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Deutsche Industrie wehrt sich gegen Atomsteuer

Die deutsche Industrie geht wegen einer geplanten Brennelementesteuer für Atomkraftwerke auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung. "Höhere Steuern gefährden die Industrien, die den Aufschwung tragen sollen", sagte der Klimaexperte des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Christopher Grünewald, am Mittwoch in Berlin. "Noch ist der Aufschwung nicht selbsttragend. Neue Steuern lehnen wir daher strikt ab."

Die Chefs der vier großen Stromkonzerne trafen sich am Nachmittag mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Dabei ging es um die Zukunft der Kernenergie in Deutschland. Die christlich-liberale Koalition Merkels war im Herbst mit dem Versprechen angetreten, den von Rot-Grün vor rund zehn Jahren durchgesetzten Atomausstieg rückgängig zu machen.

Jetzt stellt sich die Frage, um wie viele Jahre die Laufzeiten der noch existierenden 17 Kernkraftwerke verlängert werden. Außerdem will die Regierung auf die zu erwartenden Gewinne eine Sondersteuer erheben.

Die jetzt angekündigte Brennelementesteuer soll pro Jahr 2,3 Mrd. Euro bringen. Sie soll aber unabhängig von der Laufzeitverlängerung erhoben werden. Eine Klage der Industrie wird nicht ausgeschlossen. Nach einer Studie für den BDI entlasten längere Laufzeiten die gesamte Volkswirtschaft bis 2030 um rund 260 Mrd. Euro.

Vattenfall Europe-Chef Tuomo Hatakka stellte die Rechtmäßigkeit der neuen Atomsteuer infrage. “Wenn es dabei bleibt, müsste geprüft werden, ob das juristisch haltbar ist”, sagte Hatakka der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (FAZ; Mittwoch-Ausgabe). Er pochte auf den Beschluss zum Atomausstieg, der eine steuerliche Zusatzbelastung der Atomkonzerne ausschließt. Die Regierung betont, dies sei eine politische, aber nicht rechtlich bindende Vereinbarung gewesen.

“Die Bundesregierung hat ihren rechtlichen Standpunkt dazu, die Vertreter der Unternehmen haben den ihrigen öffentlich deutlich gemacht”, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er zeigte sich angesichts einer möglichen Klage gelassen. “Gerade die Frage der Zulässigkeit einer solchen Brennelementesteuer ist sorgsam geprüft werden.” Er könne rechtliche Bedenken nicht teilen.

Nach dem rot-grünen Atomausstieg hat jedes Kernkraftwerk eine Gesamt-Laufzeit von 32 Jahren. Die Restlaufzeit wird in Restrommengen umgerechnet, die jede Anlage noch produzieren darf. Liegt ein Reaktor wegen Wartung vorübergehend still, verschiebt sich also sein Betriebsende. Nach jetzigen Berechnungen müssten die jüngsten deutschen Atomkraftwerke bis etwa 2022 vom Netz. Der Neubau von Kernreaktoren steht in Deutschland nicht zur Debatte.

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