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"Schwarzer Tag für die EU": Erste "Brexit"-Reaktionen aus dem Ländle

Entsetzte Ländle-Reaktionen.
Entsetzte Ländle-Reaktionen. ©VOL.AT/Lerch/Hofmeister/Paulitsch/Steurer
Von "Bedauern" bis zu "verheerendem Signal": So lauten die ersten Ländle-Reaktionen auf das EU-Aus der Briten. Landeshauptmann Markus Wallner spricht von einem schwarzen Tag für die EU.

Der Schock über den EU-Austritt der Briten sitzt auch in Vorarlberg tief: Den Abstimmungssieg der britischen EU-Austrittsbefürworter bezeichnet Landeshauptmann Markus Wallner als “schwarzen Tag für die EU und Großbritannien”. Er habe bis zum Schluss gehofft, dass sich das “Remain-Lager” durchsetze, nun müsse man das Ergebnis allerdings zur Kenntnis nehmen. Das Ergebnis stelle sowohl für die EU als auch für Großbritannien selbst eine Zäsur mit unabsehbaren Folgen dar.

Angesichts der Stimmen aus anderen EU-Ländern, in denen bereits ebenfalls über ähnliche Abstimmungen diskutiert werde, appelliert Wallner an alle EU-Befürworter die Reihen zu schließen. Das Ergebnis sei sicherlich Wasser auf die Mühlen vieler EU-Kritiker in anderen Mitgliedsstaaten der EU. Im besten Fall stelle das Ergebnis aber auch eine Chance dar, dass sich die europäischen Institutionen wieder zu einer engeren Zusammenarbeit finden könnten. “Die EU hat schon viele Krise überstanden und wird das auch dieses Mal tun, wenn man einen kühlen Kopf bewahrt”, zeigt sich Wallner optimistisch. “Aber dieser Warnschuss ist unüberhörbar.”

Welche Folgen der Brexit haben werde, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau beurteilen, allerdings seien schon die ersten Anzeichen nicht positiv. Der Britische Pfund befindet sich bereits auf Talfahrt und innerhalb Großbritanniens sind auch die politischen Folgen noch nicht absehbar, da etwa Schottland und auch Nordirland klar für den Verbleib in der EU gestimmt haben.

Grüne: “Verheerendes Signal und klarer Auftrag für Reformen!”

“Als Vorarlberger, der weiß, wie sehr wir wirtschaftlich von einer starken europäischen Union profitieren und abhängig sind, halte ich den Ausgang dieses Referendums für einen großen Schaden”, kommentiert der Grüne Landessprecher, Landesrat Johannes Rauch, das Abstimmungsergebnis in Großbritannien.

Es sei gleichzeitig auch ein verheerendes Signal an alle antieuropäischen Kräfte, die der Illusion anhängen, der Rückfall in Kleinstaaterei und nationales Gegeneinander sei die Lösung der großen anstehenden Herausforderungen – vom Klimawandel angefangen über die Flüchtlingskrise bis hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit. “Nichtsdestotrotz darf sich die Europäische Union nicht selber aufgeben, sondern muss dieses Referendum als klaren Auftrag verstehen: sich zu erneuern und zu reformieren, weil ein Weiter-wie-bisher nicht mehr möglich ist”, fordert Rauch.
Österreich müsse seine Rolle in diesem europäischen Reform- und „Re-Unionsprozess“ viel aktiver einnehmen als bisher – “ein umfassendes Betätigungsfeld für den Herrn Außenminister, weitab von boulevardjournalistischen Kurzauftritten”, sagt der Grüne Landessprecher.

SPÖ bedauert Brexit – sieht Neoliberalismus als Sackgasse

Mit Bedauern nimmt SPÖ-Chef Michael Ritsch das mehrheitliche Votum der Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union zur Kenntnis: “Es ist sehr schade, dass die Briten der großen europäischen Idee den Rücken kehren. Diese Entscheidung ist zu akzeptieren. Die Union muss jetzt Schritte setzen, weitere Ausstiege zu verhindern.” Dazu müsse die Europäische Union wieder die Herzen der Menschen erobern, so Michael Ritsch. Das bedeute vor allem, den neoliberalen Konzepten der letzten Jahre endlich den Rücken zu kehren und von einer Wirtschafts- und Bankenunion zu einer Sozialunion zu werden. Bei aller berechtigter Kritik an der EU stellt er dennoch fest: “Der Austritt aus der Union ist ein Weg in die Vergangenheit. Ich glaube nicht, dass die nationalstaatliche Eigenbrötlerei heute noch dazu tauglich ist, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen.”

