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Schwarzenberg: Prämie für Kindeserziehung zuhause als "falsches Zeichen"

Die Gemeinde Schwarzenberg wehrt sich gegen Kritik an ihrer Anerkennungszahlung für Kinder, die zuhause betreut werden. Aus Sicht der Frauenrechtler ist den Frauen in den Familien damit aber genau nicht geholfen.

Die Gemeinde Schwarzenberg unterstützt Familien, die ihre Kinder im eigenen Heim betreuen, mit 300 Euro im Jahr. “Das Ganze verstehen wir aber ganz klar als eine Honorierung der Wahlfreiheit für die unterschiedlichen Modelle der Kleinkindbetreuung, für die wir auch schon sehr viel Zuspruch erhalten haben. Es soll nicht ein Modell gegen das andere ausgespielt oder bevorzugt werden”, unterstreicht Bürgermeister Markus Flatz. Die Unterstützung wurde mit 15 gegen drei Stimmen der Gemeindevertretung beschlossen.

Bürgermeister Markus Flatz - Schwarzenberg
Bürgermeister Markus Flatz - Schwarzenberg ©Bürgermeister Markus Flatz - Schwarzenberg

Gleichwertige Kinderbetreuung

Bereits 1993 wurde in Schwarzenberg die Kinderbetreuung “miki” als selbstständiger Verein gegründet und von der Gemeinde unterstützt. Seit 2018 ist er in Gemeindehand. Für die Mehrheit der Gemeindevertreter von Schwarzenberg stelle die Betreuung und Erziehung der Kinder durch die Eltern zu Hause einen mindestens ebenso großen Wert dar. Dieselbe und wertfreie Akzeptanz der Erziehung durch die Eltern wünsche man sich auch von der zuständigen Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne). Es gab seitdem keine Abmeldung vom “miki”, welcher gut ausgelastet ist und laut Medienberichten auch zwei Kinder auf der Warteliste führe.

Kritiker sehen “Herdprämie”

Wiesflecker sah in der Prämie die Absicht, Frauen dazu anzuhalten, die Kindeserziehung allein zu stemmen und keine Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen. Kritiker sehen diese Unterstützungszahlung als “Herdprämie”, denn unterm Strich wende sie sich in der Realität vor allem an Frauen. Diese Prämie stelle jedoch keine Chancengleichheit dar:

Renate Fleisch, ehem. “Frauengetriebe”

Renate Fleisch wurde bekannt als Geschäftsführerin des autonomen feministischen Frauenzentrums “Frauengetriebe” in Bregenz. Sie findet angesichts der propagandierten Zielsetzung die Wertschätzungsprämie “billig”. Schließlich handle es sich unterm Strich um 25 Euro pro Monat. “Ich frage mich, welcher Mann würde sich über so eine ‘Anerkennung’ freuen”, fragt Fleisch. “Viele können es sich nicht leisten, zu Hause zu bleiben”, auch bräuchten Kinder den Kontakt zu anderen Kindern. Es brauche aus ihrer Sicht eine wahre Wahlfreiheit für Familien, angesichts der noch bestehenden Wartezeit auf Kinderbetreuungsplätze. Hinzu komme, dass die Betreuung zuhause dennoch kein Beruf darstelle, also nicht zur Pension angerechnet wird.

Renate Fleisch ist inzwischen Geschäftsführerin der Aidshilfe Vorarlberg. - VOL.AT/Paulitsch
Renate Fleisch ist inzwischen Geschäftsführerin der Aidshilfe Vorarlberg. - VOL.AT/Paulitsch ©VOL.AT/Paulitsch

Angelika Atzinger, “Amazone”

Auch Angelika Atzinger, Geschäftsführerin des Vereins “Amazone”, sieht in der Wertschätzungszahlung grundsätzlich ein falsches Signal. “In Zeiten wie diesen ist es die falsche Herangehensweise”, so könne man aus ihrer Sicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht ermöglichen. Stattdessen müsse man die Kinderbetreuungseinrichtungen so weit ausbauen und verbessern, dass eine Vereinbarkeit auch gewährleistet ist. Mit einer Belohnung für Care-Arbeit im Eigenheim sei man langfristig in die falsche Richtung unterwegs.

Angelika Atzinger ist Geschäftsführerin der Amazone - Amazone
Angelika Atzinger ist Geschäftsführerin der Amazone - Amazone ©Angelika Atzinger ist Geschäftsführerin der Amazone - Amazone

Lea Putz-Erath, “FEMAIL”

lea-putz-erath
lea-putz-erath ©privat
Wenn man die Leistung, die Mütter und Väter für die Familien und Gesellschaft leisten, entlohnen würde, würden 300 Euro aus ihrer Sicht nicht genügen. Das Familienbild sei aktuell immer noch so, dass sich Frauen der Kindererziehung widmen. “Es gibt aber Bemühungen, dieses Bild auszugleichen wie eben durch Männerkarenz.” Die Aktion sei ein Zeichen in die andere Richtung.

Lukas Bickel, Vorsitzteam Aktion kritischer Schüler_innen

Er sieht in der “Herdprämie” ein veraltetes Frauenbild, dass sich die Frauen der Kindeserziehung widmen und Männer die Familien ernähren wiedergegeben. Er würde sich zumindest eine monatliche Prämie für Familien wünschen, da sie so einen größeren Nutzen hätte als eine jährliche Anerkennung.

 

 

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