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NSA-Affäre: Deutschland überlegt Schritte gegen USA

Maßnahmen von Sondersitzung des Bundestags und U-Ausschuss bis SWIFT-Aussetzung möglich.
Maßnahmen von Sondersitzung des Bundestags und U-Ausschuss bis SWIFT-Aussetzung möglich. ©AP
Die Affäre um den US-Geheimdienst NSA und dessen Abhöraktivitäten gegen Kanzlerin Angela Merkel kommt in den Bundestag.

Die Fraktionschefs Volker Kauder (Union) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) verständigten sich am Montag auf den 18. November als Termin. Grüne und Linke hatten zuvor eine Sondersitzung gefordert. Auch ein U-Ausschuss des Parlaments rückt näher, nachdem nun auch die SPD ein solches Gremium verlangt. Die Linke forderte den Rücktritt von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU – letzterer hatte allerdings zuletzt sogar über eine mögliche Ausweisung von US-Diplomaten spekuliert.

Obama soll von nichts gewusst haben

Merkel soll bis vor wenigen Monaten vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein – allerdings ohne Wissen von Präsident Barack Obama. Das berichtet das “Wall Street Journal” (Sonntag, Ortszeit) unter Berufung auf US-Regierungsvertreter. Die Abhöraktion sei nach einer von der Regierung in Washington im Sommer in Auftrag gegebenen internen Untersuchung gestoppt worden, heißt es in dem Bericht. Diese Prüfung habe ergeben, dass die NSA rund 35 internationale Spitzenpolitiker überwache.

Merkel seit 2002 abgehört?

Medienberichten aus Deutschland zufolge soll Merkel seit etwa 2002 ein NSA-Aufklärungsziel sein. Der US-Geheimdienst wies aber einen Bericht der “Bild am Sonntag” zurück, wonach NSA-Chef Keith Alexander 2010 Obama über das Vorgehen gegen Merkel informiert habe. In Berichten hatte es geheißen, Obama habe Merkel bei einem Telefonat versichert, nichts über Spionagepraktiken gegen sie gewusst zu haben.

Deutschland sucht keinen Kontakt zu Snowden

Die deutsche Regierung sieht trotz der Vorwürfe gegen den US-Geheimdienst keine Veranlassung, das Gespräch mit dem Informanten Edward Snowden zu suchen, der die Affäre mit seinen Veröffentlichungen ins Rollen gebracht hatte. “Die Frage stellt sich jetzt nicht”, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Wie angekündigt werde “in Kürze” eine hochrangige Delegation zu Gesprächen in die USA reisen, sagte Seibert weiter. Mit dabei seien Vertreter des Kanzleramts und die Präsidenten von Verfassungsschutz sowie Bundesnachrichtendienst (BND), Hans-Georg Maaßen und Gerhard Schindler. Innenminister Friedrich kündigte im Sender N24 eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen im Regierungsviertel an. Die scheidende deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Aussetzung des SWIFT-Abkommens mit den USA gefordert.

Personelle Konsequenzen gefordert

Die Linke fordert personelle Konsequenzen aus der Handy-Affäre. Innenminister Friedrich und Kanzleramtschef Pofalla müssten “schnellstmöglich von ihren Aufgaben entbunden werden”, sagte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn am Montag in Berlin. Die Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht sagte: “Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA muss beerdigt werden.” In der “Welt” forderte sie zudem Asyl für den Informanten Snowden. Auch Grünen-Chefin Simone Peter sagte, ein Untersuchungsausschuss müsse Snowden anhören.

Asyl für Snowden in Russland

Die SPD will einen gemeinsamen Antrag aller im Bundestag vertretenen Parteien für einen solchen Ausschuss erreichen. Das sagte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag in Berlin. “Wir unterstützten ausdrücklich die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses.” Der “Bild”-Zeitung sagte sie weiter, Snowden könne ein “wertvoller Zeuge” sein. Der frühere NSA-Mitarbeiter hat in Russland Asyl erhalten.

Weitere Länder empört

Wirbel um die NSA-Aktivitäten gibt auch in anderen Ländern: Die spanische Regierung bestellte den amerikanischen Botschafter in Madrid ins Außenministerium ein. Die römische Polizei verstärkte die Kontrollen bei diplomatischen Vertretungen und vor allem nahe der Botschaft der USA. Spürhunde und Anti-Sabotage-Einheiten seien im Einsatz, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. In beiden Ländern sollen in den vergangenen Monaten Millionen Telefonanrufe von der NSA bzw. dem britischen Dienst GCHQ erfasst worden sein.

Auf EU-Ebene wurde am Montag eine neunköpfige Delegation von Europa-Parlamentariern aktiv und begann in Washington Gespräche mit Vertretern der amerikanischen Regierung und des Geheimdienstes über die jüngste NSA-Abhöraffäre. Einziger Österreicher ist der ÖVP-Europaabgeordnete Hubert Pirker, der gegenüber der APA erklärte, Ziel der Reise sei es, mehr Klarheit darüber zu erhalten, was hinter den Vorwürfen stehe. Es gehe darum, das Gespräch zu suchen und nicht, es abzubrechen. Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer hatte zuletzt erklärt, der Überwachungsskandal müsste aufgeklärt werden. Ernsthafte Bemühungen für ein Rahmenabkommen mit den USA zum Schutz der persönlichen Daten seien überfällig und dringend notwendig. Der FPÖ-Europamandatar Franz Obermayr warf den Amerikanern vor, Versprechungen über die Einhaltung strenger Vorgaben zum Datenschutz gebrochen zu haben.

(APA)

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