Das Land hat im vergangenen Jahr eine Forschungsinitiative zur Gemeinsamen Schule gestartet, in der sich Expertengruppen unter anderem mit rechtlichen und organisatorischen Fragen sowie pädagogischen Konzepten einer Gesamtschule der Zehn- bis 14-Jährigen auseinandersetzen. Im November 2013 nahmen rund 19.500 Lehrer sowie Eltern von Kindern aus der vierten, sechsten und achten Schulstufe sowie Schüler der Volksschule, der NMS und der Gymnasiumunterstufe an einer Befragung teil. So wurden 1,8 Millionen Einzeldaten zum Ist-Zustand der Schule und zu Weiterentwicklungs- und Änderungswünschen gesammelt und aufbereitet.
Eltern sowohl dafür als auch dagegen
Die am Donnerstag präsentierten Ergebnisse der Studie fielen widersprüchlich aus. Bei den Eltern ergab sich eine Befürwortung einer “Schule für alle” – dafür waren 56 Prozent der Eltern mit Volksschulkindern (Eltern VS), 58 Prozent der Eltern von Kindern aus der NMS (Eltern NMS) und 45 Prozent der “AHS-Eltern”. Aber auch für den Erhalt des aktuellen Systems gab es Zustimmung. Ja zum Ist-Zustand sagten 51 Prozent der Eltern VS, 42 Prozent der Eltern MS und 55 Prozent der Eltern AHS.
Lehrer: Systemwechsel vs. Status quo
Bei den Pflichtschullehrern hingegen geht die Stimmung klar in Richtung Systemwechsel: 72 Prozent der VS-Lehrer sowie 77 Prozent der NMS-Lehrer wünschten sich die Gesamtschule, aber nur 25 Prozent der AHS-Lehrer. Umgekehrt befürworteten 45 Prozent der AHS-Lehrer die Beibehaltung des Status quo, hingegen nur 20 Prozent der VS- und 13 Prozent der NMS-Lehrer.
Chancengleichheit, Überforderung schwacher Schüler
Zwar erwarteten sich der überwiegende Großteil sowohl der Eltern als auch der Lehrer in einer Gemeinsamen Schule mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder, gleichzeitig befürchteten die Eltern aber eine Überforderung der schwachen Schüler wie auch eine Unterforderung der Begabten. Letzteren Punkt unterstrichen besonders die Eltern von AHS-Schülern und noch stärker die AHS-Lehrer (78 Prozent). Dass die Gesamtschule den Vorteil einer späteren Entscheidung über den weiteren Bildungsweg mit sich bringen würde, wurde überwiegend bejaht (Eltern: 69 bis 72 Prozent, Lehrer 54 (AHS) bis 91 Prozent (VS)).
Deutliche Mehrheit mit Schulen zufrieden
Grundsätzlich waren die Eltern der NMS- und der AHS-Kinder mit den Schulen ihrer Sprösslinge sehr zufrieden. Sie sagten zu 90 bzw. 91 Prozent Ja zur Feststellung “Ich weiß mein Kind in guten Händen”. 85 Prozent (NMS) bzw. 88 Prozent (AHS) der Eltern würden ihr Kind wieder an der Schule anmelden.
Vorarlbergs Schullandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) freute sich insbesondere über diese große Zufriedenheit und wertete dies auch als Kompliment an die Lehrer. Es werde darum gehen, ein pädagogisches Konzept zu entwickeln, das es erlaube, die Kinder ihren individuellen Begabungen zufolge zu fördern und zu fordern. Ein Schulversuch zur Gemeinsamen Schule werde nur dann Unterstützung von den Betroffenen erfahren, wenn die Frage der Individualisierung schlüssig beantwortet werden könne.
Forschungsprojekt bis Mai 2015 abgeschlossen
Bis Mai 2015 soll das Vorarlberger Forschungsprojekt abgeschlossen sein. Der Abschlussbericht wird auch Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Schulen der Zehn- bis 14-Jährigen enthalten. Auf diesem Bericht aufbauend will die Vorarlberger Landesregierung einen Schulversuch zur Gemeinsamen Schule aufsetzen und damit an den Bund herantreten. Wie dieser Versuch konkret aussehen soll, hängt von den Endergebnissen der Untersuchung ab und ist noch offen. Für Mennel war aber jedenfalls klar, dass im Unterricht die Individualisierung mehr Gewicht bekommen muss. “In diese Richtung werden wir gehen, dazu brauchen wir den Bund nicht”, sagte Mennel. (APA/red)
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