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Kiew bestätigt: Separatisten nahmen Debalzewe weitgehend ein

Separatisten behaupten, Debalzewo eingenommen zu haben.
Separatisten behaupten, Debalzewo eingenommen zu haben. ©AP (Sujet)
Raketen statt Ruhe: Nach monatelangen Gefechten haben die Separatisten die ostukrainische Stadt Debalzewe weitgehend eingenommen. Damit schwindet wenige Tage nach dem Minsker Gipfel so gut wie jede Hoffnung auf baldigen Frieden in der Kriegsregion.
Erstmals Kämpfe in Debalzewe
Waffenabzug steht auf der Kippe
Erbitterte Gefechte vor Waffenruhe

“Nur ein paar Wohnviertel sind noch übrig, dann haben wir den Ort völlig unter Kontrolle”, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin am Dienstag. Er sprach von “zahlreichen Gefangenen und vielen Toten”. Beide Seiten warfen sich vor, die vereinbarte Waffenruhe nie eingehalten zu haben.

Die ukrainische Regierung bestätigte die weitgehende Einnahme von Debalzewe. “Straßenkämpfe dauern an”, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Die Aufständischen setzten Artillerie und Panzertechnik ein. Regierungstreue Einheiten seien im Einsatz, um den Gegner aufzuhalten. Die prowestliche Führung warf den Aufständischen den Bruch der Vereinbarungen von Minsk vor.

Tausende Soldaten eingekesselt

Debalzewe mit etwa 25.000 Einwohnern ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Separatistengebiet. Dort sollen seit Tagen Tausende Regierungssoldaten in nahezu aussichtsloser Lage eingekesselt sein.

Friedensprozess in Ostukraine auf der Kippe

Durch die Gefechte an dem wichtigen Verkehrsknotenpunkt Deblazewe zwischen den beiden abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk (Lugansk) droht der vergangene Woche im weißrussischen Minsk eingeleitete Friedensprozess in der Region zu scheitern. Denn die Gefechte gelten als massiver Verstoß gegen das geschlossenes Friedensabkommen. Demnach sollten die Konfliktparteien ab dem heutigen Dienstag eigentlich ihre schweren Waffen aus dem Donbass abziehen.

“Es gibt vonseiten der Aufständischen keine wirkliche Waffenruhe, deshalb sind die Voraussetzungen (für einen Abzug) nicht gegeben”, sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko in Kiew. Die Armee sei weiter bereit zur Bildung einer Pufferzone. “Unsere Stellungen werden aber wiederholt unter Feuer genommen”, beklagte er.

Separatisten: Vormarsch in Einklang mit Friedensabkommen

Separatistenführer Alexander Sachartschenko sagte in Debalzewe, der Vormarsch geschehe im Einklang mit den Minsker Vereinbarungen. “Dem Abkommen zufolge sollen illegale Kämpfer den Donbass verlassen. Nun, die Regierungseinheiten sind unerlaubt auf unserem Territorium, und wir entwaffnen nun diese Gruppen”, meinte er am Rande der Kämpfe.

“Konkrete Schritte” zur Beobachtung der Lage durch OSZE

Vor der Einnahme der Stadt hatte Merkel bei einem Telefonat mit Putin und Poroschenko “konkrete Schritte” besprochen, um eine Beobachtung der Lage in Debalzewe durch die OSZE zu ermöglichen. Das teilte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Einhaltung der Waffenruhe überwachen.

OSZE: Massive Behinderungen im Krisengebiet

Militärsprecher Lyssenko beklagte aber eine massive Behinderung der OSZE im Krisengebiet. Beobachter der Organisation seien erneut nicht in die Kampfzone gelassen worden. Vize-OSZE-Missionschef Alexander Hug erklärte, die Beobachter seien nicht nach Debalzewe gelangt, weil keine Sicherheitsgarantien gegeben worden seien. “Alle Seiten versuchen offenbar, bei Kämpfen neue Tatsachen zu schaffen, aber das widerspricht dem Geist des Minsker Abkommens”, sagte der Schweizer.

EU über anhaltende Gefechte zutiefst besorgt

Die EU äußerte sich ebenso wie der UNO-Vertreter Rupert Colville zutiefst besorgt über die anhaltenden Kämpfe und insbesondere die Lage der Bewohner von Debalzewe. Die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini rief die Konfliktparteien eindringlich dazu auf, den Waffenstillstand zu respektieren und noch am Dienstag mit dem Rückzug ihrer schweren Waffen zu beginnen.

Ukrainische Wirtschaft im Sinkflug

Mit der ukrainischen Wirtschaft geht es wegen des Konflikts immer weiter bergab. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) brach von Oktober bis Dezember 2014 um 15,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum ein, wie das Statistikamt in Kiew am Dienstag mitteilte. Verglichen mit dem vorangegangenen Quartal ging es um 3,8 Prozent nach unten. Die Regierung befürchtet, dass sich die Abwärtsspirale in diesem Jahr fortsetzt. Sie rechnet mit einem Minus von 4,3 Prozent. (APA/dpa/red)

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