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Kindesentführung -  Motiv: Kinderwunsch

Einen Tag nach der glücklich ausgegangenen Entführung der drei Monate alten Nora aus einem Salzburger Einkaufszentrum hat es am Donnerstag Hinweise auf das Motiv gegeben.
"Sie wusste, was sie tut"
Baby Nora mit Familie
Baby in Salzburg entführt
Details bekanntgegeben
Entführtes Baby gefunden
Baby ist wohlauf
"Es geht uns gut"
Übersteigerter Kinderwunsch
Die festgenommene 32-jährige Frau aus dem Bezirk Kitzbühel gab die Tat im Wesentlichen zu. Sie hatte im Vorjahr ein Kind bei der Geburt verloren und wollte unbedingt ein Baby haben. Die Tirolerin wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und wird dort eingehend untersucht.

Bei einer ersten, kurzen Untersuchung hat ein Psychiater einen “übersteigerten Kinderwunsch und eine Störung des Sozialverhaltens” festgestellt, zitierte Volker Ziegler, Sprecher der Staatsanwalt Traunstein, aus dem Befund. Zur genauen Abklärung wurde sie daher in die Klinik eingewiesen. Dort soll außerdem festgestellt werden, ob die Verdächtige schuldfähig war.

Bei der ersten Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter hat die 32-Jährige die Kindesentziehung zugegeben. Sie sprach von ihrem Wunsch nach einem Kind, der ihr bisher unerfüllt geblieben war. Eine Geburt vor vier Wochen, die sie im Gespräch mit der Mutter der kleinen Nora kurz vor der Entführung erwähnt hatte, ist der Staatsanwaltschaft aber nicht bekannt. Bereits in den vergangenen Wochen war die Verdächtige laut Zeugenaussagen mehrmals in ihrer Umgebung mit einem leeren Kinderwagen spazieren gegangen, sagte Josef Holzberger vom Landeskriminalamt Salzburg.

Die Tirolerin war am Mittwoch nach der Entführung mit dem Baby zunächst in ihre Heimat gefahren. Sie besuchte dort eine Freundin und stellte ihr das Baby als eigenes Kind vor, so der Kriminalist. Danach dürfte sie von Bekannten erfahren haben, dass mit Fotos aus der Überwachungskamera nach ihr gefahndet wird, und sie machte sich wieder auf den Weg nach Bayern. Neben dem Parkplatz eines Supermarktes setzte die Frau die kleine Nora in ihrem Maxi Cosi ab, wenige Minuten später wurde sie ganz in der Nähe von der Polizei angehalten.

Noch nicht geklärt ist, ob das weitere Verfahren in Bayern oder Salzburg durchgeführt wird. Derzeit sieht es aber eher danach aus, als ob es in Deutschland bleibt. Denn Marcus Neher, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, geht von einer deutschen Gerichtsbarkeit aus. Und sein Traunsteiner Pendant Ziegler sagte, dass es im Prinzip von Salzburg abhänge, ob um eine Abtretung angesucht werde. Die Staatsanwaltschaft Salzburg spricht jedenfalls von einer Kindesentziehung und nicht von Entführung.

Die Familie der kleinen Nora wollte den “Tag danach” in Ruhe verbringen, aber schon vor Mittag waren 60 bis 70 Anrufe von Medienvertretern eingelangt. “Es geht uns sehr gut. Wir wollen diesen Tag in Ruhe mit den Kindern genießen”, sagte Noras Vater Mike Zwilling – der Sohn des Salzburger Skiweltmeisters David Zwilling.

Schon einmal versucht
 
Einen Tag vor der Kindesentführung ist die mutmaßliche Täterin einer Frau mit einem vier Monate alten Baby im Salzburger Europark “eineinhalb Stunden lang permanent nachgegangen”, bestätigte am Donnerstagnachmittag Josef Holzberger vom LKA Salzburg der APA. Der Vorfall vom Dienstag habe sich im Prinzip nach dem selben Schema wie gestern abgespielt. Die verfolgte Mutter habe ihr Kind nicht aus den Augen gelassen und auch in die Umkleidekabine mitgenommen. Schließlich habe die Frau von ihrem offensichtlichen Vorhaben abgelassen.

Die verdächtige 32-jährige Tirolerin soll auch dieselbe Kleidung wie bei der Entführung am Mittwoch getragen haben. Am Dienstag um zirka 13.00 Uhr habe sie die Kundin im H&M angesprochen und wie die Mutter von Nora in ein Gespräch verwickelt. Während die Verdächtige Kinderschlafsäcke ansah, habe sie erzählt, sie hätte zu Hause ihre Zwillinge ebenfalls in einem Schlafsack liegen. Das erzählte die Zeugin am Mittwochnachmittag der Polizei, nachdem über den Entführungsfall in den Medien berichtet worden war.

Die Tirolerin, die wie gestern eine schwarze Maxi-Cosi-Trageschale in der Hand hielt, sei immer wieder neben der Mutter mit dem Kind gestanden und hätte öfters am Handy telefoniert. “Dabei erkundigte sie sich, wie es ihren Kindern zu Hause geht. Es dürfte sich um Scheingespräche gehandelt haben, um die Frau abzulenken”, schilderte Holzberger die Angaben der verfolgten Frau. Als dieser später durch den Kopf ging, dass sie selbst nur knapp dem gleichen Schicksal entgangen ist wie Noras Mutter, “war sie sehr schockiert. Sie möchte jetzt mit der Mutter von Nora in Kontakt treten und mit ihr über dieses Thema reden, um dieses Erlebnis bewältigen zu können”, sagte der Polizeioberst. Nun werde auch im familiären Umfeld und im Bekanntenkreis der Verdächtigen ermittelt, um den Hintergrund der Tat näher zu beleuchten.

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