Vorarlberg.

Die Mitarbeiter des Energieinstituts führen dabei landesweit stichprobenartig Überprüfungen bei Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen hinsichtlich Funktionalität sowie Betriebs- und Sicherheitsverhalten und der Einhaltung der Förderkriterien durch und übermitteln ihre Ergebnisse dem Land. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen können kaum schlechter ausfallen – und das über viele Jahre hinweg.

Ein Drittel mit schweren oder erheblichen Mängel

So zeigte eine Solaranlagen-Evaluation von 73 thermischen Solaranlagen in Vorarlberg schon im Jahr 2001, dass drei Viertel aller überprüften Anlagen diverse Mängel aufgewiesen haben. Bei 31 Prozent der Anlagen war von erheblichen und schweren Mängeln die Rede. Im Jahr 2007 war das Bild nicht viel besser. Dort zeigte eine Evaluierung von 100 geförderten thermischen Solaranlagen, dass 63 Prozent mit Mängeln behaftet waren.

Bei 29 Prozent stießen die Prüfer des Energieinstituts auf erhebliche oder schwere Mängel. Diese Fehlerkategorien bedeuten, dass die festgestellten Mängel mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf Funktion, Betrieb und Ertrag der Solaranlage haben. Im schlimmsten Fall ist die Funktions- und Betriebssicherheit nicht gegeben oder der Ertrag der Solaranlage ist stark reduziert oder gar nicht mehr vorhanden.

Mehr als Hälfte der Anlagen fehler- und mangelhaft

Bei einem Prüfbericht aus dem Jahr 2011 fehlt zwar eine Detailaufstellung der Fehlerquote bei den überprüften Heiz- und Warmwassererzeugungssystemen. Allerdings schreiben die Prüfer, dass von 21 überprüften Heizanlagen (Wärmepumpe, Pellets, Stückholz, Hackschnitzel, Nahwärme, thermische Solaranlage) elf Anlagen mangelhaft im Sinne der Förderkriterien waren. Das entspricht einer Quote von über 52 Prozent.

Im Jahr 2012 fiel das Urteil noch schlechter aus: Bei 22 überprüften thermischen Solaranlagen entsprachen 63 Prozent nicht den Förderkriterien. Diese Quote galt allerdings auch für die überprüften elf Wärmepumpen. Im Jahr 2013 berichtete das Energieinstitut an das Land Vorarlberg, dass 72 Prozent aller 29 überprüften thermischen Solaranlagen nicht den Förderkriterien entsprochen haben.

Bei den Wärmepumpen waren es 27 Prozent. Und auch keine wirkliche Verbesserung bei der Fehlerquote gab es im Vorjahr. Denn 2014 waren von 18 überprüften und öffentlich geförderten thermischen Solaranlagen 61 Prozent nicht entsprechend den Förderkriterien ausgeführt. Bei den Wärmepumpen waren es 38 Prozent. Das endete immer damit, dass die Förderungen nicht freigegeben wurden, bis die Mängel behoben wurden.

Gemeinnützigen Wohnbauträger arbeiten besser

Einen Hinweis in Bezug auf die überprüften Anlagen kam in fast jedem Bericht des Energieinstituts hinsichtlich der Qualität der Anlagen vor: “Die Qualität der haustechnischen Anlagen bei Wohnanlagen von gemeinnützigen Bauträgern ist im Vergleich zu Wohnanlagen, welche durch private Bauträger errichtet wurden, merklich höher. Die Bemühungen in der Nachbetreuung und zur Optimierung der Effizienz der Anlagen im Betrieb sind bei den gemeinnützigen Bauträgern vorbildhaft.”

13 Millionen Euro Förderungen für 5.200 Solaranlagen

Bei diesen Zahlen muss berücksichtigt werden, dass es sich hier nur um die Stichproben-Ergebnisse handelt. Der Löwenanteil aller öffentlich geförderten thermischen Solaranlagen oder Wärmepumpen etc. wird vom Fördergeber, dem Land Vorarlberg, niemals überprüft. Und dieser Löwenanteil hat es in sich: Gemäß einer Aufstellung der Energieabteilung beim Land Vorarlberg wurden allein in den Jahren 2010 bis 2014 bislang mehr als 5.200 thermische Solaranlagen in Vorarlberg mit mehr als 13 Millionen Euro an einmaligen Zuschüssen gefördert.