Hinsichtlich Großbritannien müsse aber klar sein, dass nun Schluss sein muss mit dem „Britenrabatt“ und sonstigen Vergünstigungen, die das Land mit der EU ausverhandelt hat. Michael Ritsch: “Entweder, man ist Teil der EU oder nicht. Wer sich entschließt, auszutreten, soll auch mit keinen Sonderleistungen mehr rechnen dürfen. Alles andere wäre eine Einladung für weitere Staaten, es den Briten gleichzutun.”

NEOS: “Tragischer Tag” – fordern rasche Reformen

“Ein tragischer Tag für Europa! Ich bedauere die Entscheidung der britischen Bürgerinnen und Bürger. Trotzdem gilt es die Entscheidung zu respektieren”, kommentiert NEOS Landessprecherin Sabine Scheffknecht das Ergebnis des Referendums.

Wesentlich ist für Scheffknecht, die Frage, wie die EU jetzt weiter machen will. Es brauche einen EU Reformprozess. “Eines ist klar: Es muss jetzt möglichst rasch zu einer klaren Lösung zwischen Union und Großbritannien kommen. Wenn wir den Zusammenhalt in der EU stärken wollen, dann muss auch klar sein, dass derjenige, der seine Pflichten nicht mehr erfüllen will, auch seine Privilegien verliert”, betont Scheffknecht.

Starkes Kerneuropa statt politischer Basar

“Was wir definitiv nicht brauchen, ist, dass die Europäische Union in den kommenden zwei Jahren ihre Energie darauf verwendet, Wege zu suchen, die Briten doch noch irgendwie an Bord zu halten”, so Scheffknecht. Klar sei, “dass wir die EU reformieren müssen. Und das rasch und entschlossen. Wir müssen einen grundlegenden Wandel einleiten. Wir brauchen einen Reformkonvent, um die Europäische Union zukunftsfit zu machen. Das ist sie aktuell nicht. Besinnen wir uns wieder auf die ursprünglichen Ziele der Europäischen Union: Frieden, Wohlstand und Lebensqualität,” so die NEOS-Landessprecherin.

Dabei könne es nicht sein, dass sich einzelne Staaten Sonderrechte herausnehmen und mit Referendum-Drohungen versuchen, ihre persönlichen Interessen durchzusetzen. “Europa steht vor riesigen Herausforderungen und die können nur gemeinsam, im Rahmen einer starken Europäischen Union, angepackt und gelöst werden. Ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ist noch akzeptabel, ein Europa der unterschiedlichen Richtungen hingegen ganz und gar nicht. Bevor die EU zu einem Basar verkommt, ist es mir lieber, wir denken über ein eng abgestimmtes Kerneuropa nach”, betont Scheffknecht.

FPÖ: Brexit ist als Weckruf für Reformen und gegen EU-Zentralismus zu sehen

“Brexit ist als Weckruf für Reformen und gegen EU-Zentralismus zu sehen”, so kommentierte heute Freiheitlichen-Klubchef Daniel Allgäuer das jüngste Abstimmungsergebnis.

“Die EU-Verantwortlichen sind gefordert, umgehend einen umfassenden und tiefen Reformprozess einzuläuten. Im Konkreten würde dies bedeuten – massive Redimensionierung der europäischen Institutionen, Rückgabe von Entscheidungskompetenzen aus Brüssel, beispielsweise im Bereich der Landwirtschaft, sowie Konzentration auf Kernaufgaben, wie die gemeinsame Bewältigung der Migrationsströme”, erklärt FP-Allgäuer.

“Ebenfalls muss für die Zukunft klar gemacht werden, dass die Türkei kein Kandidat für einen Vollbeitritt sein kann. Jetzt gilt es, sich intern neu aufzustellen und nicht Debatten über den Beitritt von Ländern zu führen, die aufgrund ihrer Gestionen in einer Europäischen Union nichts verloren haben“, erteilt der freiheitliche Klubobmann einem möglichen Beitritt der Türkei eine klare Absage.

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