Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte an die Abgeordneten appelliert, das Mandat für weitere Griechenland-Hilfen zu erteilen. “Wir haben auch Verantwortung in diesem gemeinsamen Europa”, sagte Faymann. Das Griechenland-Paket sei “ein erster Schritt” und eine “ernsthafte Chance”. Die Frage sei: “Geben wir diese Chance oder geben wir sie nicht?”
Harter Weg in Richtung Eigenständigkeit
Hilfe für die Griechen müsse darin bestehen, dass das Land selbst wieder am Markt Geld bekomme und mit seinem Haushalt zurechtkommen könne und nicht auf Hilfe von Gläubigern angewiesen sei, betonte Faymann. Es gebe keine Garantie, aber mit dem Plan einer Hilfe von 82 bis 86 Mrd. Euro über drei Jahre einen “ersten Schritt eines harten Weges” in Richtung eigenständiger Entscheidung Griechenlands.
Schelling von Sparmaßnahmen überzeugt
Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) verteidigte die geplanten Maßnahmen für die Griechenland-Hilfe. Er zeigte sich “felsenfest davon überzeugt”, dass Griechenland mit oder ohne Hilfsprogramm die Reformen angehen muss, um wieder auf eine erfolgreiche Spur zu kommen. Kritik, dass es sich bei den geplanten Maßnahmen um ein reines Sparprogramm handle, wies er einmal mehr zurück. Viel eher gehe es um Privatisierungen, Reformen des Arbeitsmarktes oder die Modernisierung und Stärkung der Verwaltung. Der Finanzminister ist auch der Meinung, dass das Hilfsprogramm nicht nötig wäre, wäre der Staat imstande, die Steuern einzutreiben. Dass die Oppositionsparteien die geplanten Maßnahmen nicht unterstützen und ihm das Mandat für die Verhandlungen nicht erteilen, “das verstehe ich ganz ehrlich gesagt auch nicht”, sagte Schelling.
FPÖ pocht weiter auf “Grexit”
FPÖ, Grüne, NEOS und das Tem Stronach hatten zuvor ihre ablehnende Haltung begründet. Die Freiheitlichen pochten einmal mehr auf den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. “Wenn man das nicht einsieht, wird weiter Geld verbrannt”, stellte Klubchef Heinz-Christian Strache fest. Das geplante dritte Hilfspaket für das Land komme wie die anderen nicht bei der Bevölkerung an, es handle sich lediglich um ein “Paket für Banken und Spekulanten”. Ein Fehler sei es bereits gewesen, Griechenland in die Eurozone aufzunehmen, nun sollte man zur Drachme zurückkehren. “Der geordnete Ausstieg, der Grexit, das wär g’scheit”, so Strache.
Die nun geplanten Maßnahmen für Griechenland seien lediglich ein “Grexit auf Zeit, das ist unsere Sorge”, daher lehne man den Beschluss des Verhandlungsmandats ab, begründete Klubobfrau Eva Glawischnig. Dies sei, wie wenn man einem Marathonläufer, der bereits einen Schuss im Knie hat, “auch noch ins zweite Knie schießt”, verglich sie.
Das Team Stronach verwies darauf, dass bereits “unfassbare” 216 Mrd. Euro in die Rettung Griechenlands geflossen seien. Jeder Österreicher habe etwa 1.000 Euro beigetragen, so Klubchefin Waltraud Dietrich. Auch sie geht davon aus, dass das Rettungspaket nicht dem Volk, sondern nur Banken und privaten Geldgebern zugutekommt.
Emotionsgeladener Schlagabtausch
In der Debatte ging es über weite Strecken emotionsgeladen zu: Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer reagierte etwa in seinem Statement auf die angriffigen Aussagen von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka zuvor und kritisierte dessen “billige parteipolitische Polemik” in dieser Diskussion. Lopatka habe “nicht Sympathien zu Menschen in einem Land, sondern nur zu Parteifreunden”.
Lopatka: “Mir fehlt jede Sympathie für Tsipras und Syriza”
Lopatka hatte zu Beginn seiner Rede zunächst die Grünen angegriffen: “Einem Ertrinkenden den Rettungsring zu verweigern, das ist Ihre Solidarität?” Die Grünen seien mit den Freiheitlichen “in einem Boot, nur Sie merken’s nicht”. Dann teilte Lopatka auch gegen den Koalitionspartner aus. Zunächst kritisierte der ÖVP-Klubobmann den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und seine Partei Syriza, die nötigen Reformen bisher nicht in Angriff genommen zu haben. “Herr Bundeskanzler, mir fehlt hier jede Sympathie für Tsipras und Syriza, ich hoffe Sie verstehen mich”, so Lopatka zu Faymann. Ein Regierungschef der nicht reformbereit sei, “der kann nie meine Sympathie haben”. Er hofft, dass die nun in Aussicht gestellte nochmalige Hilfe für Griechenland eine “Katastrophe” abwendet, daher stimme die ÖVP dem Verhandlungsmandat zu.
Ordnungsruf für Kogler (Grüne)
Einen Ordnungsruf handelte sich der Grünen-Vizeklubchef Werner Kogler vom Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) ein. Kopf ließ sich zunächst das Protokoll aushändigen und verlas dann Koglers Aussage: “Es ist wieder einmal den Rednern und dem Klubobmann der ÖVP vorbehalten geblieben, den Platz an diesem Rednerpult hier zu einer Kanzel der Scheinheiligkeit zu degradieren.” Daraufhin erteilte er dem Grünen-Mandatar den Ordnungsruf.
Mit dem Ende des außertourlichen Plenums können sich die Abgeordneten nun – vorbehaltlich etwaiger weiterer Sondersitzungen – tatsächlich in die parlamentarische Sommerpause verabschieden. Schon am Freitag ließen sich einige Mandatare mehr als sonst üblich entschuldigen, was aber keine Folgen für den Beschluss hatte. Die nächste reguläre Sitzung des Nationalrats findet erst im September statt.
(APA)
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