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Scheuch verurteilt: Kein Rücktritt

Uwe Scheuch, erster Landeshauptmannstellvertreter von Kärnten und FPK-Parteiobmann, ist am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt in der "Part-of-the-game"-Affäre zu 18 Monaten Haft, sechs Monate davon unbedingt, verurteilt worden. Dennoch denkt er im Moment nicht an einen Rücktritt.
Uwe Scheuch vor Gericht
NEU
Dörfler im Zeugenstand
Staatsanwältin forderte Schuldspruch
Berufung durch Verteidiger
Richter: "Tatbestand erfüllt"
SPÖ und Grüne fordern Rücktritt
FPÖ spricht von "Skandalurteil"

Der Kärntner FPK-Landesparteichef und Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch ist am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt im Prozess um die “Part-of-the-game”-Affäre zu 18 Monaten Haft, sechs davon unbedingt, verurteilt worden. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte Scheuch das Verbrechen der Geschenkannahme durch Amtsträger vorgeworfen. Der Politiker hatte sich während des gesamten Verfahrens für nicht schuldig erklärt, sein Verteidiger Dieter Böhmdorfer meldete auch umgehend Berufung an. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Scheuch soll laut Anklage 2009 in einem Gespräch Bereitschaft signalisiert haben, einem potenziellen russischen Investor im Gegenzug für ein Investment die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Der Parteichef soll dafür eine Parteispende gefordert haben. Die Unterhaltung wurde allerdings heimlich aufgezeichnet. Scheuch hatte das Gespräch weder an den zwei Prozesstage, noch im Vorfeld bestritten, aber stets argumentiert, dass erstens nie Geld geflossen sei und er zweitens keine Kompetenz bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften habe. Das war auch die Linie, die die Verteidigung Scheuchs im gesamten Verfahren zu verfolgen versuchte.

Wie schon am ersten Prozesstag, dem 6. Juli, war auch am Dienstag der Schwurgerichtssaal zum bersten gefüllt, neben zahlreichen Medienvertretern hatte auch die FPK-Parteispitze aus Solidarität mit ihrem Chef den Weg zum Landegericht gefunden. Als Zeuge war unter anderem Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) geladen.

Dörfler gab an, in der Frage der Staatsbürgerschaftsvergaben – ähnlich wie Scheuch – keine Zuständigkeit gehabt zu haben. Er habe zwar Briefe an die Bundesregierung geschickt, in denen er sich für die Vergabe von Staatsbürgerschaften an russische Investoren ausgesprochen habe. Das habe er aber nicht als Landeshauptmann getan, “ich habe sie als Gerhard Dörfler geschrieben”, sagte Dörfler gegenüber Richter Christian Liebhauser-Karl.

Dass der angeklagte Politiker nicht direkt für die Verleihung einer Staatsbürgerschaft zuständig sei, sei für ein Amtsgeschäft allerdings gar nicht ausschlaggebend, erklärte Staatsanwältin Eva Habicher. Scheuch könne als Regierungsmitglied in einer Regierungssitzung durchaus irgendein Thema zur Sprache bringen. Eine bloße Befürwortung einer Angelegenheit sei bereits ein Amtsgeschäft und keineswegs ein Freundschaftsdienst, erklärte die Ankägerin in ihrem Schlussplädoyer und forderte die Verurteilung Scheuchs.

Verteidiger Böhmdorfer sah die Sachlage naturgemäß anders. Er versuchte unter anderem die Glaubwürdigkeit des Hauptzeugen in Zweifel zu ziehen. Dieser habe sich zum fraglichen Zeitpunkt im Privatkonkurs befunden, zudem sei er als “Mietbetrüger” gehandelt worden, so Böhmdorfer.

Böhmdorfer warf der Staatsanwältin zudem vor, entlastende Umstände für den Angeklagten nicht beachtet zu haben. Er verstehe nicht, warum man so überzogen und überbordend hinter dem Angeklagten her sei, meinte er. Zur abstrakten Zuständigkeit, die von der Anklage als ausreichend bezeichnet wurde, erklärte Böhmdorfer, es käme ausschließlich auf die normative und gesetzliche Zuständigkeit an.

