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Bomben auf Huthi-Rebellen: Saudi-Arabien greift militärisch im Jemen ein

Jemen: Saudische Jets greifen Huthis an
Jemen: Saudische Jets greifen Huthis an ©AP
Mit Luftschlägen wollen Saudi-Arabien und seine arabischen Verbündeten die schiitischen Rebellen im Jemen stoppen. 150.000 Soldaten ständen bereit. Der blutige Konflikt in dem Land erreicht die nächste Stufe der Eskalation.

Nach dem Vormarsch schiitischer Huthi-Rebellen bis in den Süden des Jemens haben Saudi-Arabien und seine arabischen Verbündeten mit Luftangriffen in den blutigen Konflikt eingegriffen. Kampfjets der Koalition bombardierten in der Nacht zum Donnerstag Huthi-Stellungen in der Hauptstadt Sanaa und an anderen Orten, wie der arabische Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete. Das Bündnis unterstützt mit der Operation “Sturm der Entschlossenheit” Jemens Staatschef Abed Rabbo Mansur Hadi, der vor den Rebellen geflohen war.

Präsident Hadi geflohen

Die Huthis hatten in den vergangenen Monaten große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht, darunter die Hauptstadt. Dort setzten sie Hadi und die Regierung ab. Der Präsident floh im Februar ins südjemenitische Aden, das er zur neuen Hauptstadt erklärte. Am Mittwoch rückten die Huthis jedoch bis in die Hafenstadt vor und zwangen Hadi erneut zur Flucht. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.

Der Militäreinsatz erfolge auf Bitten der legitimen Regierung Jemens, sagte der saudische Botschafter in Washington, Adel al-Dschabir. Zuvor hatte der von den Rebellen bedrängte Hadi das Ausland dringend zu einem militärischen Eingreifen aufgefordert.

Luftschläge auf Huthi-Stellungen

Hadi-treue Kräfte konnten nach Beginn der Luftangriffe den Flughafen Aden wieder unter Kontrollen bringen, wie ein lokaler Offizieller berichtete. Soldaten von Jemens Ex-Präsident Ali Abdullah Salih hatten ihn zuvor eingenommen. Salih ist mit den Huthis verbündet. Die saudische Nachrichtenagentur SPA meldete, die Luftschläge hätten mehrere Huthi-Stellungen und vier Kampfjets zerstört.

Huthis: 25 Zivilisten getötet

Das von den Huthis kontrollierte Gesundheitsministerium in Sanaa teilte mit, bei den Bombardierungen seien in der Hauptstadt 25 Zivilisten getötet und 40 verletzt worden. Die Angriffe hätten Wohngebiete in der Nähe des Flughafens getroffen. Ein Journalist der “Yemen Post” sagte dem Sender Al-Dschasira, Bomben seien überall in Sanaa gefallen. Die Menschen hätten panisch reagiert.

“Kriegserklärung”

Ein Sprecher der Huthis bezeichnete die Luftschläge als Kriegserklärung. Damit könne sich der Konflikt im Jemen zu einem Regionalkrieg auswachsen, warnte er laut Al-Dschasira. Die Partei von Ex-Präsident Salih sprach von einer “Aggression gegen den Jemen”.

Iran verurteilt Luftangriffe Saudi-Arabiens im Jemen

Auch der Iran verurteilte das militärische Eingreifen. “Diese Angriffe sind nicht nur eine Verletzung der territorialen Integrität des Jemens, sondern auch eine sehr gefährliche Entwicklung”, erklärte die iranische Außenamtssprecherin Marsieh Afcham.

Iran soll schiitische Huthis unterstützen

Der schiitische Iran hat sich in dem Konflikt bisher offiziell neutral gezeigt, soll aber die schiitischen Huthis unterstützen. Das Verhältnis zwischen Teheran und Saudi-Arabien ist angespannt. Riad will einen größeren Einfluss Teherans auf die Region verhindern.

Laut Al-Arabija beteiligen sich die Vereinigten Arabischen Emirate mit 30 Flugzeugen, Kuwait und Bahrain mit jeweils 15 und Katar mit zehn Maschinen an dem Einsatz. Jordanien, Marokko und der Sudan hätten jeweils sechs Kampfjets entsandt. Die Nachrichtenseite Al-Ahram meldete, auch Kairo stelle militärische Hilfe zur Verfügung.

