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Nur mehr Erwin Pröll hat eine Absolute

Vier von fünf Absoluten seit Wiederbelebung der Großen Koalition gefallen.
Vier von fünf Absoluten seit Wiederbelebung der Großen Koalition gefallen. ©APA
Die ÖVP liegt zwar bei den Landtagsmehrheiten - mit 5:4 - weiterhin vor der SPÖ. Aber die heutige Vorarlberg-Wahl brachte ihr einen unerfreulichen zweiten Vorsprung: Sie steht jetzt in sechs Bundesländern am historischen Tiefststand. Bei der SPÖ sind es inklusive Vorarlberg nach wie vor fünf Länder mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1945.

Für die ÖVP ist das nur mehr in Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich nicht der Fall. Bei den Vorjahres-Wahlen konnte sie sich zwar den ersten Platz in Salzburg zurückholen, rutschte aber auch dort, wie zuvor in Tirol, auf den historischen Tiefststand. Im Burgenland, der Steiermark und Wien schnitt sie 2010 so schlecht ab wie nie zuvor; nächstes Jahr wird in diesen Ländern gewählt.

Vorarlberg ist mit dem Einbruch auf laut Hochrechnung 42 bis 43 Prozent im ÖVP-internen Ranking einen Platz zurückgefallen. Damit ist – zumindest bis zur Wahl nächstes Jahr – Oberösterreich mit 46,8 Prozent jetzt die zweitstärkste Landtagspartei hinter dem immer noch absolut regierten Niederösterreich.

Ländle-SP klar am schwächsten

In der SPÖ ist Vorarlberg mit seinen laut Hochrechnung jetzt weniger als neun Prozent das klar schwächste Land – und das erste österreichweit, in dem die SPÖ bei Landes- oder Bundeswahlen unter der Zehn-Prozent-Marke liegt. 2009 hatte sie sich in Vorarlberg mit 10,02 Prozent noch knapp darüber gehalten, aber das schlechteste Ergebnis seit 1945 eingefahren. Auf dieses fiel die SPÖ im Vorjahr auch in Niederösterreich, Salzburg und Tirol. Oberösterreich geht nächstes Jahr vom 2009 erlittenen historischen Tiefststand in die Landtagswahl.

Beide Bundeskoalitionsparteien mussten auch bei der Nationalratswahl im vorigen Herbst einen weiteren Negativ-Rekord verdauen. Und die ÖVP ging zwar als Erste aus der EU-Wahl im heurigen Mai hervor, aber mit dem schlechtesten Ergebnis, das sie je bei Europawahlen bekam.

Absolute purzeln

In Vorarlberg ist mit der heutigen Landtagswahl die vierte von fünf absoluten Mehrheiten gefallen, die sich ÖVP und SPÖ während des Niedergangs der FPÖ in Zeiten der schwarz-blauen Bundesregierung zurückgeholt hatten. Jetzt stützt sich nur noch ÖVP-Langzeit-Landeshauptmann Erwin Pröll in Niederösterreich auf mehr als 50 Prozent der Stimmen und der Mandate im Landtag.

Seit der Wiederbelebung der Großen Koalition im Bund verlieren die beiden Koalitionspartner nicht nur bei den Bundes-, sondern auch bei den meisten Landtagswahlen wieder, während die FPÖ wächst und neue Parteien wie die NEOS die Bühne erobern.

Kuchen für die Traditionsparteien wird kleiner

Dass der Kuchen für die Traditionsparteien kleiner geworden ist, sieht man auch daran, dass beide sowohl im Nationalrat als auch in jeweils fünf Landtagen auf den historischen Tiefststand gefallen sind – und die ÖVP das heute wohl auch in Vorarlberg erleiden wird. In Salzburg, Tirol, Burgenland, der Steiermark und Wien steht die ÖVP im Landtag bereits so schlecht da wie nie zuvor, die SPÖ in Salzburg, NÖ, OÖ, Tirol und Vorarlberg. Beide haben nunmehr auch jeweils zwei absolute Mehrheiten verloren. Als erstes büßte 2008 Herwig van Staa mit der ÖVP in Tirol – wegen der starken Konkurrenz Fritz Dinkhausers – ihre 2003 wiedereroberte Mandats-Absolute ein. 2010 fielen die beiden roten Absoluten, die Hans Niessl im Burgenland (2005, sogar in Prozent) und Michael Häupl in Wien (2001 und 2005, in Mandaten) unter Schwarz-Blau zurückerobert hatten.

