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Piraten halten über Innsbrucker Gemeinderat Einzug in Österreich

Piraten treten derzeit in ganz Europa auf, am stärksten ist die Piratenpartei in Deutschland
Piraten treten derzeit in ganz Europa auf, am stärksten ist die Piratenpartei in Deutschland ©AP
Europaweit sind sie bereits tätig, in Deutschland wird ihnen hohes Wählerpotenzial zugesprochen und nun erobern die Piraten auch Österreich, wenngleich vorerst nur auf Kommunalebene.

Mit dem Einzug von Alexander Ofer in den Innsbrucker Gemeinderat am Sonntag ist der erste Pirat in einer österreichischen Körperschaft vertreten. Die Austro-Piraten hatten erst vor zwei Wochen in Wien ihre für Beobachter noch etwas chaotische Bundesgeneralversammlung abgehalten.

Bundesgeneralversammlung kürzlich in Österreich

Am 1. April waren, begleitet von großem Medienrummel, die österreichischen Internetaktivisten in Wien zusammengekommen, um die inhaltlichen und personellen Weichen zu stellen. Die Programmdebatte wurde zwar um ein paar Monate verschoben; grundsätzlich geht es ihnen aber um den Schutz der Privatsphäre, mehr Transparenz in der Politik und die Überarbeitung des Suchtmittelgesetzes. In Tirol ist mit Ofer, der sich seit 2006 bei den politischen Freibeutern engagiert, der erste Pirat in einer österreichischen Körperschaft vertreten. Die Tiroler Piratenpartei PPT war ursprünglich Teil der Bundesorganisation der österreichischen Piraten PPÖ. Die Tiroler wurden aber nach einem Disput im Jänner ausgeschlossen. Ofer hatte im Innsbrucker Gemeinderatswahlkampf auch ein Antreten bei der Tiroler Landtagswahl 2013 nicht ausgeschlossen.

Piraten könnten sich in Deutschland zur Volkspartei mausern

Piraten treten derzeit in ganz Europa auf, am stärksten ist die Piratenpartei in Deutschland, wo sie in jüngsten Umfragen stetig zulegten. Vertreten sind sie derzeit in zwei deutschen Landesparlamenten. Laut einer aktuellen Befragung könnte sich die Piratenpartei in Deutschland sogar zu einer Volkspartei mausern. Nach einer am Sonntag veröffentlichten repräsentativen Emnid-Umfrage hat die Partei ein Wählerpotenzial von bis zu 30 Prozent. Das größte Potenzial haben die Piraten dabei mit 50 Prozent bei den jungen Wählern bis 29 Jahren. 81 Prozent der Befragten sagten, die Piratenpartei habe Erfolg, “weil sie ganz anders als die anderen Parteien sind”. Als zweitwichtigsten Grund für den Erfolg der Piraten sehen die Befragten das Image als “jung und wild”. Die von der Partei als Markenzeichen propagierte Internetaffinität wurde erst an dritter Stelle der wichtigsten Eigenschaften genannt.

Die Piratenpartei in Deutschland rüstet sich indes für die Arbeit in immer mehr Landesparlamenten. In Nordrhein-Westfalen zieht sie mit der Forderung nach einem eingliedrigen Schulsystem in den Wahlkampf. In ihrem beim Sonderparteitag in Dortmund verabschiedeten Wahlprogramm lehnt sie außerdem eine Ausweitung von Internet-Überwachungen ab. Außerdem dürfe eine Online-Durchsuchung nur bei einem Anfangsverdacht und Anordnung durch einen Richter vorgenommen werden. Die Saar-Piratenpartei nahm die Forderung nach einem Girokonto für jedermann und nach einem Wegfall des Friedhofzwanges für Urnenbestattungen in ihr Programm auf. Die vierköpfige Saarbrücker Landtagsfraktion will sich an diesem Montag formal gründen. Die Piraten in Sachsen-Anhalt wollen das Wahlalter auf zwölf Jahre senken und bei Landtagswahlen die Hürde von fünf auf drei Prozent herabsetzen. Das beschloss der Landesparteitag am Sonntag. Landeschef Henning Lübbers sagte, der Schwerpunkt seiner Partei liege weiterhin bei Transparenz und Bürgerbeteiligung. “Zur Tagespolitik können wir uns derzeit nicht qualifiziert äußern”, fügte er hinzu, versicherte aber: “Wir sind keine Spaßpartei.”

Die Piraten sind in Deutschland in zwei Landesparlamenten vertreten: Ende März erhielten sie im Saarland aus dem Stand 7,4 Prozent und zogen in den Landtag ein. Zuvor hatten die Piraten im September in Berlin 8,9 Prozent erreicht und damit den souveränen Einzug ins Parlament geschafft – ihr bisher größter Erfolg. Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sollen im Mai folgen. Die deutsche Piratenpartei wurde erst im September 2006 in Berlin gegründet. Vorbild war die wenige Monate zuvor gegründete schwedische “Piratpartiet”.

Piraten aus über 20 Ländern wollen Zusammenarbeit stärken

Erst am Wochenende waren Vertreter von Piratenparteien aus mehr als 20 Ländern, darunter auch Österreich, in der tschechischen Hauptstadt Prag zusammengekommen, um ihre Zusammenarbeit zu verstärken. Bei zweitägigen Konferenz der Dachorganisation Pirate Parties International, der auch die österreichischen Vertreter angehören, diskutierten die rund 200 Teilnehmer unter anderem über ein gemeinsames Wahlprogramm für die Europawahl 2014 und ihre Position zum umstrittenen ACTA-Abkommen zum Urheberrecht. Zudem stand eine Debatte über die Gründung einer europäischen Piratenpartei auf der Tagesordnung.

Auf der Tagung wurde zudem über die Aufnahme neuer Mitglieder entschieden. Beworben haben sich Piratenverbände aus Griechenland, Tunesien, Kroatien und sechs weiteren Ländern.

Der Gründer der Piratenbewegung, der Schwede Richard Falkvinge, sprach sich für eine engere Koordinierung aus. Der Erfolg in Deutschland bei den Wahlen in Berlin und im Saarland habe gezeigt, dass die Piraten neben der Internetfreiheit auch weitere Politikfelder erobern sollten. Falkvinge sieht große Gemeinsamkeiten zwischen den mehr als 25 Piratenverbänden weltweit. “Die Herausforderung für das nächste Jahr wird sein, das auch schriftlich festzuhalten”, sagte Falkvinge.

(APA)

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