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Abschied in die Pension nun fix

Schwarzach/VN - Bliem im VN-Interview: „30. November ist mein letzter Arbeitstag“ – Nachfolger des Polizeichefs noch offen.

Aus dem Zeitpunkt Ihrer Pensionierung machten Sie immer ein Geheimnis. Direkt gefragt: Wann ist‘s soweit?

BLIEM: Der 30. November ist mein letzter Arbeitstag. Bis dahin habe ich noch jede Menge Urlaub. Ab nächstem Montag bin ich drei Wochen im Urlaub, werde Tadschikistan, Usbekistan und den Iran bereisen. Dann habe ich eigentlich nur noch ein paar Tage zu arbeiten. Ich werde aber weiterhin einige Tage pro Monat für das EU-Projekt von Elmar Marent zur Verbesserung der Polizeiarbeit in osteuropäischen Ländern zur Verfügung stehen.

Was zieht Sie privat in diese interessanten, aber ungewöhnlichen Urlaubsländer?

BLIEM: Die Neugier. Das ist vielleicht nicht so bekannt, aber ich habe schon bisher viele solcher Reisen gemacht. Ich war in ganz Südamerika, Asien natürlich, wo ich auch in meiner UNO-Zeit in Kambodscha war. Ich gehe immer wieder in Länder, in denen wenig Reisende aus Europa sind. Ihre heißeste Zeit als Kripo-Chef dürften die blutigen Auseinandersetzungen im Zuhältermilieu gewesen sein. BLIEM: Ja, im Jahr 1978 war der Höhepunkt der Zuhälterkriminalität. Beinahe wöchentlich Schießereien, tote Prostituierte, ein Sprengstoffanschlag, an einem Sonntagvormittag in Lustenau eine Schießerei mit drei Toten. Ich war das von Tirol, wo ich zuvor in der Kriminalabteilung arbeitete, nicht gewohnt – und war zunächst überrascht, wie klein die Vorarlberger Kripo ist, wie schlecht sie ausgerüstet war. Ich habe das bei meinem ersten Interview erwähnt. Der Innenminister musste daraufhin ins Land kommen – und ich habe zuerst einen ordentlichen Anpfiff bekommen und dann Personal und Ausrüstung.

Welche Fälle werden Sie niemals vergessen?

BLIEM: Da war eine Tötung von Kindern, Zwillinge, die von der eigenen Mutter getötet wurden. Das hing mir wochenlang nach. Einfach war es auch nie, wenn‘s Probleme innerhalb der Exekutive gab: Wir hatten eine Zeit, in der jedes Jahr ein Polizist in Haft gegangen ist. Vom Banküberfall bis zum Einbruch, Versicherungsbetrug – da war alles dabei.

Wie sieht das Anforderungsprofil für Ihren Nachfolger aus?

BLIEM: Eigentlich müsste ich ja überhaupt keine Polizeiausbildung haben. Wir haben 900 Mitarbeiter, da brauchts einen Manager. Für alle Fachfragen habe ich Ansprechpartner aus den unterschiedlichen Abteilungen. Der Oberste soll Manager sein – oder zumindest Managerqualitäten haben.

Und das richtige Parteibuch.

BLIEM: Nein. Bei Personalbesetzungen gibt‘s einen Betriebsrat und eine Kommandoführung. Wenn wir uns nicht einig waren, ging‘s nach Wien. So einfach ist das.

Die nächste Personalentscheidung können Sie nicht mehr selbst treffen. Gibt‘s Ihrerseits eine Empfehlung?

BLIEM: Nein. Die Entscheidung, wer nächster Landespolizeikommandant wird, spielt sich auf ganz anderen Ebenen ab. Wenn mich die Ministerin um Rat fragt, werde ich gerne Auskunft geben. Aber solange ich nicht gefragt werde, mische ich mich nicht ein.

Dann fragen wir: Wer wird‘s?

BLIEM: Es gibt sicher drei und mehr mögliche Kandidaten.

Die da zunächst wären: Ihr Stellvertreter Denz, Polizeischulleiter Hopfner und mit Abstrichen auch Verkehrspolizist Ellensohn sowie Kripo-Vize Schlosser. Werden also Parteibücher eine Rolle spielen?

BLIEM: Nein. Man muss ohnehin keinen Andersfärbigen ausschließen, weil die Bewerber alle neutral oder konservativ sind. Ich wüsste jedenfalls keinen roten Bewerber im Land.

Kein Wunder. Es gibt ja überhaupt fast keine Sozialdemokraten mehr im Land. Schmerzt Sie der Niedergang der SPÖ?

BLIEM: Ja, das tut er. Das Problem ist, die richtigen Leute an der richtigen Stelle zu haben. Nur weil einer ein guter Parteigänger ist, ist er nicht ein guter Volksvertreter. Erfolgreiche Parteien haben an der Spitze jemanden, der fürs Volk ansprechend ist. Der letzte, der das fürs Volk vermitteln konnte, war Fritz Mayer. Der Wähler ist sehr personenbezogen. Den Sozialdemokraten im Land fehlt die richtige Leit- oder Vaterfigur. Es liegt nicht an den Programmen.

Ein Job für Sie?

BLIEM: Aus heutiger Sicht absolut keine Option. Die Zeit, in der ich in den Stadtrat wollte, war lehrreich – aber ich war etwas anderes gewohnt. Als Polizeichef gibst du Weisungen und deine Leute folgen dir.

Da ist der Wähler schon anders.

BLIEM: Ja, aber vor allem sind auch die Parteifreunde anders.

Hat Ihnen die SP-Nähe auch Dinge verbaut?

BLIEM: In Vorarlberg nicht, aber beim Regierungswechsel 2000 ist mir schon viel Misstrauen entgegengeschwappt.

Warum gehen Sie gerade jetzt in Pension?

BLIEM: Ich wollte ursprünglich letztes Jahr mit Marent und Schröckenfuchs gehen – aber ich hatte einfach zu viel Urlaubstage angehäuft. Ich werde am 30. September 63 Jahre alt – und das ist für mich nun ein guter Zeitpunkt.

Welche Themen wird Ihr Nachfolger lösen müssen?

BLIEM: Für die zunehmende Wirtschaftskriminalität brauchen wir mehr Fachleute, da haben wir – aber auch die Staatsanwaltschaft – Schwächen. Ich würde auch mehr in den Verkehr investieren. Das Geld läge bei verstärkter Überwachung – im Sinn der Verkehrssicherheit – auf der Straße. Hier gibt‘s Handlungsbedarf, aber die Inspektionen haben ein so dichtgedrängtes Programm, dass es nicht genügend Spielraum gibt.

Hand aufs Herz: Sind Sie selbst schon einmal mit der Polizei in Konflikt geraten?

BLIEM: Ja. Ich vergesse hin und wieder, Parkgebühren zu bezahlen – und begleiche hinterher den Erlagschein ohne zu murren. Einmal im Jahr erwischt es mich bei Verkehrsstrafen, jedoch nie bei gefährlichen Sachen. Obwohl, ich bin auch schon einmal zu schnell unterwegs gewesen – in einer 30er-Zone.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Zur Person

Generalmajor Manfred Bliem Landespolizeikommandant

Geboren: 30. September 1947

Laufbahn: seit 1967 bei der Gendarmerie, zunächst beim Posten Strass im Zillertal, Ausbildung zum leitenden Beamten, 1978 Wechsel nach Vorarlberg als Chef der Kripo, seit 1990 stv. Landesgendarmeriekommandant, ab 1996 Kommandant.

Familie: verheiratet, zwei Kinder

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