Ländle-Absolute bereits einmal weg

Heute erwischte es in Vorarlberg wieder die ÖVP: Der neue Parteichef und Landeshauptmann Markus Wallner schaffte keine 50 Prozent mehr – was seinem Vorgänger Herbert Sausgruber 2004 und 2009 noch gelungen war. Bei seiner ersten Wahl als LH hatte allerdings auch Sausgruber die (zuvor nur mehr in Mandaten gehaltene) Absolute verfehlt, womit Vorarlberg zum ersten Mal in der Zweiten Republik nicht zu mehr als 50 Prozent schwarz war. Die FPÖ schaffte damals einen Erdrutschsieg. Nur ein Landeshauptmann schaffte es bisher, die 2003 eroberte Absolute bei den beiden folgenden Wahlen zu verteidigen: Erwin Pröll hielt sich im Vorjahr zum dritten Mal über der 50-Prozent-Grenze.

“Stabiles” Vorarlberg

Die vier Länder Niederösterreich, Wien, Tirol und Vorarlberg sind auch historisch jene mit dem größten Hang zu “klaren Verhältnissen”: Dort entschieden sich jeweils bei 13 der bisher 14 bis 16 Wahlen mehr als die Hälfte der (gültigen) Wähler für eine Partei (in Wien für die SPÖ, sonst für die ÖVP). Das Burgenland ist das einzige Bundesland, wo seit 1945 sowohl die ÖVP (für zwei Perioden) als auch die SPÖ (vier Perioden lang) absolute Mehrheiten schafften. Auch in der Steiermark gab es in sechs der 16 Perioden eine Absolute – dort aber nur für die ÖVP. Mittlerweile liegt in der Steiermark die SPÖ vorne, nächstes Jahr wird gewählt. Flexibel sind auch die Salzburger: Auch dort kam unter Schwarz-Blau die SPÖ nach vorne, im Vorjahr konnte sich die ÖVP den ersten Platz in der Finanzskandal-Wahl zurückholen. Von der Absoluten halten die Salzburger ganz wenig: Nur in zwei der 15 Perioden statteten sie die ÖVP mit mehr als 50 Prozent aus. Die Kärntner wählten in vier von 16 Perioden zu über 50 Prozent die SPÖ – blieben aber auch unter Schwarz-Blau bei den Landtagswahlen der FPÖ treu; erst voriges Jahr lag erstmals wieder die SPÖ vorne. Durchgehend ÖVP-dominiert ist Oberösterreich, aber Absolute gab es vergleichsweise wenige – nämlich fünf in zwölf Landtagsperioden.

Absolute Mehrheiten in den Bundesländern seit 1945:

Burgenland               6 von 16 Perioden 2 ÖVP, 4 SPÖ

Kärnten                      4 von 16 Perioden, nur SPÖ

Niederösterreich   13 von 15 Perioden, nur ÖVP

Oberösterreich       5 von 12 Perioden, nur ÖVP

Salzburg                     2 von 15 Perioden, nur ÖVP

Steiermark               6 von 16 Perioden, nur ÖVP

Tirol                            13 von 16 Perioden, nur ÖVP

Vorarlberg               13 von 14 Perioden, nur ÖVP

Wien                           13 von 15 Perioden, nur SPÖ

Perioden mit Absoluter Mehrheit

Burgenland: 6 von 16 Perioden (2 V, 4 S) ÖVP 1945-1953 SPÖ 1968-1987 (1972-1977 nur Proz.), 2005-2010

Kärnten: 4 von 16 Perioden, nur SPÖ SPÖ 1970-1989

Niederösterreich: 13 von 15 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1993 (1979-1983 und 1988-1993 nur Mandate), seit 2003

Oberösterreich: 5 von 12 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1949, 1955-1967 (nur Mandate), 1979-1991

Salzburg: 2 von 15 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1949, 1984-1989

Steiermark: 6 von 16 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1949, 1965-1970 (nur Mandate), 1974-1991

Tirol: 13 von 16 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1999 (1989-1999 nur Mandate), 2003-2008 (nur Mandate)

Vorarlberg: 13 von 14 Perioden, nur ÖVP ÖVP 1945-1999 (1994-1999 nur Mandate), 2004-2014

Wien: 13 von 15 Perioden, nur SPÖ SPÖ 1945-1996 (1949-1954, 1991-1996 nur Mandate), 2001-2010

(APA)

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