Peter Filzmaier zur Wahlkartenaffäre: "Wahlkarten kann man nicht wie Fußballtickets behandeln"
Nach Bludenz kam es auch in Hohenems zu Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Wahlkarten. Man habe amtsbekannten Personen gegen Vorlage des Wahlausweises auch Wahlkarten von Angehörigen mitgegeben, ohne die notwendige Vollmacht zu verlangen. Es habe sich dabei um einzelne Wahlkarten gehandelt, betont Bürgermeister Richard Amann. Betroffen seien auch Personen jedes politischen Coleurs, es könne organisierter Wahlbetrug daher ausgeschlossen werden.
Gesetz für Wahlbehörde klar
Es könnte jedoch auch in anderen Gemeinden einen vergleichbar sorglosen Umgang mit Wahlkarten gegeben haben. Vor allem in kleineren Orte stoße man doch auf Unverständnis, wenn man von einer ortsbekannten Person eine Vollmacht verlange, sobald sie die Wahlkarten für die Familie holt. Mit dieser Argumentation stößt man auf wenig Verständnis bei der Wahlbehörde des Landes Vorarlberg. “Dass es eine Vollmacht braucht, wird im Gesetz klar kommuniziert”, betont Abteilungsleiter Gernot Längle. Die Gemeindebediensteten werden vor jeder Wahl geschult. Dort werde auch der richtige Umgang mit Wahlkarten genau erläutert.
Kontrolle liege bei Gemeinden
Man könne jedoch nicht täglich in allen 96 Gemeinden kontrollieren, ob die Wahlkarten ordnungsgemäß ausgegeben werden. “Es gibt eine Eigenverantwortung jeder einzelnen Gemeinde”, betont Längle. Die Kontrolle unterliegt damit den einzelnen Wahlkommissionen. Nach den aktuellen Vorkommnissen hielt man Rücksprache mit Bregenz und Feldkirch, hier scheint es bislang zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen zu sein. Man wolle zwar nun die derzeitigen Entwicklungen abwarten, die Schulung der Gemeindebediensteten werde jedoch vor der nächsten Wahl laut Längle noch intensiver und ausführlicher gestaltet werden.
Wahlkarten seien keine Fußballtickets
“Ein Problem ist es auf jeden Fall”, bestätigt auch Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. “Es handelt sich dabei um eine Verletzung der demokratischen Sorgfaltspflicht.” Das Wahlrecht sei neben den Menschenrechten ein kerndemokratisches Recht, das besonders geschützt werden müsse. Man könne Wahlkarten nicht mit der Lässigkeit von Fußballtickets ausgeben, vergleicht Filzmaier.
Verfassungsgericht muss über Schwere entscheiden
Dass man auch in anderen Gemeinden so arbeite, ist für ihn ein Nicht-Argument. “Da könnte ja jeder Autoraser auch sagen, die anderen rasen auch”, betont der Politologe. Bei einer Wahlanfechtung muss der Verwaltungsgerichtshof über eine Neuwahl entscheiden. Für eine Wiederholung der Wahl müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden: Die Wahl müsse nicht korrekt abgelaufen sein, was das Rathaus bereits bestätigt hat, und der Fehler müsse einen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt haben. Ob nun genug Wahlkarten betroffen waren, um die Bürgermeisterwahl zu entscheiden, müssen die Verfassungsrichter entscheiden – sofern die Wahl angefechtet wird.
Anwalt empfiehlt die Wahlanfechtung
Rechtsanwalt Karl Schelling prüft für die Freiheitlichen die Möglichkeit einer Wahlanfechtung. “Meine juristische Empfehlung wird klar ‘ja’ sein”, erklärt Schelling. Die Entscheidung werde jedoch die politische Ebene treffen. Für ihn gilt die Aussage, dass auch den Freiheitlichen nahestehenden Personen inkorrekt Wahlkarten bekommen haben, nicht als Ausrede. “Es ist das Problem der Gemeinde, wie man richtig wählt, nicht der Wähler.” Auch habe er dokumentierte Hinweise auf eine systematische Wahlbeeinflussung. Weiters habe er den Verdacht, dass in den Altersheimen die Wahl beeinflusst wurde.
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