Unterstützung aus den USA

Die USA gewähren Saudi-Arabien und seinen Verbündeten logistische und geheimdienstliche Unterstützung. US-Truppen seien aber nicht direkt in die Militäroperation involviert, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Bernadette Meehan.

Die wichtigsten Akteure im Jemen

Schiitische Houthi-Rebellen haben den Jemen überrannt, Saudi-Araben greift mit Luftschlägen von außen ein. Ein Überblick der wichtigsten Akteure im Machtkampf:

DIE HUTHIS sind ein schiitischer Volksstamm aus dem Nordjemen. Im vergangenen September eroberten rund 30.000 Anhänger die Hauptstadt Sanaa, Anfang des Jahres setzten sie dort Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi und die Regierung in deren Häusern fest. Binnen weniger Wochen brachten sie die Westküste und den Süden des Landes unter Kontrolle.

PRÄSIDENT ABD-RABBU MANSOUR HADI gelang im Februar die Flucht aus Sanaa in die südjemenitische Stadt Aden, von wo aus er weiterzuregieren versuchte. Als die Houthis vorrückten, musste der von den USA und Saudi-Arabien unterstützte Staatschef auch seine dortige Residenz verlassen. Sein neuer Aufenthaltsort war zunächst unklar.

SAUDI-ARABIEN hat als reichster Golfstaat ein großes Interesse daran, den bettelarmen Jemen unter sunnitischer Kontrolle zu halten. Seit Donnerstag fliegt die Monarchie Luftangriffe gegen Houthi-Stellungen.

DER IRAN versucht hingegen als Rivale Saudi-Arabiens, via Sanaa einen Fuß auf die Arabische Halbinsel zu bekommen. Das schiitische Land gilt als Verbündeter der Houthi-Rebellen und forderte einen Stopp der militärischen Angriffe Saudi-Arabiens.

EX-PRÄSIDENT ALI ABDULLAH SALEH schlug einst Aufstände der Houthis nieder, heute gilt er als heimlicher Verbündeter der Rebellen. Die UNO wirft ihm vor, das Chaos im Jemen geschürt zu haben und einen Weg zurück an die Macht zu suchen. Der Langzeitherrscher war nach Protesten gegen ihn Anfang 2012 zum Rücktritt gezwungen worden.

AL-KAIDA AUF DER ARABISCHEN HALBINSEL (AQAP) ist der mächtigste Ableger des weltweit agierenden Terrornetzwerkes. Die sunnitischen Extremisten gelten als heimliche Gewinner im Machtpoker um den Jemen. Mit ihren Anschlägen gegen die schiitischen Houthis punkten sie vor allem bei ärmeren sunnitischen Stämmen.

Stellvertreterkrieg im Jemen

Es ist nicht das erste Mal, dass der Jemen Schauplatz einer Militärintervention wird. Diesmal greifen Saudi-Arabien und seine Verbündeten ein – dahinter steckt auch ein Konflikt des sunnitischen Königreichs mit dem schiitischen Iran. Teheran soll die ebenfalls schiitischen Huthis unterstützen. Saudi Arabien will mit dem Einsatz nicht zuletzt verhindern, dass der Iran einen immer größeren Einfluss auf die Region bekommt.

Auch in Syrien konkurrieren beide Seiten miteinander. Dort unterstützt Teheran das Regime, Riad steht hingegen an der Seite der Rebellen. Saudi-Arabien warnt zudem vor einem Nuklear-Abkommen mit dem Iran, weil es Angst vor einer iranischen Atombombe hat.

Saudi-Arabien war bereits in den 1960er Jahren in einen Stellvertreterkrieg im Jemen verwickelt. Der Konkurrent war damals Ägypten unter Staatschef Gamal Abdel Nasser.

Im Norden des Jemens herrschte über Jahrzehnte ein konservatives schiitisches Königshaus. Im September 1962 putschten jedoch Offiziere und riefen eine Republik aus. Sie waren mit Nasser verbunden, dessen Pan-Arabismus in der ganzen Region sehr populär waren.

Ägypten schickte Zehntausende Soldaten in den Jemen, um die Putschisten zu unterstützen. Die Anhänger der gestürzten Monarchie erhielten hingegen Militärhilfe von Saudi-Arabien, das sah seine eigene Herrschaft massiv in Gefahr.

Erst nach hohen Verlusten und Ägyptens Niederlage im Sechs-Tage-Krieg 1967 zog Nasser die Truppen wieder ab. Historiker sprachen danach auch von einem “Vietnam” des ägyptischen Staatschefs.

