AA

Weltklimagipfel in Kopenhagen bringt nur Mini-Kompromiss

©EPA
Im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe hat die Kopenhagener Konferenz auch nach zweiwöchigem Ringen keinen Durchbruch gebracht. Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs konnten sich in der Nacht zu Samstag auf kaum eine der Kernforderungen der UNO-Klimaberichte verständigen, um die Erwärmung mit ihren dramatischen Folgen zu stoppen.

Wegen des Widerstands von China und Indien verfehlte die Europäische Union ihre Ziele und konnten sich unter den über 190 Staaten nicht durchsetzen. US-Präsident Barack Obama und große Schwellenländer schmiedeten lediglich einen Minimal-Kompromiss. Doch auch dieser muss noch von der Staatengemeinschaft insgesamt gebilligt werden. Umweltschützer sprachen von einem Desaster, das Millionen Menschen großes Leiden bringen werde.

US-Präsident Barack Obama nannte das Ergebnis zwar “bedeutend und beispiellos”, das erzielte Abkommen sei aber nicht bindend und bei weitem nicht ausreichend, schränkte er ein. “Wir sind ein Stück vorangekommen, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns”, sagte Obama nach Verhandlungen mit mehreren Staatschefs, darunter Chinas Premier Wen Jiabao, vor Journalisten. Internationale Verpflichtungen gebe es mit der Einigung von Kopenhagen auch für die USA nicht, machte er deutlich. Er habe sich mit Vertretern aus Indien, China, Brasilien und Afrika getroffen, und die Staaten hätten “zugesagt, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen.”

Obama sagte, die Einigung sehe vor, dass alle Länder ihre Klimaschutzmaßnahmen überprüfen lassen. Das bezog sich vor allem auf China, das sich bisher geweigert hatte. Das sei aber nicht genug, räumte er ein. Nun müsse mit diesem in Kopenhagen angestoßenen Schwung weitergearbeitet werden, um sicherzustellen, dass die internationalen Anstrengungen zu einer bedeutenden Senkung der Treibhausgase ausgeweitet werden. Obama bekräftigte, sein Land werde sich an die Verpflichtung halten, die Energieversorgung entsprechend umzustrukturieren. Das berge auch die Schaffung von Millionen neuer Jobs, neuer Industrien und der Unabhängigkeit von ausländischem Öl.

Auch nach der hinter verschlossenen Türen zwischen Spitzenpolitikern ausgehandelten Einigung musste das Plenum des Klimagipfels mit 193 Staaten allerdings erst zustimmen. Aus Konferenzkreisen verlautete, dass dies für die Gipfelteilnehmer in Kopenhagen eine lange und schwierige Nacht bedeuten kann. Obama musste den Gipfel allerdings vor der Abstimmung verlassen, um einem für die US-Hauptstadt Washington vorausgesagten Schneesturm zuvorzukommen.

Der Chef des UNO-Klimasekretariats, Yvo de Boer, sprach von einem bescheidenen Erfolg, sollte der Kompromiss von allen Staaten akzeptiert werden. Die EU hat sich wenig begeistert von dem Klimaabkommen in Kopenhagen gezeigt. Es sei kein perfektes Abkommen und werde die Bedrohung nicht abwehren, sagte der schwedische Regierungschef und EU-Ratspräsident Fredrik Reinfeldt in der Nacht zum Samstag. Aber es sei ein Start und eine Einigung unter den Hauptakteuren. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso äußerte sich ebenfalls kritisch. Er könne seine Enttäuschung kaum verbergen, meinte Barroso.

Auch die deutsche Kanzlerin Merkel machte aus ihrer Enttäuschung nach den teils chaotisch verlaufenen Marathon-Verhandlungen keinen Hehl. “Die Entscheidung ist mir sehr schwergefallen”, sagte Merkel, die maßgeblich an den Klimabeschlüssen der EU wie auch schon am Klimavertrag von Kyoto beteiligt war. Doch bei einem Abbruch der Verhandlungen hätte man Jahre verloren, gab Merkel zu Bedenken. “Wir sind einen Schritt gegangen, wir hätten uns aber mehr Schritte gewünscht.” Positiv sei, dass man sich auf das Ziel einer Erderwärmung auf maximal zwei Grad verständigt habe. Allerdings fehlten konkrete Zusagen, wie dies umgesetzt werde. Jetzt müsse weitergearbeitet werden, um bei der Klimakonferenz in Bonn Mitte des nächsten Jahres weiterzukommen und Ende 2010 in Mexiko-Stadt zu einem Abschluss zu kommen. ” Besonders der Widerstand der Schwellenländer wie China oder Indien gegen internationale Überwachung des CO2-Ausstoßes habe gebremst.

Die chinesische Delegation zeigte sich dagegen hoch zufrieden. “Das Treffen hatte ein positives Ergebnis, jeder sollte zufrieden damit sein”, sagte Verhandlungsführer Xie Zhenhua. China habe seine nationalen Interessen und seine Souveränität gewahrt.

Umweltschützer zeigten sich hingegen entsetzt: Tim Jones vom “World Development Movement” sprach von einem völligen Scheitern, das Millionen Menschen zu ungeahnten Leiden verdammen werde. Tim Sauven von Greenpeace sagte: “Kopenhagen ist heute Nacht der Schauplatz eines Verbrechens gewesen, wo die Täter nun zum Flugplatz flüchten.”

Auch der Sprecher der in der Gruppe G-77 zusammengeschlossenen Entwicklungs- und Schwellenländer kritisierte die Beschlüsse. Die Erklärung sei die “schlimmste Entwicklung in der Geschichte” der Klimaverhandlungen, sagte der sudanesische Vertreter Lumumba Stanislaus Dia-ping am Samstag auf dem Weltklimagipfel. Das Abkommen schließe die Entwicklungsländer “für immer in einem Kreislauf der Armut” ein. Dia-ping ließ es offen, ob die G-77 im Plenum aller Konferenzteilnehmer der Erklärung zustimmen.

Die Klimaberichte der UNO hatten klar gemacht, dass die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt werden müsse, um den Klimawandel mit Stürmen, Dürren und Fluten noch beherrschbar zu halten. Dafür müsste der Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß der Welt spätestens 2020 seinen Höhepunkt erreichen und dann sinken. Daher hatte sich die EU für eine Kürzung der Treibhausgase der Industrienationen von 25 Prozent gegenüber 1990 ausgesprochen. Im Kompromisspapier finden sich jedoch weder für 2020 noch für spätere Jahre konkrete Zahlen, die noch in früheren Verhandlungspapieren aufgelistet waren.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Welt
  • Weltklimagipfel in Kopenhagen bringt nur Mini-Kompromiss