Richter Christian Liebhauser-Karl folgte bei deinem Urteil der Argumentation der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Der Tatbestand sei erfüllt, es handle sich bei den Taten Scheuchs um ein konkretes Amtsgeschäft, erklärte er in seiner Urteilsbegründung. Die Höhe der Strafe von 18 Monaten teilbedingt argumentierte er mit der “Generalprävention”. “Es gehe darum, andere von solchen Taten abzuhalten”, so Liebhauser-Karl. Zudem habe Scheuch bis zum Schluss seine Handlungen “bagatellisiert”.

Während der Urteilsverkündung herrschte im Schwurgerichtssaal vollkommene Stille. Scheuch verließ im Anschluss wortlos das Landesgericht und brauste mit seinem Dienstwagen davon. Wann der Prozess in der zweiten Instanz weitergeht, war vorerst nicht abzusehen.

Hefitges poltisches Beben in Kärnten

Die erstinstanzliche Verurteilung von Landeshauptmannstellvertreter und FPK-Parteichef Uwe Scheuch im “Part-of-the-Game”-Prozess hat am Dienstag in Kärnten heftige politische Reaktionen ausgelöst. Mit Ausnahme der FPK und der FPÖ forderten alle übrigen Parteien den Rücktritt Scheuchs. Dieser lehnte aber kategorisch ab, was den Koalitionspartner ÖVP dazu veranlasste, die Koalition in Kärnten bis zu einem rechtskräftigen Urteil ruhend zu stellen. Koalitionsprojekte, die bereits vereinbart seien, würden weiterverfolgt, bei neuen Themen würde aber “das freie Spiel der Kräfte” zwischen FPK, SPÖ und ÖVP zum Tragen kommen, erklärte ÖVP-Landesparteichef Josef Martinz am Dienstag auf Anfrage der APA. Er forderte Scheuch auf, wegen des “Urteils in diesem Ausmaß” alle Ämter bis zu einem rechtskräftigen Urteil niederzulegen.

Für SPÖ-Landesparteichef Peter Kaiser ist Scheuch durch das Urteil “für die Politik untragbar geworden”. Er solle sich “aus der Landesregierung verabschieden”, erklärte Kaiser in einer Aussendung. Sollte Scheuch selbst nicht handeln, sei Landeshauptmann Gerhard Dörfler gefordert, “innerparteilich und im Amt der Landesregierung ein Machtwort zu sprechen”, sagte der SPÖ-Politiker.

Der Grüne Landesparteisekretär Frank Frey forderte ebenfalls “sofortige Konsequenzen im Sinne des Landes”. Alles andere als ein sofortiger Rücktritt Scheuchs aus allen Funktionen im Land sei “unvorstellbar”, so Frey. Scheuch habe “das Ansehen der Regierung und der Politik im Allgemeinen beschmutzt”.

Das BZÖ forderte wie die SPÖ von Landeshauptmann Dörfler “Verantwortung für das Land” ein. Dörfler müsse für klare Verhältnisse sorgen und “dem Land weiteren Schaden durch Scheuch ersparen”, so Kärntens BZÖ-Chef Sigisbert Dolinschek.

Der erstinstanzlich verurteilte Politiker dachte aber nicht daran zurückzutreten und sprach von einem “krassen, fatalen Fehlurteil”. Er hoffe nun auf die zweite Instanz, seine Anwälte hätten bereits Berufung angemeldet, erklärte Scheuch am Nachmittag bei einer Pressekonferenz. “Meine Ämter und Funktionen werde ich bis dahin behalten”, kündigte der FPK-Politiker an. Immerhin gelte für ihn nach wie vor die Unschuldsvermutung, er wolle derzeit niemandem “einen Gefallen tun” und sich zurückziehen.

Rückendeckung bekam Scheuch aus den eigenen Reihen. Landeshauptmann Dörfler (FPK) ortete ebenfalls ein “unerwartetes und krasses Fehlurteil”. Es sei “klar”, dass “jemand, der nicht rechtskräftig verurteilt ist, von niemandem zum Rücktritt aufzufordern” sei, ließ Dörfler wissen. Auch der Kärntner FPÖ-Chef Christian Leyroutz forderte, dass die “Unschuldsvermutung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens auch für Scheuch gelten muss”.

Scheuch kündigte noch für die Abendstunden eine Parteivorstandssitzung der FPK an. “Und dann werden wir ganz normal weiterarbeiten”, so Scheuch.

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