In einem Interview mit der katholischen Webseite “Pontifex” gab Saraiva Martins, Ex-Präfekt der Heiligsprechungskongregation, zu, dass man stets die Wahrheit suchen müsse und dass Schönborns Absichten ehrlich seien. Der Wiener Erzbischof habe jedoch “der Kirche keinen guten Dienst erwiesen”. Seine über die Medien verbreiteten Vorwürfe gegen Sodano würden der Öffentlichkeit den Eindruck einer von internem Streit zerrissenen Kirche geben, was absolut nicht der Fall sei.
Schönborn hätte laut Saraiva Martins andere Wege wählen können, um seine Kritik zum Ausdruck zu bringen. “Jetzt besteht die Gefahr, dass der Brand sich noch mehr ausbreitet”, da Schönborn einen ehemaligen vatikanischen Staatssekretär und den Doyen des Kardinalkollegiums angegriffen habe. Es sei unangebracht, öffentlich eine Person zu kritisieren, die “die Einheit der Kardinäle” repräsentiere.
Laut dem am Sonntag in der Internet-Ausgabe der italienischen Zeitung “Il Giornale” veröffentlichten Bericht warf Schönborn Sodano vor, während seiner Amtszeit die Ermittlungen gegen den früheren Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groer behindert zu haben. Außerdem habe Sodano die Opfer sexuellen Missbrauchs beleidigt, indem er das Thema zuletzt als “Geschwätz” abgetan habe. Sodano war von 1991 bis 2006 Kardinalstaatssekretär.
Schönborn äußerte sich nach Angaben der Zeitung bei einem “informellen Treffen” mit österreichischen Medienvertretern, über das auch die Nachrichtenagentur Kathpress berichtet habe, am 28. April. Dabei nannte der Kardinal die umstrittenen Behauptungen Sodanos, die er während der Osterfeierlichkeiten in Rom in Anwesenheit des Papstes gemacht hatte, eine schwere Beleidigung der Missbrauchsopfer. Schönborn habe zudem unterstrichen, dass der ehemalige Vatikan-Kardinalstaatssekretär vor 15 Jahren die Bildung einer Untersuchungskommission zum Fall Groer verhindert habe, schrieb “Il Giornale” unter Berufung auf Kathpress.
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