Chodorkowski habe offiziell um Gnade gebeten und er wolle dem Antrag stattgeben, erklärte Putin am Donnerstag. Putin äußerte sich nach seiner großen Pressekonferenz. “Er hat mehr als zehn Jahre in Haft verbracht. Das ist eine ordentliche Zeit”, sagte Putin vor Kameras des Staatsfernsehens. Er werde deshalb das Gnadengesuch in Kürze unterschreiben. Putin erinnerte daran, dass der einst reichste Mann Russlands stets auf ein solche Bitte verzichtet habe. Vor kurzem allerdings sei das Schreiben Chodorkowskis eingegangen.
Der prominenteste Gefangene Russlands war 2003 festgenommen worden, nachdem er Putin öffentlich kritisiert hatte. Nach zwei international umstrittenen Urteilen unter anderem wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung sollte Chodorkowski im August 2014 aus der Haft kommen.
In seiner Pressekonferenz hatte Putin zuvor erklärt, dass er keine Perspektiven sehe für eine weitere strafrechtliche Verfolgung seines Gegners. Er reagierte damit auf neue Ermittlungen von Behörden.
Charmeoffensive anlässlich der Winterspiele
Der Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos hatte stets befürchtet, dass der Kreml alles tun könnte, um ihn politisch weiter kaltzustellen. Er hatte Ambitionen auf das Präsidentenamt gezeigt und Putin herausgefordert. Auch nach Ansicht vieler Putin-Kritiker war die Verurteilung Chodorkowskis politisch motiviert. Dementsprechend fordern die USA und die Europäische Union seit Jahren die Freilassung des Kremlgegners. Beobachter werten die überraschende Begnadigung als Teil einer Charmeoffensive Putins anlässlich der Olympischen Winterspiele in Sotschi im Februar.
Amnestie für Pussy Riot
Putins Aussage in der Jahrespressekonferenz in Moskau galt als wichtiges Signal an den Strafvollzug, die zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilten jungen Mütter Nadeschda Tolokonnikowa (24) und Maria Aljochina (25) nun freizulassen.
“Sie können theoretisch noch heute herauskommen”, hatte die Anwältin der Putin-Gegnerinnen, Irina Chrunowa, der Agentur Interfax vor Beginn der Pressekonferenz Putins gesagt. Die Angehörigen der beiden jungen Mütter und Aktivistinnen seien bereits zu den jeweiligen Straflagern gereist, um die Frauen zu begrüßen.
Freilassung als Zugeständnis des Kremls
Tolokonnikowa und Aljochina waren im vergangenen Jahr nach einem Anti-Putin-Protest in einer Kirche wegen Rowdytums verurteilt worden. Das Vorgehen der Justiz hatte weltweit Kritik ausgelöst. Die Strafe würde im März enden. Dass sie freikommen sollen, werten Beobachter ebenso als Zugeständnis des Kremls an den Westen vor den Olympischen Winterspielen.
Auch Greenpeace-Aktivisten kommen frei
Putin bestätigte zudem, dass 30 Umweltschützer der Organisation Greenpeace unter den Gnadenakt fielen. Damit kommen sie nicht wegen Rowdytums vor Gericht. Sie können nach ihrem Protest gegen Umweltzerstörung in der Arktis das Land jetzt verlassen.
Staatsduma beschließt Massenamnestie
Die Staatsduma hatte am Mittwoch eine Massenamnestie beschlossen, die auch einzelne Putin-Gegner betrifft. Der Strafvollzug hat sechs Monate Zeit, den Gnadenakt umzusetzen. Demnach müssen die beiden Frauen von Pussy Riot mehrere Dokumente vorlegen, um in Freiheit zu kommen – zum Beispiel einen Nachweis, dass sie das Erziehungsrecht für ihre minderjährigen Kinder haben.
Erste Putin-Gegner in Freiheit
Nach Inkrafttreten der Massenamnestie sind die ersten Gegner von Kremlchef Putin seit Donnerstag wieder in Freiheit. Ein Gericht in Moskau stellte gegen vier Kremlgegner Strafverfahren ein, die am 6. Mai 2012 bei einer Massenkundgebung gegen die Amtseinführung von Putin protestiert hatten und dann festgenommen worden waren. Insgesamt sollen acht von insgesamt 27 Inhaftierten auf freien Fuß kommen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die Freilassung aller Kremlgegner gefordert. Das hatte das Parlament in seiner am Mittwoch beschlossenen Amnestie aber abgelehnt.
(red/dpa/APA)
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