Diese Energieförderung ist an keine Einkommensgrenze geknüpft. Heuer wurden bislang 468 Solaranlagen-Förderungen bewilligt und ausbezahlt, wobei sich die Zahl der Förderanträge gegenüber den Vorjahren nahezu halbiert hat.

Politik reagiert offenbar kaum auf hohe Fehlerquoten

Legt man die hohen Mängelquoten aus den Stichproben an diesen Gesamtzahlen nur von 2010 bis 2014 an, so muss davon ausgegangen werden, dass in Vorarlberg ein paar Tausend Solaranlagen mangelhaft ausgeführt worden sind und den Bauherrn in diesen Fällen keine Förderung zustehen würde beziehungsweise die Förderung zurückbezahlt werden müsste. Dass diese Fehlerquote über Jahre hinweg auf gleich hohem Niveau verweilt, zeigt allerdings auch, dass auf Seiten des Fördergebers, also dem Land Vorarlberg, bislang offenbar nicht entsprechend auf diese Berichte des Energieinstituts reagiert wurde.

Ressortverantwortlich sind hier Landesrat Karlheinz Rüdisser für die Wohnbauförderung und Landesrat Erich Schwärzler für die Energieförderung. Schwärzler ist zudem seit Jahrzehnten Obmann des Vereins Energieinstitut Vorarlberg. Bekannt sein dürften die hohen Fehlerquoten allerdings auch Adi Gross, seit Oktober 2014 Klubobmann der Vorarlberger Grünen im Landtag. Denn Gross war zehn Jahre lang Geschäftsführer des Energieinstituts, bevor er zwischen 2011 und 2014 zum Energiebeauftragten des Landes wurde.

“Hohe Mängelquote bei Solaranlagen und Wärmepumpen”

Wilhelm Schlader vom Energieinstitut Vorarlberg bestätigte auf Anfrage, dass diese Berichte hinsichtlich der Qualitäts-Evaluierung von geförderten Heizungsanlagen und Solaranlagen existieren und regelmäßig dem Land als Auftraggeber übermittelt werden. Zudem sei korrekt, dass die Fehler- und Mängelquote bei thermischen Solaranlagen, aber auch bei Wärmepumpen, überdurchschnittlich und auffallend hoch sei.

Auf Details wollte er nicht eingehen. Als Energieinstitut sei man keine Behörde. Man könne den Fördergeber nur auf die Mängel hinweisen und in Zusammenarbeit mit den Installateurbetrieben diverse Informations- und Fortbildungsveranstaltungen anbieten, um das Bewusstsein bei den ausführenden Unternehmen zu schärfen.

Innungsmeister: “Da kann man nichts beschönigen”

Und auch unter Vorarlbergs Installateuren ist das Problem bekannt. “Man kann das nicht beschönigen. Wir kennen die Situation. Die Berichte mit diesen Fehlerquoten sind keine Übertreibung”, erklärte Innungsmeister Karlheinz Strele vom gleichnamigen Installationsunternehmen in Dornbirn. Man versuche seit Jahren, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg, in den Betrieben mehr Bewusstsein zu erzeugen. “Wir bieten Schulungen an und weisen dort auf die Fehler hin. Doch nach wie vor stolpern Branchenkollegen über die technischen und förderungsspezifischen Anforderungen”, so Strele.

Denn man müsse bei der Sache auch bedenken, dass sich oftmals jährlich diverse Vorgaben ändern würden, wodurch die Fehlerhaftigkeit ansteige. Insgesamt jedoch sei das Bewusstsein bei manchen Installateur-Betrieben “zu lasch und zu lax”, wenn es um die förderungskonforme Ausführung der Anlagen gehe. Vielleicht sei in dem Zusammenhang auch eine brancheninterne Selbstkontrolle zukünftig zielführend, so der Innungsmeister. “Die höchste Strafe, nämlich die gänzliche Streichung der Förderungen, wäre für manche Betriebe sicherlich die effizienteste Vorgehensweise, damit die Kriterien eingehalten werden.” (wpa/gübi)

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