Der Jemen: Ein Land am Rande des Bürgerkriegs

Der Jemen mit 26 Millionen Bewohnern gilt als Armenhaus Arabiens. Im Vergleich zum großen Nachbarn Saudi-Arabien sind Wirtschaft und Infrastruktur schwach entwickelt. Dazu kommt ein gewaltiges Terrorproblem. Al-Kaida nutzt das 530 000 Quadratkilometer große Land als Rückzugsgebiet. Jemens schwache Zentralregierung unter Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi hat Probleme, die Macht gegen traditionelle Stammesstrukturen durchzusetzen. Mit dem arabischen Aufstand 2011 wurden die schiitische Huthis als politische Kraft im Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft wahrgenommen. Im vergangenen September eroberten Huthi-Rebellen die Hauptstadt Sanaa.

Seit Monaten wird der Jemen von einem bewaffneten Konflikt erschüttert. Die schiitischen Huthi-Rebellen kontrollieren den Norden des Landes und kämpfen gegen die international anerkannte Regierung. Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi flüchtete in die südliche Küstenstadt Aden, doch die Rebellen rücken seit Tagen auch im Süden weiter vor. In der Nacht zum Donnerstag griffen nun Saudi-Arabien und arabische Verbündete militärisch in den Konflikt ein.

Eine Chronologie:

21. September 2014: Die Houthi-Rebellen erobern nach tagelangen Gefechten mit 270 Toten Regierungsgebäude, die Zentrale des staatlichen Rundfunks sowie militärische Einrichtungen in der Hauptstadt Sanaa. Die Konfliktparteien unterzeichnen unter UNO-Vermittlung eine Friedensvereinbarung, die den Abzug der Rebellen aus Sanaa sowie die Bildung einer neuen Regierung vorsieht.

9. Oktober: Das sunnitische Terrornetzwerk Al-Kaida bekennt sich zu einem Anschlag in Sanaa, bei dem 47 Menschen getötet wurden.

14. Oktober: Die Houthis bringen die 230 Kilometer westlich von Sanaa gelegene Hafenstadt Hudaydah unter ihre Kontrolle. Danach setzen sie ihren Vormarsch ins Zentrum des Landes fort, ohne dabei auf Widerstand der Regierungstruppen zu stoßen.

20. Jänner: Die Houthi-Rebellen erobern den Präsidentenpalast in Sanaa und belagern die Residenzen Hadis und des Regierungschefs Khaled Bahah. Sowohl Hadi als auch Bahah und dessen Kabinett treten zwei Tage später zurück.

6. Februar: Die Schiitenmiliz verkündet die Auflösung des Parlaments und die Bildung eines fünfköpfigen sogenannten Präsidentschaftsrats.

21. Februar: Präsident Hadi flieht aus Sanaa und sucht in der südlichen Hafenstadt Aden Schutz vor den Rebellen. Er zieht seine Rücktrittserklärung zurück und erklärt Aden zur neuen Hauptstadt des Jemen.

19. März: Bei Kämpfen zwischen der Houthi-Miliz und Anhängern von Präsident Hadi in Aden werden mindestens elf Menschen getötet. Der internationale Flughafen der Stadt muss geschlossen werden.

22. März: Bei Selbstmordattentaten auf mehrere schiitische Moscheen in Sanaa werden 142 Menschen getötet und 351 weitere verletzt. Zu den Taten bekennt sich die sunnitische Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS).

25. März: Die Houthi-Rebellen nehmen den wichtigen Luftwaffenstützpunkt al-Anad in der südlichen Provinz Lahij ein und rücken weiter auf Aden vor. Staatschef Hadi muss erneut in Sicherheit gebracht werden. Gleichzeitig dringen sie weiter in den Hafen Mosha am Roten Meer vor, der ihnen den Weg zur strategisch wichtigen Meerenge von Bab al-Mandeb eröffnet.

26. März: Saudi-Arabien und mehrere Verbündete der Region greifen militärisch in den Konflikt ein. Nach Angaben des jemenitischen Militärs bombardieren Kampfflugzeuge in der Nacht zum 26. März Stellungen der Houthi-Miliz, unter anderem in der Hauptstadt Sanaa. Die Golfstaaten reagieren auf ein Hilfsgesuch von Präsident Hadi. Der Iran, ein Verbündeter der schiitischen Houthi-Miliz, reagiert mit scharfer Kritik an den Einsatz.

(dpa/APA/red)

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